Leitartikel

„Zusammenarbeit: Wieso die Regierung an ihre Grenze gestoßen ist“

Zusammenarbeit: Wieso die Regierung an ihre Grenze gestoßen ist

Wieso die Regierung an ihre Grenze gestoßen ist

Nordschleswig/Vejle/Kopenhagen
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Es geht doch: In der Politik kann immer noch etwas bewegt werden, man muss nur gute Argumente haben. Das haben die Akteure im deutsch-dänischen Grenzland bewiesen, meint der Chefredakteur Gwyn Nissen.

Als die dänische SVM-Regierung, bestehend aus Sozialdemokraten, Venstre und Moderaten, im September erstmals ihre Reformgedanken zum dänischen Gesundheitssystem publik machte, hatte sich unten auf Seite 82 eine kleine Bombe für das deutsch-dänische Grenzland versteckt. Kurz und ohne weitere Erklärungen schrieb die Regierung, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit nicht länger von der Region Süddänemark koordiniert und teilfinanziert werden, sondern von den 22 Kommunen in der Region übernommen werden solle.

Der Aufruhr im Grenzland war groß, denn obwohl es unlogisch sein mag, dass eine Region, die sich primär mit Krankenhäusern und Gesundheit beschäftigt, für die grenzüberschreitende Kooperation verantwortlich ist, hat sich die Konstruktion in den vergangenen 17 Jahren seit der Kommunalreform 2007 bewährt.

Die Region Süddänemark – zunächst mit Carl Holst an der Spitze, dann mit Stefanie Lose und schließlich mit Bo Libergren – hat die koordinierende Rolle auf sich genommen und auch finanzielle Bereitschaft gezeigt.

Sicherlich gibt es in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit Verbesserungspotenzial, aber zu glauben, dass 22 Kommunen – einige weit von der Grenze entfernt – eine bessere Lösung seien, war von der Regierung mehr als naiv und zeigte ihre mangelnden Kenntnisse über das Grenzland.

Zum Glück haben die Akteure im Grenzland, darunter auch die Minderheiten, lautstark auf den Missstand aufmerksam gemacht. Dabei ging es gar nicht um die Lautstärke, sondern um die Argumente für eine gelungene grenzüberschreitende Zusammenarbeit – vom kleinen kulturellen Beitrag im Kindergarten bis zur höchsten politischen Ebene mit dem Land Schleswig-Holstein (übrigens: auch von dort erreichten kritische Stimmen die dänische Regierung).

Nun präsentierte die SVM-Regierung den Gesetzesvorschlag zur Gesundheitsreform – diesmal ohne Änderungen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Es darf also weiterhin über die Grenze hinweg kooperiert werden. 

Den erfolgreichen Protest sollte das Grenzland als Momentum nutzen, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit neue Kraft zu verleihen. Ein richtig gutes Signal wäre jetzt die Bereitschaft und Mut zu zeigen, weitere und neue Schritte zu gehen, um nach der überstandenen Corona-Pandemie wieder mehr Dynamik in die deutsch-dänische Kooperation zu bringen.

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