Serie Teil 7
„Ohne Zuschüsse würde ein Ticket 3.000 Kronen kosten“
„Ohne Zuschüsse würde ein Ticket 3.000 Kronen kosten“
„Ohne Zuschüsse würde ein Ticket 3.000 Kronen kosten“
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Die musikalische Bandbreite von Sønderjyllands Symfoniorkester hat sich in den vergangenen Jahren auf neue Formate ausgeweitet. Der Fokus liegt somit nicht mehr auf klassischen Werken allein. Musikchef Nikolaj Andersen erläutert, wie das Programm für eine komplette Spielzeit zustande kommt und wie es um die finanzielle Situation des Orchesters bestellt ist.
Die rockige Musik der ikonischen Band Queen oder eine Show mit Klängen direkt aus dem Universum – die musikalischen Töne, die Konzertgängerinnen und -gänger zu Ohren bekommen können, wenn sie ein Ticket für einen musikalischen Abend mit Sønderjyllands Symfoniorkester erworben haben, decken ein breites Spektrum ab.
„Wir wollen ein breit gefächertes Publikum bedienen. So möchten wir etwas für Feinschmecker im Programm haben; dann Werke, die beliebt und einem breiteren Publikum bekannt sind, wie Mozart – und schließlich auch Stücke, die musikalisch in eine etwas andere Richtung gehen. In diesem Jahr hatten wir Queen Machine auf dem Spielplan”, sagt Musikchef Nikolaj Andersen.
Glamour Rock und epische Musikstücke
Denn das Programm von Sønderjyllands Symfoniorkester beschränkt sich längst nicht mehr nur auf klassische Werke. Die „Queen Machine In Symphony“, bei der im Januar eine musikalische Brücke zwischen dem Glamour Rock der britischen Band und klassischer Musik gebaut wurde, war einer der Höhepunkte der laufenden Saison. Und für die kommende Saison stehen mit „The Music Of The Avengers And Beyond“ epische Musikstücke aus Filmen mit einem Plot jenseits dieser Welt auf dem Programm.
Wir wollen ein breit gefächertes Publikum bedienen.
Nikolaj Andersen, Musikchef
Zwar stellt ein Blick in den Jahresbericht von Sønderjyllands Symfoniorkester klar: Das zentrale Repertoire des Orchesters speist sich aus großen klassischen Sinfonien. Für Musikchef Nikolaj Andersen ist dies jedoch kein Widerspruch. Denn das Programm habe sich vom Inhalt her in den vergangenen zehn Jahren nicht wesentlich geändert, allerdings sieht er eine klare Tendenz, durch die sich der Fokus verschoben hat. „Die deutlichste Veränderung ist die Verlagerung des Fokus weg von einem klassischen Sinfonieorchester hin zu einem sinfonischen Sinfonieorchester, das sinfonische Musik spielt“, sagt Andersen.
Mehr Offenheit, ohne die Tradition zu vergessen
Entscheidend sei, dass die Werke geeignet sind, um von einem Sinfonieorchester gespielt zu werden, und dass sich das Orchester in ihnen widerspiegeln kann. Vor 10 oder 15 Jahren habe man diesbezüglich sicher noch anders gedacht, aber inzwischen gibt es wesentlich mehr Offenheit gegenüber Musik, die nicht der Klassik entstammt. Und deswegen reicht die Bandbreite auch im Programm für die Saison 2023/24 von einer Gospel-Gala über eine klassische Haydn-Sinfonie bis zu Klängen vom Broadway, bei denen ein Chor aus Gymnasiastinnen und Gymnasiasten mitsingt.
Bei aller Offenheit für Neues sei es allerdings auch wichtig, an Tradiertem festzuhalten. Für das Orchester sei es wichtig, eine Routine und ein bestimmtes Können aufrechtzuerhalten. „Es bedarf einiger Fähigkeiten, Beethoven oder Mozart so zu spielen, wie Beethoven oder Mozart nun einmal klingen sollten. Das ist eine Art gesunder Fitness für das Orchester, diesen bestimmten Orchesterklang aufrechtzuerhalten. Deswegen ist es wichtig, dass wir darauf achten, nicht zu weit weg zu gleiten und an einigen der klassischen Tugenden festhalten”, sagt Nikolaj Andersen.
Programmausschuss plant lange im Voraus
Die Frage, an welchen musikalischen Klängen sich die Besucherinnen und Besucher in der kommenden Saison erfreuen können, hat jedoch einen langen Vorlauf. Denn der Programmausschuss des Orchesters hat unlängst seine Fühler für die Planung des Programms der nachfolgenden Saison ausgestreckt, die bis Juni 2025 reicht.
Es bedarf einiger Fähigkeiten, Beethoven oder Mozart so zu spielen, wie Beethoven oder Mozart nun einmal klingen sollten. Das ist eine Art gesunder Fitness für das Orchester, diesen bestimmten Orchesterklang aufrechtzuerhalten.
Nikolaj Andersen, Musikchef
Der Ausschuss besteht aus drei Musikerinnen und Musikern des Orchesters und dem Musikchef als Vorsitzendem. Er hat die Aufgabe, in Zusammenarbeit mit dem Chefdirigenten und dem Vorstandsvorsitzenden ein Programm für eine komplette Spielzeit von August bis Juni zu gestalten. Das geschieht anhand einer langen Abfolge von Treffen, nach denen jedes Mal Kontakt zu den Künstlerinnen und Künstlern sowie Dirigentinnen und Dirigenten aufgenommen wird, auf die sich der Ausschuss verständigt hat.
Orchestermitglieder bringen ihre Empfehlungen ein
Dabei spielt der Input von Musikerinnen und Musikern aus dem Orchester eine wichtige Rolle. „Unsere Musikerinnen und Musiker bringen viel Erfahrung mit. Einige haben beispielsweise in einem anderen Orchester ausgeholfen und waren begeistert von der Dirigentin oder dem Dirigenten, mit dem das Orchester zusammengearbeitet hat. Oder von einer Solomusikerin oder einem Solomusiker. Aber es kann auch passieren, dass wir eine schriftliche Empfehlung bekommen, dass jemand zum Beispiel besonders für Bachs Weihnachtsoratorium geeignet sei. Wir kontaktieren dann die vorgeschlagenen Personen und klären, ob die Möglichkeit besteht, für eine Woche zusammenzuarbeiten”, sagt Nikolaj Andersen.
Das Programm muss stimmen
Das Programmangebot entscheidet auch maßgeblich über die Anzahl der verkauften Karten. Oftmals sei es eine Frage des Interesses, ob die Leute Lust haben, zu einer Aufführung zu kommen. „Wir können so viel für ein Konzert werben, wie wir wollen, wenn es die Leute nicht interessiert, dann kommt auch keiner”, so Andersen.
Seit seinem Antritt in Sonderburg während der Konzertsaison 2014/15 bis zur Saison 2018/19 waren die Ticketverkäufe konstant gestiegen. Dann kam Corona. Mit dem Ende der Pandemie kamen auch die Gäste zurück. Sønderjyllands Symfoniorkester verfügt nämlich über treue Konzertgängerinnen und -gänger. Rund ein Drittel aller Ticketeinnahmen wird durch Abonnementverkäufe erzielt.
Das Alsion bietet Platz für etwa 800 Personen. Wie viele Plätze davon bei einem Konzert belegt sind, ist unterschiedlich und bewegt sich nach Angaben von Nikolaj Andersen typisch in einem Rahmen zwischen 55 bis 65 Prozent bis hin zu einem ausverkauften Saal. Doch reicht das aus, um ein so großes Orchester finanziell zu unterhalten?
Ticketverkauf nur ein Bruchteil der Einnahmen
„Wir haben aus eigener Neugier heraus einmal versucht, auszurechnen, wie viel ein Konzertticket kosten müsste, wenn wir das Orchester ausschließlich aus dem Ticketverkauf finanzieren müssten. Normalerweise kostet eine Karte je nach Kategorie zwischen 170 und 275 Kronen. Ohne Zuschüsse würde ein Ticket zwischen 2.100 und 3.000 Kronen kosten, vorausgesetzt, dass wir überall ausverkaufte Konzerte haben. Kurz gesagt, das wäre gar nicht möglich”, sagt Nikolaj Andersen.
Der Grund, dass es dennoch ein Sinfonieorchester in Nordschleswig gibt, liegt allein in der staatlichen Förderung durch das Kulturministerium. „Das ist unser täglicher Brotlieferant, und das ist es, was das Orchester finanziell über Wasser hält”, so Andersen.
Budget von rund 50 Millionen Kronen
Für dieses Jahr sieht das Budget Einnahmen in Höhe von etwas mehr als 49 Millionen Kronen vor. Davon machen die staatlichen Zuschüsse 43,8 Millionen Kronen aus. Weitere Zuschüsse kommen von den Kommunen Sonderburg (Sønderborg), Tondern (Tønder) und Kolding, die zusammen mit Sydslesvigsk Forening gut 2,5 Millionen Kronen beitragen. Die Kommunen Apenrade (Aabenraa) und Hadersleben (Haderslev) unterstützen das Orchester durch eine Befreiung der Miete für die Sønderjyllandshalle und Harmonien. Weitere Einnahmen erzielt das Orchester dank Fondsmitteln und Sponsorengeldern; sie machen zusammen gut 1,3 Millionen Kronen aus. Und schließlich rechnet das Orchester für dieses Jahr mit Erlösen aus dem Verkauf von Konzerttickets in Höhe von gut 1,4 Millionen Kronen.
Ohne Zuschüsse würde ein Ticket zwischen 2.100 und 3.000 Kronen kosten, vorausgesetzt, dass wir überall ausverkaufte Konzerte haben. Kurz gesagt, das wäre gar nicht möglich.
Nikolaj Andersen, Musikchef
Dem stehen Ausgaben in Höhe von 50,7 Millionen Kronen gegenüber. Das Gros machen dabei die Personalkosten aus; neben 57 Orchestermusikerinnen und -musikern sowie dem Musikchef zählen sieben weitere Stellen zum Kreis der festangestellten Personen, die sich unter anderem um das Notenarchiv, die Bühnentechnik und die Buchhaltung kümmern.
„In einem Konzertsaal in deiner Nähe”
Im Gegenzug ist das Orchester laut der Rahmenvereinbarung mit dem Kulturministerium für den Zeitraum 2022 bis 2025 verpflichtet, überall in Nordschleswig und Süddänemark sowie in Südschleswig sinfonische Musik für alle zugänglich zu machen. Zudem soll das Orchester mit verschiedenen Akteuren und Institutionen zusammenarbeiten.
Dazu zählen eine Zusammenarbeit mit dem Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchester, „Den Ny Opera“ in Esbjerg, dem Rued Langgaard Festival in Ripen (Ribe), den Open Air Konzerten mit „Opera på grænsen“, „Tinglev Forum“ und „Opera på Skamlingsbanken“, die erstmals im August 2021 stattfand, sowie mit „Den Jyske Opera“. Weitere Vereinbarungen betreffen die Chöre der Gymnasien aus Nordschleswig, Süddänemark und Südschleswig.
Damit können sich die Fans klassischer und sinfonischer Musik auf ein vielseitiges Programm freuen, dargeboten auf einem sehr hohen künstlerischen Niveau. Und dabei sind sie keinesfalls an das Alsion oder Sonderburg gebunden. Dort werden nämlich nur etwa 30 von insgesamt 120 Konzerten der Saison gespielt. Ganz getreu dem Motto von Sønderjyllands Symfoniorkester „In einem Konzertsaal in deiner Nähe”.