Folketingswahl

Formbarometer V: So fit sind die Parteien vor der Wahl

Formbarometer V: So fit sind die Parteien vor der Wahl

Formbarometer V: So fit sind die Parteien vor der Wahl

Kopenhagen
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Die Parteichefinnen und -chefs: Mai Villadsen (EL), Alex Vanopslagh (LA), Pernille Vermund (NB), Morten Messerschmidt (DF), Pia Olsen Dyhr (SF), Inger Støjberg (DD), Jakob Ellemann Jensen (V), Mette Frederiksen (Soz.), Søren Pape Poulsen (Kons.), Sofia Carsten Nielsen (Rad.V.), Lars Løkke Rasmussen (Mod), Franziska Rosenkilde (Alt.) Foto: Folketinget, Danmarksdemokraterne, Alternativet

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Es ist nur noch gut eine Woche bis zur Wahl. Die Frage ist, wer noch die Kraft hat, einen richtigen Endspurt hinzulegen und wem allmählich der Atem ausgeht. Walter Turnowsky schätzt wie jeden Montag bis zur Wahl die aktuelle Form ein.

Selten hat es während eines Wahlkampfes so deutliche Verschiebungen ergeben, wie dieses Mal. Parteien, die vor sechs Wochen, noch bei deutlichem Rückenwind, locker dem Feld davongetrabt sind, hecheln jetzt hinterher.

Andere, denen man fast nichts mehr zutraute, sind von hinten kommend an der Konkurrenz vorbeigezogen.

Völlig ungewiss ist weiterhin, wer nach der Wahl im Staatsministersessel Platz nehmen darf. Der Chef der Konservativen, Søren Pape Poulsen, hat zwar seine Chancen verspielt, dafür ist ein neuer, inoffizieller Kandidat, im Laufe der vergangenen Woche in Erscheinung getreten.

Formkurve der Parteien

5: Absolute Spitzenform. Bereit, eigene Rekorde zu brechen.

4: Sehr gute Form. Bisherige Bestleistungen sind in Reichweite.

3: Solide Form. Läuft in regelmäßigem, kontrolliertem Tempo.

2: Schwache Form. Schon etwas außer Atem.

1: Schlechte Form. Hechelt dem Hauptfeld hinterher.

0: Ist eingeknickt. Es geht nichts mehr.

So wird die Form ermittelt

Es ist ein rein subjektive Einschätzung und sollte daher nicht überbewertet werden.

Bei der Ermittlung der Form bildet das Potenzial der einzelnen Parteien die Grundlage. Es geht also nicht darum, wer die meisten Stimmen bekommt, sondern inwiefern die Parteien ihr Potenzial ausschöpfen. 

Grundlage sind die politischen Debatten während des Wahlkampfes und die Themen, die den Wahlkampf prägen. Dabei ist entscheidend, welche Themen welchen Parteien liegen und wer eigene Themen auf die Tagesordnung setzen kann.

Das Auftreten der führenden Politikerinnen und Politiker spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, nicht zuletzt, weil sich ein personenbezogener Wahlkampf abzeichnet. 

Als letzte Komponente werden die Umfragen einbezogen. 

 

Die Sozialdemokratie

Staatsministerin Mette Frederiksen hatte bereits am Tag vor der Wahlausschreibung bei der Eröffnungsrede eine neue Seite von sich gezeigt: Lächelnd, freundlich und die Kolleginnen und Kollegen lobend. Weg war die angriffslustige und scharfzüngige Mette, die politische Gegnerinnen und Gegner hart angreift.

Jetzt war sie die Staatsfrau, die das Land an der Spitze einer breiten Koalition sicher durch die Krisen führen wird.

Die Frage war, ob sie den neuen Stil während der Debatten im Wahlkampf durchhalten kann. Und die Antwort lautet: Sie kann. In den direkten Konfrontationen mit den beiden Mitbewerbern, Jakob Ellemann-Jensen und Søren Pape Poulsen, lässt sie die Kritik abprallen und betont das Gemeinsame.

In Zusammenhang mit einer Dokumentation von „TV2“ über die sehr problematischen Zustände in einem Pflegeheim in Køge, hat Sozialministerin Astrid Krag keine ganz glückliche Figur abgegeben, aber es scheint der Sozialdemokratie nicht entscheidend geschadet zu haben.

Frederiksen scheint fit, noch einen starken Endspurt hinzulegen. Derzeit zeichnet sich in den Umfragen noch keine Mehrheit für den roten Block ab, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das bis zum Dienstag der kommenden Woche noch ändern kann.

Steigende Formkurve: 4,2

Venstre

Jakob Ellemann-Jensen ist spätestens seit der vergangenen Woche der eigentliche Herausforderer für Mette Frederiksen. Das hat seinem Wahlkampf gutgetan.  

Er wirkt in den Debatten sicher und souverän, gibt die Figur eines möglichen kommenden Regierungschefs ab.

Er hat jedoch zwei Probleme, die die gleiche Wurzel haben. Eine bürgerliche Mehrheit ohne die Stimmen von Lars Løkke Rasmussens Moderaten erscheint sehr unwahrscheinlich. Und ausgerechnet jener Løkke nimmt seiner ehemaligen Partei potenzielle Stimmen weg.

Trotz Ellemanns guter Auftritte haben sich die Umfragen für Venstre in der vergangenen Woche nicht vom Fleck gerührt.

Ellemann hat noch einen Spurt in sich, doch die Konkurrenz sieht stärker aus.

Stabile Formkurve: 3,4

Die Konservativen

Die Fraktionssprecherin der Konservativen, Mette Abildgaard, ist während dieses Wahlkampfes nicht zu beneiden. Nach einem kurzen Hoch, als Søren Pape Poulsen sich als Staatsministerkandidat erklärte, muss sie die stetig sinkenden Umfragen erklären.

Zunächst konnte sie noch darauf verweisen, dass Pape immer noch der populärere der beiden bürgerlichen Anwärter auf das Amt des Regierungschefs ist.

Als das nicht mehr ging, dass die Umfragen im Vergleich zu 2019 immer noch einen deutlichen Zuwachs prognostizierten. Doch auch der ist mittlerweile nahezu weggeschmolzen. Setzt sich die Tendenz in der kommenden Woche fort, könnte die Partei ein schlechteres Ergebnis als vor dreieinhalb Jahren einfahren.

Pape hat bislang nichts gezeigt, mit dem er den Trend umkehren könnte. Im Gegenteil: Bei einer Pressekonferenz zur FE-Affäre war er nicht darauf vorbereitet, dass auch Fragen zu einer Geheimdienstaffäre, die auf seine Zeit als Justizminister zurückgeht, kommen könnte.

Weiterhin fallende Formkurve: 2,0

Dänemarkdemokraten

Inger Støjberg ist bislang im Wahlkampf kaum vorgekommen. Die Politik ihrer rechten Partei bleibt unklar.

Als die Dänemarkdemokraten im Sommer aufstellungsberechtigt für die Folketingswahl wurden, schnellte die Partei in den Umfragen in Rekordgeschwindigkeit auf 10 Prozent.

Mit diesem Rückenwind trabte Støjberg locker in den Wahlkampf. Vielleicht ein wenig zu locker: Der Atem scheint ihr allmählich auszugehen.

Das rächt sich jetzt. Die Partei wird sicher ins Folketing einziehen, aber von den 10 Prozent scheint sie mittlerweile weit entfernt.

Markant fallende Formkurve: 3,4

Radikale Venstre

Die Partei ist schwach in den Wahlkampf gestartet und hat sich nicht steigern können.

Weder die Parteichefin Sofie Carsten Nielsen noch die Themen der Partei haben bisher im Wahlkampf eine entscheidende Rolle gespielt.

Es gibt kaum Anzeichen, dass die Partei den Trend umkehren kann.

Bei den beiden abschließenden Elefantenrunden am Sonntag und am Montag kann Carsten Nielsen zeigen, ob sie noch die Kraft hat zuzulegen.

Stabil schwache Formkurve: 1,6

Neue Bürgerliche

Die rechte Partei von Pernille Vermund hat im bisherigen Wahlkampf nur eine bescheidene Rolle gespielt. Peinlich aufgefallen ist die Partei durch einen internen Streit, nachdem Fraktionssprecherin Mette Thiesen sich bereit erklärt hatte, anonyme Spenden entgegen den Regeln anzunehmen.

Die Partei dürfte dennoch besser abschneiden als vor dreieinhalb Jahren.

Leicht fallende Formkurve: 2,6

Sozialistische Volkspartei (SF)

Pia Olsen Dyhr und ihre Partei liegen stabil. Sie machen keine großen Sprünge und dürften ungefähr das Ergebnis der letzten Wahl wiederholen können.

Stabile Formkurve: 3,5

Liberale Allianz

Parteichef Alex Vanopslagh ist fleißig auf den sozialen Medien unterwegs. Sein frecher Stil kommt dort gut an.

Er übernahm nach der letzten Wahl eine Partei, die ums Überleben kämpfte. Jetzt hat sie die Chance, die Konservativen zu überholen.

Vanopslagh sieht am Anfang der letzten Wahlkampfwoche stark aus.

Leicht steigende hohe Formkurve: 4,0

Einheitsliste

Wie einige der anderen kleiner und mittelgroßen Parteien fällt es der Einheitsliste schwer, sich im Wahlkampf zu positionieren. Parteichefin Mai Villadsen schlägt sich in den Diskussionen bisher gut und hat daher die Möglichkeit, in den beiden abschließenden TV-Debatten zuzulegen.

Stabile Formkurve: 3,4

Die Moderaten

Als Mette Frederiksen vor noch nicht einmal drei Wochen die Wahl ansetzte, war die Frage noch, ob die neu gegründete Partei von Lars Løkke Rasmussen überhaupt die Zwei-Prozent-Sperrklause überspringen wird.

Mittlerweile sehen einige Umfragen die Moderaten als drittgrößte Partei. Das Stehaufmännchen Løkke hat es ein weiteres Mal geschafft.

Und es noch mehr für ihn drinnen: Er ist der eingangs erwähnte inoffizielle Staatsministerkandidat. Politische Beobachterinnen und Beobachter überlegen laut, ob der ehemalige Venstre-Chef ein drittes Mal Regierungschef werden kann.

Allein die Diskussion nutzt den Moderaten, und Løkke nutzt seinerseits die Aufmerksamkeit, um über Politik zu sprechen. Dadurch unterscheidet er sich von Ellemann, Pape und Frederiksen.

Løkke liegt im Feld ganz vorn.

Deutlich steigende Formkurve: 4,3

Die Dänische Volkspartei (DF)

Die rechte Partei von Morten Messerschmidt liegt in den meisten Umfragen jetzt wieder über der Sperrklausel. Der Kampf ums Überleben könnte also gelingen. Starke Auftritte haben wir jedoch bislang nicht gesehen.

Steigende, aber schwache Formkurve: 1,2

Die Alternative

Der Parteivorsitzenden Franciska Rosenkilde ist es gelungen, der Partei neuen Mut einzuflößen. Stück für Stück hat sich die grüne Partei von der Aussichtslosigkeit über eine schwache Hoffnung bis zu einer realen Chance für einen Wiedereinzug bewegt.

Erstmals im Wahlkampf zeichnet sich ab, dass die Partei es schaffen könnte.

Dieser Rückenwind könnte Rosenkilde für die beiden Elefantenrunden ausreichend stärken, um in den letzten Tagen, die entscheidenden Wählerinnen und Wähler zu gewinnen.

Steigende Formkurve: 1,2

Freie Grüne und Kristendemokraten

Keine der Parteien hat, meiner Einschätzung nach, eine Chance ins Folketing einzuziehen. Daher werden sie nicht benotet.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Anhaltende politische Dürre in Nordschleswig“