Essay
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (2/11)
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (2/11)
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (2/11)
Mit Ausgangspunkt in der Beschreibung der Spuren, die das deutsche Kaiserreich im heutigen Apenrade hinterlassen hat, fasst Kurt Seifert in einem persönlichen Essay das dänisch-deutsche Kulturerbe des Grenzlandes ins Auge. Seine Ausführungen hat er für die diesjährige Ausgabe des Jahrbuches des stadthistorischen Vereins in Apenrade geschrieben.
Kreisstadt Apenrade
Im Text von 1907 wird Apenrade als Kreisstadt im Regierungsbezirk Schleswig in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein bezeichnet. Preußen war bei Weitem der größte und bedeutungsvollste Staat im deutschen Reich, und sein König war ebenfalls deutscher Kaiser (Wilhelm II.). Der Verwaltungschef der Provinz Schleswig-Holstein trug den Titel Oberpräsident. Der Berühmteste und Berüchtigste von diesen war Ernst Mathias von Köller, der besonders wegen seiner harten Germanisierungspolitik gegenüber der dänischen Sprache und Kultur um das Jahr 1900 in Erinnerung geblieben ist.
Nordschleswig war damals in vier Kreise aufgeteilt: Hadersleben (Haderslev), Tondern (Tønder), Sonderburg (Sønderborg) und Apenrade (Aabenraa). Die Kreise bestanden aus mehreren Amtsbezirken, die jeweils von einem Amtsvorsteher geleitet wurden, der wiederum einige kleinere Gemeinden unter sich hatte. Der Kreis Apenrade reichte vom Amtsbezirk Osterlügum (Øster Løgum) im Norden bis Seegaard (Søgård) im Süden, von Hellewatt (Hellevad) im Westen bis Warnitz (Varnæs) und Gravenstein (Gråsten) im Osten. Die Einwohnerzahl des Kreises Apenrade betrug 1910 rund 32.000.
Alleine das Amt Loit (Løjt) bestand aus acht kleinen Gemeinden: Stollig, Schauby (Skovby), Loit Kirkeby, Bodum, Barsmark, Norby (Nørby), Barsö (Barsø) und Hökeberg (Høgebjerg). Jede Gemeinde hatte einen eigenen Gemeindevorsteher.
Das Kreishaus
Das Kreishaus am Marktplatz muss wohl als das markanteste Gebäude in Apenrade aus der Kaiserzeit angesehen werden. Das Kreishaus beherbergte die Kreisversammlung und war Amtssitz des Landrats, der seine Dienstwohnung im Brundlund Schloss hatte. Der bekannteste und schillerndste Landrat war sicher Rafael José Perfecto Antonio von Uslar, ein treuer Gefolgsmann der Köllerpolitik. In Deutsch Südwestafrika kam er allerdings durch das Aufspüren von Wasser mit der Weidenrute zu Ruhm und Ehre.
Das Kreishaus wurde zwischen 1902 und 1904 errichtet. Besonders das imposante Äußere, aber auch die innere Architektur sollten die Macht, den Prunk und die Pracht des Kaisers sichtbar machen. Der preußische Adler als Motiv in einem der großen Glasmosaike musste nach der Angliederung 1920 „fliehen“ und den beiden schleswigschen Löwen weichen. Ich bin mir recht sicher, dass eine solche Umnationalisierung heute zu einigen Diskussionen führen würde. Der Adler hat seither Asyl im Sonderburger Museum gefunden.
Im Ratssaal trafen sich die Mitglieder der gewählten Kreisversammlung. Zwischen 1920 und 1970 diente das Gebäude als Amtshaus für die Ämter Apenrade bzw. Apenrade-Sonderburg und später als Sitz für das Stiftsamt Nordschleswig. 2007 wurde das Gebäude an Hans Michael Jebsen verkauft und beherbergt heute private Büros. Die Schloss- und Kulturbehörde (Slots- og Kulturstyrelsen) stellte es 2013 unter Denkmalschutz – also einige Jahre nachdem der einstige Museumsleiter des Sonderburger Schlosses, Peter Dragsbo, auch auf die Verantwortung für das „übersehene und unbequeme“ Kulturerbe in Nordschleswig aufmerksam gemacht hat.