LEITARTIKEL

„Neue Grenzkontrollen: Auf die Freude folgt Ernüchterung“

Neue Grenzkontrollen: Auf die Freude folgt Ernüchterung

Neue Grenzkontrollen: Auf die Freude folgt Ernüchterung

Apenrade/Aabenraa
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Viele Ankündigungen, aber wenig Konkretes. Im aktuellen Leitartikel kommentiert Journalistin Marle Liebelt die Ankündigungen den zu geplanten Entlastungen an der Grenze.

Der Freude über die erste Meldung, „Dänemark schafft Grenzkontrollen ab …“, folgte am Freitagvormittag prompt die Ernüchterung im zweiten, ergänzenden Satz: „… an der Grenze zu Schweden.“ 

Die Kontrollen an der Grenze zu Deutschland will die Regierung zwar verlängern, aber – und das ist im Grunde dann doch eine erfreuliche Nachricht – die Kontrollen sollen neu gestaltet werden, sodass der Grenzverkehr besser fließen kann. Besonders für Pendelnde ein Grund zum Jubeln. 

Aber wie genau sehen die Grenzkontrollen von morgen (bzw. vom 12. Mai an) aus? So genau weiß ich das gar nicht. Eigentlich scheint nur eine Maßnahme ein wirklicher Hoffnungsschimmer zu sein. 

Denn die meisten Ankündigungen aus Kopenhagen und auch von der Polizei werfen noch Fragen auf.

Wesentlicher Knackpunkt sind die Kontrollposten, die nämlich allem Anschein nach so bestehen bleiben sollen, wie wir sie jetzt kennen.

Die einzige konkrete Vorstellung, die mir nach den jüngsten Ankündigungen realistisch erscheint, ist die von mehr Situationen, in denen das kontrollierende Personal den Verkehr durchwinkt, statt Ausweise in Augenschein zu nehmen.

Aber sie werden den Grenzverkehr auch in diesem Sommer ausbremsen und für lange Staus sorgen. 

Geheimnisvoller Asphalt 

Auch bei aller Härte, die das Material Asphalt verspricht, scheint es sich hierbei eher um eine weiche Maßnahme zu handeln. Denn eine weitere Ankündigung betrifft den am stärksten befahrenen Grenzposten bei Fröslee (Frøslev). Demnach soll der Kontrollbereich dort mit „neuem Asphalt“ erweitert werden.

Was genau gemeint ist, ist jedoch schwammig. Ich dachte erst: „Klar, der Asphalt ist für eine weitere Spur!“ Aber das scheint nicht der Fall zu sein. Denn wie Polizeiinspektor Jeppe Kjærgaard mitteilte, werden „immer noch die gleiche Anzahl von Fahrspuren für den Verkehr zur Verfügung stehen“. Was der neue Schotter für wahrscheinlich nicht wenig Schotter also bringen wird, bleibt spannend.

Eine Maßnahme, die Hoffnung macht

Nun will ich aber nicht alles schlechtreden. Im Grunde bleibt die aktuelle Meldung dabei, eine gute zu sein. Die Regierung scheint nämlich nicht nur wahrgenommen, sondern auch ernst genommen zu haben, dass der Grenzverkehr unter den ständigen Kontrollen leidet. Vor allem eine Maßnahme gibt Anlass zur Hoffnung, dass das Königreich sich darauf vorbereitet, die ständig besetzten Posten an den Grenzübergängen in Fröslee, Pattburg (Padborg) und Krusau (Kruså) zumindest im November endlich abbauen zu können. Denn bis dahin gilt die Verlängerung der Kontrollen vorerst.

Es wurde neues Personal für die Grenzlandüberwachung angekündigt, und dieses soll nicht zum Winken an die Grenze gesetzt, sondern für die verstärkte Kriminalitätsbekämpfung im Hinterland geschult werden. 

Personal fürs Hinterland

Vor einigen Wochen durfte ich die neuen Räumlichkeiten der Ausländerkontrollabteilung (Udlændingekontrolafdeling) UKA Vest in Pattburg besuchen. Erst dort wurde mir klar, wie umfangreich die Grenzkontrollen in Wirklichkeit sind. Die vor Ort besetzten Kontrollposten sind nur ein Bruchteil davon. 

Denn Kriminalität kennt viele Wege – vor allem die, die eben nicht am Polizeipersonal in den Grenzhäuschen vorbeiführen. Genau genommen bewachen die Ermittlungs-Teams von UKA Vest durchgehend alle Wege über die Grenze. Und zwar mit Kameras und Nummernschildscannern. Mein Eindruck war, dass man dort auf Zack ist und auffällige Bewegungen primär an Bildschirmen wahrgenommen werden. Und der Ermittlungsleiter Sønke Iwersen sagte damals einen Satz, der sich mir eingebrannt hat: „Dass die meisten Grenzübergänge nicht ständig besetzt sind, (…) heißt nicht, dass diese Wege nicht bewacht sind.“

Wie soll ich sagen – seit diesem Gespräch ist meine Geduld noch schneller am Ende, wenn ich mal wieder im Grenzstau festhänge. Denn mein Eindruck ist: Die besetzten Grenzübergänge sind nicht besser überwacht als die unbesetzten. 

Von daher ist das Personal zur Kriminalitätsbekämpfung im Hinterland für mich der entscheidende Punkt, der Hoffnung auf ein Ende der ständigen Grenzkontrollen an den drei besetzten Posten bei Fröslee, Pattburg und Krusau gibt.

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