Essay

Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (7/11)

Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (7/11)

Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (7/11)

Kurt Seifert
Apenrade/Aabenraa
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Kaiser Wilhelm II. Foto: DN

Mit Ausgangspunkt in der Beschreibung der Spuren, die das deutsche Kaiserreich im heutigen Apenrade hinterlassen hat, fasst Kurt Seifert in einem persönlichen Essay das dänisch-deutsche Kulturerbe des Grenzlandes ins Auge. Seine Ausführungen hat er für die diesjährige Ausgabe des Jahrbuches des stadthistorischen Vereins in Apenrade geschrieben.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors hat „Der Nordschleswiger“ den Aufsatz ins Deutsche übersetzt. Wir bringen seine Ausführungen in den kommenden Wochen als elfteilige Reihe.

Teil 7/11

Kurt Seifert (Jahrgang 1950) ist gebürtiger Apenrader. Er hat an der Pädagogischen Hochschule in Flensburg ein Lehramtsstudium absolviert. Seifert war von 1974 bis 1989 zunächst als Lehrer an der Deutschen Nachschule Tingleff tätig und wechselte anschließend an die Deutsche Privatschule Apenrade. Von 2007 bis zu seiner Pensionierung war er als kommunaler Ausbildungsberater zuständig für die Schüler des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig.

Kurt Seifert ist ehemaliges Stadtratsmitglied der Schleswigschen Partei in Apenrade und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Dachorganisation der deutschen Minderheit, Bund Deutscher Nordschleswiger.

Kommunale Arbeiterwohnungen

Im Vergleich zu anderen europäischen Gesetzgebungen und Verwaltungen war die preußische auf einigen Gebieten recht modern. Ein Beispiel hierfür ist die 1874 in Preußen eingeführte zivile Personenregistrierung. Die preußische Ordnung wurde nach 1920 beibehalten, sodass in Nordschleswig – im Gegensatz zu den kirchlichen Registrierungen im restlichen Königreich – heute noch Geburts- und Sterbeurkunden auf Grundlage der kommunalen Personenregister ausgestellt werden.

Auch Bismarcks sogenannter Sozialstaat konnte als Vorbild in Europa dienen. Hierfür gibt es ein gutes Beispiel in Apenrade. Im Kaiserreich engagierte sich der Staat sehr früh für verschiedene Formen des öffentlichen Wohnungsbaus. 1889 erhielten deutsche Invalidenversicherungen die Genehmigung, kostengünstige Darlehen für Arbeiterwohnungen zu vergeben. Es wurden Bauvereine gegründet, und der öffentliche Wohnungsbau nahm im ganzen Land Fahrt auf zu einer Zeit, in der es in Dänemark eine Seltenheit war, dass Gemeinden Mietwohnungen für die Arbeiterklasse zur Verfügung stellten.

Nachdem der führende Apenrader Baumeister Callesen mehrstöckige Häuser mit Drei-Zimmer-Wohnungen in der heutigen Callesensgade und ein mehrstöckiges Gebäude mit Zwei-Zimmer-Wohnungen in der damaligen Feldstraße (heute: Lavgade) errichtet hatte, beschloss die Gemeinde Apenrade 1904, gleichenorts Arbeiterhäuser zu bauen. Diese erhielten nicht das Aussehen von „Mietskasernen“, sondern entstanden als alleinstehende Giebelhäuser (heute Lavgade 4-6 und 18-20) nach dem Vorbild eines ähnlichen Projektes in Friedrichstadt.

Die kommunalen Arbeiterhäuser (hier Lavgade 4-6) wurden 1904 als gleichartige Giebelhäuser errichtet Foto: Karin Riggelsen
Lavgade 18-20 Foto: Karin Riggelsen

Sowohl die Lavgade, die ursprünglich neben dem alten Armenhof der Stadt angelegt wurde, als auch die heutige Callesensgade münden in die Forstallee ein, wo der bereits erwähnte Baumeister Callesen schon zuvor Villen mit großen und kleinen Türmen sowie Vorgärten zur Hauptstraße hin errichtet hatte. Auf diese Weise wohnten die besseren Bürger, die Mittelschicht und die Arbeiterklasse in Apenrade recht dicht beieinander.

Quellen:

Literaturliste

Alle Informationen zu Architektur und Baukultur stammen aus Dragsbo, Peter: En fælles kulturarv. Tyske og danske bygninger i Sønderjylland 1864-1920, Sonderburg 2011.

Zusätzliche Quellen:

Aabenraa Bys Historie:
Becker-Christensen, Henrik und Witte, Jørgen, Band IV, 1945-1970, Apenrade 1985
Hvidtfeldt, Johan und Iversen, Peter Kr. (Red.), Band II, 1721-1864, Apenrade 1967
Hvidtfeldt, Johan und Iversen, Peter Kr. (Red.), Band III, 1864-1920, Apenrade 1967

Dansk Biografisk Leksikon, 3. Ausg. 1979-84, hier www.biografiskleksikon.lex.dk

Jahresbericht über die Fortschritte und Leistungen auf dem Gebiet der Hygiene, Band 27-28, Braunschweig 1912

Jebsen, H. M.: Hundert Jahre Lensnack 1909-2009, private Veröffentlichung

Krankenhaus-Lexicon für das deutsche Reich, Berlin 1900, hier https://archive.org/details/krankenhauslexik-00gutt/page/11/mode/1up?q=Apenrade

Meyers Großes Konversationslexikon, Leipzig und Wien 1907

Rasmussen, René: Ringridning i Aabenraa gennem 100 år, Apenrade 1995

Sønderjylland A-Å, Apenrade 2011

Wilcke, Birger: Æ Kringelbahn, Kopenhagen 1982

Aabenraa Kommune: https://www.aabenraa.dk/oplev/genforeningen-2020/genforeningsparken/gen…

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