Essay
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (7/11)
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (7/11)
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (7/11)
Mit Ausgangspunkt in der Beschreibung der Spuren, die das deutsche Kaiserreich im heutigen Apenrade hinterlassen hat, fasst Kurt Seifert in einem persönlichen Essay das dänisch-deutsche Kulturerbe des Grenzlandes ins Auge. Seine Ausführungen hat er für die diesjährige Ausgabe des Jahrbuches des stadthistorischen Vereins in Apenrade geschrieben.
Kommunale Arbeiterwohnungen
Im Vergleich zu anderen europäischen Gesetzgebungen und Verwaltungen war die preußische auf einigen Gebieten recht modern. Ein Beispiel hierfür ist die 1874 in Preußen eingeführte zivile Personenregistrierung. Die preußische Ordnung wurde nach 1920 beibehalten, sodass in Nordschleswig – im Gegensatz zu den kirchlichen Registrierungen im restlichen Königreich – heute noch Geburts- und Sterbeurkunden auf Grundlage der kommunalen Personenregister ausgestellt werden.
Auch Bismarcks sogenannter Sozialstaat konnte als Vorbild in Europa dienen. Hierfür gibt es ein gutes Beispiel in Apenrade. Im Kaiserreich engagierte sich der Staat sehr früh für verschiedene Formen des öffentlichen Wohnungsbaus. 1889 erhielten deutsche Invalidenversicherungen die Genehmigung, kostengünstige Darlehen für Arbeiterwohnungen zu vergeben. Es wurden Bauvereine gegründet, und der öffentliche Wohnungsbau nahm im ganzen Land Fahrt auf zu einer Zeit, in der es in Dänemark eine Seltenheit war, dass Gemeinden Mietwohnungen für die Arbeiterklasse zur Verfügung stellten.
Nachdem der führende Apenrader Baumeister Callesen mehrstöckige Häuser mit Drei-Zimmer-Wohnungen in der heutigen Callesensgade und ein mehrstöckiges Gebäude mit Zwei-Zimmer-Wohnungen in der damaligen Feldstraße (heute: Lavgade) errichtet hatte, beschloss die Gemeinde Apenrade 1904, gleichenorts Arbeiterhäuser zu bauen. Diese erhielten nicht das Aussehen von „Mietskasernen“, sondern entstanden als alleinstehende Giebelhäuser (heute Lavgade 4-6 und 18-20) nach dem Vorbild eines ähnlichen Projektes in Friedrichstadt.
Sowohl die Lavgade, die ursprünglich neben dem alten Armenhof der Stadt angelegt wurde, als auch die heutige Callesensgade münden in die Forstallee ein, wo der bereits erwähnte Baumeister Callesen schon zuvor Villen mit großen und kleinen Türmen sowie Vorgärten zur Hauptstraße hin errichtet hatte. Auf diese Weise wohnten die besseren Bürger, die Mittelschicht und die Arbeiterklasse in Apenrade recht dicht beieinander.