Essay
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (10/11)
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (10/11)
Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (10/11)
Mit Ausgangspunkt in der Beschreibung der Spuren, die das deutsche Kaiserreich im heutigen Apenrade hinterlassen hat, fasst Kurt Seifert in einem persönlichen Essay das dänisch-deutsche Kulturerbe des Grenzlandes ins Auge. Seine Ausführungen hat er für die diesjährige Ausgabe des Jahrbuches des stadthistorischen Vereins in Apenrade geschrieben.
Dänische Spuren
Das preußische Wahlrecht teilte die Stimmberechtigten in drei Steuerklassen auf. Jede bekam im Landtag, in den Kreistagen und im Stadtrat ein Drittel der Abgeordnetensitze – egal wie viele Stimmen die jeweilige Klasse repräsentierte. Diese Aufteilung machte es dem dänischen Teil der Bevölkerung sehr schwer, gerecht vertreten zu werden. Obwohl das Dänentum in den umliegenden Gemeinden deutlich in der Mehrheit war, blieb der Kreistag deutsch dominiert. Stadtrat und Magistrat waren rein deutsch.
Die Volkszählungen von 1905 und 1910 zeigen, dass es in der Stadt Apenrade selbst fast gleichviele deutsch- und dänischsprachige Bürger gab. Bei den Reichstagswahlen 1912 (die nicht dem preußischen Wahlrecht unterstellt waren) standen 782 deutsche Stimmen 374 dänischen gegenüber (Hvidtfeldt und Iversen, Band III, Seite 52).
Sprache und „Gesinnung“ gingen (und gehen) offenbar nicht immer einher. Das wahre Kräfteverhältnis zwischen Deutsch und Dänisch zeigte sich aber bei der Volksabstimmung 1920, wo jede abgegebene Stimme gleichviel zählte und es nur in der Stadt Apenrade eine knappe deutsche Mehrheit ergab.
Seit ungefähr 1890 hatten die Dänischgesinnten in Nordschleswig ein Netzwerk aus Sprach- und Kulturvereinen aufgebaut und die ersten eigenen Versammlungshäuser errichtet. Die Hochburg der Dänen in Apenrade, das Folkehjem, kam 1910-11 hinzu, nachdem der Sprachverein bereits 1900 das frühere Ausflugslokal „Schweizerhalle“ übernommen hatte.
Heute steht das Folkehjem mit dem neu angelegten Genforeningspark, die Skulptur zur Erinnerung an H. P. Hanssen und den vielen interessanten Hinweisen auf die wechselvolle Geschichte Nordschleswigs als ein markantes Symbol des Dänentums während der Kaiserzeit dar. Eine Übersichtstafel, versehen mit QR-Codes, erschließt den Zugang zu geschichtlich relevanten Informationen via Internet, die aber leider nur auf Dänisch angeboten werden.
Während der dänische Architekt Johannes Magdahl-Nielsen (Kopenhagen/Odense) die Zeichnungen für das Folkehjem lieferte, erhielt der in Apenrade geborene Odense-Architekt Niels Jacobsen die Aufgabe, zwei andere dänische Gebäude zu zeichnen, nämlich die Freigemeindekirche Sankt Jørgen (1903-04) und Den nordslesvigske Folkebank (1912). Die St. Jürgenskirche wurde auf dem Gelände des Folkehjems errichtet. Ihre Architektur unterscheidet sich wesentlich vom Stil zeitgleich gebauter preußischer Kirchen.
Den nordslesvigske Folkebank (heute ein Teil der Sydbank) war die bevorzugte Bank des dänischen Teils der Bevölkerung. Ironischerweise lag die Bank genau gegenüber der Filiale der deutschen Reichsbank (später Sparekassen/Sydbank, heute Herrenbekleidungsgeschäft).