Internationaler Frauentag 2024
Für Vibeke Fonnesberg gibt es kein Leben ohne Kunst
Für Vibeke Fonnesberg gibt es kein Leben ohne Kunst
Für Vibeke Fonnesberg gibt es kein Leben ohne Kunst
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Die unvergänglichen Bronzeskulpturen der Sonderburgerin hinterlassen in der Stadt viele Spuren. In einem Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ erzählt sie kurz vor dem Internationalen Frauentag über ihre Erfahrungen, ihre Hoffnung – und dass selbst Krankheit ihr Leben nie bestimmen soll.
Am Donnerstag wurde die Sonderburger Künstlerin Vibeke Fonnesberg 78 Jahre alt. Sie hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann: Die Bildhauerin und Malerin ist ein unglaublich positiver Mensch. Sie hat viel Erfolg, sie lebt in einer fantastischen und sehr geschmackvoll eingerichteten Wohnung am Kongevej, spricht mehrere Sprachen, hat einen großen Umgangskreis, und folgt natürlich auch dem Geschehen in der ganzen Welt. Zwischendurch kann sie ihren Sohn Johannes und dessen Familie in der Hauptstadt Kopenhagen besuchen.
„Ich lebe für meine Arbeit“
Sie willigte sofort ein, als „Der Nordschleswiger“ sie Anfang der Woche um ein Interview bat. Vibeke Fonnesberg war auch sofort bereit, dass das Gespräch über die Verhältnisse der Frauen einst und heute in ihrer großen modernen Wohnung stattfinden sollte. Bevor es bei einer Tasse frisch zubereitetem Stempelkaffee losging, musste sie aber sofort eines klarstellen: „Vielleicht kann man es auch verkehrt verstehen: Aber ich lebe für meine Arbeit“. Damit meinte sie die Kunst. Bei ihren Antworten schleicht sich deshalb auch immer wieder ihre Passion, die Kunst, ein.
Du bist in Aarhus geboren und aufgewachsen. Hat sich viel geändert in all den Jahren?
„Wenn man von anderen jungen Künstlern hört, finden viele ja nicht, dass so viel seit Ann Ancher (Künstlerin aus Skagen, Anm. der Redaktion) passiert ist. Sie war vielleicht eine Besonderheit, weil sie nur das machte, was ihr passte. Sie war erfolgreich, hatte einen Mann und Kind und gehörte zur Künstlerkolonie. Ob Frauen oder Männer, viele haben es heute nicht so leicht. Bei mir war es anders. Ich hatte Eltern, die immer an mich geglaubt haben. Für Frauen ist es eine weitere Herausforderung, wenn man ein Kind bekommt. Ich habe ein großes Fürsorge-Gen. Ich wurde damals zur Hausfrau.“
Aber war die Kunst damals nicht dein Leben?
„Gut, dass du fragst. Ich fühle ja, dass ich mit der Kunst verheiratet bin. Aber ich hatte ein Kind bekommen, und das war für mich das größte Glück. In den ersten Jahren musste ich obendrein einen festen Job finden, damit ich eine feste Einnahmequelle hatte. Ich verkaufte Sportartikel in der Firma meines Bruders. Alles für den Weltenbummler. Ich hab’ eigentlich zehn Jahre lang überhaupt keine Kunst gemacht.“ Vibeke Fonnesberg lacht.
Was passierte dann?
„Es war eine Form der Melancholie. Ich wurde depressiv. Ich war nie richtig glücklich.“
Das kann man sich bei dir gar nicht vorstellen. Du bist so ein positiver Mensch.
„Ich habe einen inneren Klangboden. Ein wenig Melancholie. Damit bin ich eigentlich sehr zufrieden. Sie ist richtig gut, wenn alles im Sinn gemessen wird. Das hilft mir bei den Porträts. Ich bilde mir ein, dass ich spüren kann, wenn ein Mensch traurig ist oder trauert. Ich fühle mit, und so habe ich persönlich sehr viel Empathie erhalten.“
Von unten wieder nach oben
Für Vibeke Fonnesberg wurde es eine Erkenntnis, die ihr seither immer wieder geholfen hat. Wer ganz unten liegt, der muss wieder nach oben.
„Wer von seinen Gefühlen überrumpelt wird, das ist enorm. Aber das gehört einfach dazu. Als ich wieder anfing zu arbeiten, war ich wieder glücklich. Ich habe wieder gelebt.“
Ist es heute einfacher, Frau zu sein?
„Ich will ja nicht gerne andere kritisieren. Aber wir Frauen tun ja eigentlich immer, was wir können. Bei Galeristen, die ja die Kunst wohl eher wie eine Investition betrachten, werden Frauen oft in den Hintergrund geschoben. Die maskuline Seite ist produktiver – das stimmt eigentlich nicht – aber man glaubt eher an die Kontinuität in der männlichen Kunst. Und das stimmt nicht. Ich höre, dass man nicht so sehr an Künstlerinnen glaubt.“
Aber du hast ja selbst Bronzewerke als Bildhauerin geschaffen, die viele Jahre halten. Sie bedeuten den Sonderburgern sehr viel.
„Deswegen benutzt man ja auch Bronze. A. P. Hansen bat mich 2011 um die Skulptur Martin mit der Flöte. Ich war ja auch bei ’Petersen Tegl’ in der Ziegelei. Ich muss das einfach sagen: Als ich dort die Finger in den Lehm steckte, da wurde ich glücklich. Ich verstand es eigentlich nicht. Aber dass man Material hat, dass man formen kann, das tat einfach so gut. So begann ich mit der Gestaltung der Martin-Skulptur in Lehm.“
Was hältst du von der Welt, die wir im Augenblick haben?
„Ich finde es äußerst besorgniserregend. Man darf natürlich Klima und Umwelt nicht verkleinlichen, weil wir alles unseren Nachfahren hinterlassen. Aber die Kriege jetzt: Da ist so viel Boshaftigkeit. Ich verstehe nicht mehr, was das alles ist. Für mich ist es ein Völkermord. Man kann nichts ausrichten und alles ist, wie es ist. Das ist schlimm.“
Hast du einen guten Rat für die Frauen heute?
„Ich werde immer so traurig, wenn ich Frauen darüber sprechen höre, ob sie nun auch das Richtige machen. Die perfekte Kultur ist viel schlimmer. Wir müssen alle durch einen Entwicklungsprozess, wo unser innerer Diamant geschliffen wird. Was mit uns passiert, ob Freud oder Leid, es gehört einfach alles dazu. Alle machen Fehler. Sich bewegen, sich trauen und etwas riskieren. Alles, wofür man brennt, das soll man tun. Sich nicht nur nach anderen richten. Man soll sich selbst gegenüber loyal und treu sein. Wir sind alle verschieden.“
Jeder Tag ein Gewinn
Vibeke Fonnesberg spritzt auch nach anderthalb Stunden intensivem Gespräch vor Vitalität. Die Künstlerin könnte eigentlich mit einer Vitaminspritze verglichen werden. Das wird gerade beim Thema Gesundheit noch sehr viel deutlicher.
Vibeke Fonnesberg hatte 2009 Brustkrebs und hat seitdem mehrere Krebsdiagnosen erhalten. Aber sie gibt nicht auf. „Ich kann nicht geheilt werden. Aber ich lebe damit. Wenn ich morgens selbst bei schlechtem Wetter aufwache, freue ich mich – ich habe noch einen Tag bekommen“, meint sie.