Kritik vom Europarat
Zweisprachige Ortsschilder: SP hofft auf neuen Schwung
Zweisprachige Ortsschilder: SP hofft auf neuen Schwung
Zweisprachige Ortsschilder: SP hofft auf neuen Schwung
Nach der Kritik des Europarates am Umgang Dänemarks mit der deutschen Minderheit hat der Vorsitzende der Schleswigschen Partei, Carsten Leth Schmidt, Hoffnung, dass die nordschleswigschen Stadträte das Thema wieder aufnehmen. Aus Tondern und aus dem Parlament kommt Unterstützung – aus Apenrade und Hadersleben hingegen Skepsis.
Sie stehen seit Jahren auf der Agenda des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) ganz weit oben: die zweisprachigen Ortsschilder. In so gut wie ganz Europa gehören sie zum Alltag. In Dänemark beißt sich die Minderheit hingegen seit Jahren die Zähne an dem Thema aus, weil sich die Verwaltungen in den nordschleswigschen Kommunen querstellen. Zuletzt ist es sogar etwas stiller um die Ortsschilder geworden.
Bis jetzt: Neuen Rückenwind erhält der BDN nun aus Straßburg – vom Europarat. Dessen noch unveröffentlichter Bericht über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten, der dem „Nordschleswiger“ vorliegt, kritisiert unter anderem, „dass mehr als 70 Jahre des Friedens nicht ausgereicht haben, den interkulturellen Dialog und die Toleranz auf dänischer Seite in der Grenzregion genug zu fördern, dass zweisprachige Ortsschilder in den vier Kommunen, in denen Mitglieder der deutschen Minderheit leben, aufgestellt werden können.“
Die Empfehlung des Europarates lautet daher: „Die Behörden sollten weitere Maßnahmen auf lokaler Ebene ergreifen, um das interkulturelle Verständnis und den Dialog mit der deutschen Minderheit zu fördern, unter anderem durch die Anbringung zweisprachiger Ortsschilder an den Grenzen der vier Kommunen.“
Klare Worte, aber werden die auch zu einem Umdenken in den nordschleswigschen Stadträten führen, wo der Widerstand gegen die zweisprachigen Ortsschilder zuletzt ungebrochen blieb?
„Das hoffe ich doch sehr“, sagt Carsten Leth Schmidt, der Vorsitzende der Schleswigschen Partei. „Das ist ein guter Anlass, das Thema in den Stadträten wieder aufzunehmen. Wir haben ein frisches Papier in der Hand, das hoffentlich einige beeindrucken und zum Umdenken bewegen wird.“
Skepsis in Apenrade und Hadersleben
Eher weniger beeindruckt zeigen sich allerdings die nordschleswigschen Bürgermeister aus Apenrade und Hadersleben, die sich gegenüber „JydskeVestkysten“ am Dienstag eher verhalten zeigten.
„Es ist das Wiedervereinigungsjahr. Es lassen sich gerade sicher viele positive Gedanken über unsere Nachbarschaft finden. Ich weiß allerdings nicht, wie der Stadtrat gerade zu der Sache steht, deshalb möchte ich derzeit nicht mehr dazu sagen. Es kann aber sein, dass wir wieder darüber diskutieren werden“, so Bürgermeister H. P. Geil (Venstre) aus Hadersleben.
Eine Aussage, die Carsten Leth Schmidt hellhörig macht – und für Enttäuschung sorgt: „Ich vermisse seine Stellungnahme dazu. Die Mehrheit des Haderslebener Stadtrates sagt immer wieder, dass sie Vielfalt will. Da hätte ich mir eine Aussage erhofft, dass er sich für die zweisprachigen Ortsschilder einsetzen will.“
Geils Amtskollege aus Apenrade, Thomas Andresen (Venstre), wird noch deutlich direkter. Er hält die zweisprachigen Ortsschilder für keine gute Idee.
„Die Zusammenarbeit mit der Minderheit hängt von mehr als einem Symbol ab“, sagt er. Er fürchtet, dass zweisprachige Ortsschilder Geschaffenes wieder einreißen und alte Wunden wieder aufreißen könnten. „Es würde mich nervös machen, wenn Ortsschilder auf Deutsch etwas auslösen könnten, was wir nicht wollen. Ich möchte betonen, dass dies nicht meine Meinung ist, aber es gibt Gegensätze, und Ortsschilder könnten diese hervorbringen“, so Andresen.
Eine Initiative Andresens, den Stadtrat erneut auf das Thema aufmerksam zu machen, scheint auch angesichts seiner Aussagen beim Deutschen Tag im vergangenen November eher unwahrscheinlich. Damals sagte er, dass er das Thema über ein dänisch-deutsches Ortsschild nicht ansprechen werde – schon gar nicht 2020, wo der 100. Jahrestag der Grenzziehung, in Dänemark als „Wiedervereinigung“ gefeiert wird.
Unterstützung aus Tondern
Der Bürgermeister aus Tondern, Henrik Frandsen, sieht das hingegen ganz anders: Aus seiner Sicht ist das Jubiläumsjahr durchaus eine Gelegenheit, die bereits vor fünf Jahren geführte Diskussion über die Ortsschilder wieder aufzunehmen.
„Der Bericht ist eine großartige Gelegenheit für eine Diskussion, die wir bereits 2015 hatten. So können wir sehen, wie die Menschen heute dazu stehen. Der 100. Jahrestag der Wiedervereinigung und der 100. Geburtstag der Minderheiten machen das Thema nicht weniger relevant“, so Frandsen zu „jv.dk“.
Juhl: Da muss Überzeugungsarbeit geleistet werden
Auch Christian Juhl (Einheitsliste), Mitglied des Kontaktausschusses des Folketings für die deutsche Minderheit in Nordschleswig, meint, dass Initiative und Überzeugungsarbeit durch die lokalen Politiker notwendig sind. Er fordert von den politischen Taktgebern in den nordschleswigschen Kommunen, dass diese sich des Problems annehmen.
„Das Aufstellen der Ortsschilder ist eine kommunale Frage. Die Frage ist jetzt, wie wir es verdammt noch mal hinbekommen, die Mehrheiten in Nordschleswigs Gemeinden dafür zu schaffen. Das ist eine Überzeugungsarbeit, an die wir ranmüssen, denn es wäre ganz und gar unhaltbar, wenn wir den Kommunen diktieren, was sie zu machen haben. Es sollte zunächst eine politische Mehrheit geben. Warum sollten wir keine Lösung finden? Es braucht eben seine Zeit. Und es ist wichtig, dass die Lokalbevölkerung versteht, dass es eine richtige und vernünftige Entscheidung ist“, so Juhl zum „Nordschleswiger“.