Internationale Polizeiarbeit
Spürsinn trifft Wissenschaft bei Suche nach Wasserleichen
Spürsinn trifft Wissenschaft bei Suche nach Wasserleichen
Spürsinn trifft Wissenschaft bei Suche nach Wasserleichen
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Der jüngste Experte des süddänischen Polizeikreises ist gerade einmal vier Jahre jung: Viggo heißt er. Von Beruf ist er Polizeihund. Mehr noch: Der Schäferhund ist der erste Leichenspürhund des Polizeikreises von Nordschleswig und Südjütland – und damit einer der besten Schnüffler von ganz Dänemark.
26 Polizeihunde und sechs Drogensuchhunde gibt es im Polizeikreis Nordschleswig und Südjütland. Zum Team der tierischen Taskforce gehört seit einem halben Jahr Viggo. Der Vierbeiner ist nicht nur ausgebildeter Streifenhund: Seit April ist der Schäfer der erste Leichenspürhund des südlichsten Polizeikreises.
„Das schafft nicht jeder“, sagt sein Herrchen Jesper Lynge Overgaard.
Seit Jahren ein eingespieltes Team
Seit 23 Jahren ist der 46-Jährige Polizist – seit gut 13 Jahren Hundeführer. Vor etwa zweieinhalb Jahren drückte er gemeinsam mit Viggo noch einmal die Schulbank und beschäftigte sich intensiv mit der Spurensuche auf dem Wasser.
Die Spezialität des Duos ist seither das Aufspüren von Wasserleichen. Im April hat Viggo seine Eignungsprüfung als Leichenspürhund bestanden.
Hohe Anforderungen an Mensch und Tier
Es sei eine besondere Arbeit, die hohe Anforderungen an Hund und Herrchen stelle, erläutert Jesper Lynge Overgaard: „Denn ein guter Streifenhund ist noch lange kein geeigneter Leichensuchhund.“
Ein ruhiges Gemüt müssen diese Tiere haben, eine hohe Konzentrationsfähigkeit ebenso – und sie müssen die Arbeit auf See mögen.
Ein besonderes Kaliber
Auch die Hundeführerinnen oder -führer müssen aus besonderem Holz geschnitzt sein: „Dafür kommen nur ältere und routinierte Hundeführer infrage“, erläutert der Polizeihundeführer.
„Sie müssen eine starke Psyche haben und einen unempfindlichen Magen, denn was diese Hundeführer zuweilen zu sehen bekommen, das ist nichts für Zartbesaitete“, ergänzt Torben Vang.
Expertenteam unterstützt Polizeiarbeit
Vang ist Forscher an der Universität Aarhus, wo er sich mit der Biologie und Geografie von Meeresumgebungen beschäftigt.
Er nimmt unter die Lupe, wie sich Strukturen am Meeresboden verändern – und wie dies wiederum die Strömungsverhältnisse beeinflusst.
Der Forscher gehört gemeinsam mit dem selbstständigen Meeresforscher Morten Holtegaard Nielsen und dem Gerichtsmediziner Søren Christoffersen von der Süddänischen Universität zu einem international anerkannten Expertenteam, das stets dann ins Bild kommt, wenn es schwierig wird – wenn Menschen im Meer oder anderen Gewässern vermisst werden – oder bei spektakulären Mordfällen.
International gefragt
So haben Vang und seine Kollegen die schwedische Polizei 2017 bei der Aufklärung des U-Bootmordes an der schwedischen Journalistin Kim Wall unterstützt.
Auch international gefragt sind er und seine Kollegen – und das hat seinen Grund: „Es ist eine komplexe Materie, und wir haben die dafür notwendige praktische Erfahrung“, erläutert Vang.
Dabei sind die Experten längst nicht in jedem Fall vor Ort, sondern unterstützen die Polizeiarbeit oft online: Vang und Holtegaard, indem sie fortlaufend am Computer Berechnungen vornehmen, die den Suchradius der Polizei nach Vermissten einkreisen und Rechtsmediziner Søren Christoffersen mit Prognosen über den mutmaßlichen Verwesungszustand der Leiche.
Wenige Zentimeter machen den großen Unterschied
Akribie ist dabei vonnöten. Bei Suchaktionen, die auf dem Meer oder in Meerengen wie im Kleinen Belt besonders kompliziert sind, können 50 Zentimeter den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. „Oft sind es sogar noch weniger“, ergänzt der Gerichtsmediziner.
Zurück zu Jesper Lynge Overgaard und Viggo.
Sie nehmen an diesem Tag an einem internationalen Workshop für Spürhunde im Hafen von Esbjerg teil. Ein Team aus Schweden ist dabei – und zwei Hundeführer aus Eutin in Schleswig-Holstein sind ebenfalls mit ihren Tieren angereist, um voneinander zu lernen.
Win-win-Ergebnis beim Erfahrungsaustausch
„Unsere Zusammenarbeit ist ein Gewinn für alle, denn diese Arbeit auf dem Wasser stellt Mensch und Hund vor enorme Herausforderungen“, betont Torben Vang. Immer wieder könne man voneinander lernen.
„So werden wir jeden Tag klüger. Das ist gut so, denn es sollte die Polizei sein, die eine Wasserleiche zuerst findet.“
Die Chancen dafür stehen in Zukunft noch besser: Im Hafen von Esbjerg hat an diesem Tag der neunte Leichenspürhund Dänemarks seine Eignungsprüfung bestanden.