100 Jahre SP
Junge Spitzen – Balance zwischen Party und Politik
Junge Spitzen – Balance zwischen Party und Politik
Junge Spitzen – Balance zwischen Party und Politik
Die Schleswigsche Partei (SP) feierte am 15. August ihren 100. Geburtstag. In den kommenden Monaten bringt „Der Nordschleswiger“ eine Reihe von Artikeln über die Partei der deutschen Minderheit in Nordschleswig. In diesem Artikel haben wir mit Vertretern der Jugendpartei, die Jungen Spitzen, über das Image, die Zukunft und ihre Ziele gesprochen.
Mit der SP hat die deutsche Minderheit eine politische Vertretung geschaffen. Am 15. August wurde diese 100 Jahre alt. Mit den Jungen Spitzen kam 1998 die Jugendorganisation der SP hinzu. Den Geburtstag nehmen wir als Anlass, bei den Jungen Spitzen nachzuhaken und zu fragen, wie und ob sich das Image der „Trinkpartei“ geändert hat und wie der Weg der vergangenen Jahre gestaltet wurde.
Die Anfänge
Im Jahr 1998 fing alles an – die Jungen Spitzen wurden als politische Jugendorganisation gegründet. „Wir waren damals Anfang 20, hatten gerade das DGN (Deutsche Gymnasium für Nordschleswig) verlassen und haben uns in den Strukturen der Minderheit nirgendwo richtig zugehörig gefühlt“, erzählt Ruth Candussi, heute Sekretärin der SP und Gründungsmitglied der Jungen Spitzen.
Es entstand der Wunsch nach einer Jugendorganisation, und daraufhin bauten Ruth Candussi, Stephan Kleinschmidt und Jesper Jessen die Jungen Spitzen auf.
„Ich war eines der ersten Mitglieder. Wir wollten für junge Nordschleswiger Strukturen und ein politisches Forum schaffen“, erzählt Stephan Kleinschmidt, Politiker der SP in Sonderburg.
Wir wollten für junge Nordschleswiger Strukturen und ein politisches Forum schaffen.
Stephan Kleinschmidt, Politiker der SP in Sonderburg
Der Name „Junge Spitzen“ entstand im Rahmen eines Workshops auf dem Knivsberg, hier half der damalige Jugendhofleiter Hans Wilhelm Andresen bei der Namensfindung. „Wir wurden auf dem Knivsberg immer mit offenen Armen empfangen“, erinnert Ruth Candussi sich zurück.
Entwicklung der Jungen Spitzen
Über die Jahre wechselte der Vorstand der Jungen Spitzen oft, damit ist natürlich eine Weiterentwicklung verbunden.
„Wir hatten, über die Jahre verteilt, viele verschiedene Vorstände, da fiel die Zusammenarbeit natürlich sehr unterschiedlich aus“, erzählt der Vorsitzende der Jungen Spitzen, Tobias Klindt.
Eine Veränderung nimmt er in der jetzigen Zusammensetzung des Vorstandes wahr, da mehr junge Frauen den Weg in den Vorstand gefunden haben.
Tobias ist schon länger dabei, und laut Ruth Candussi ist mit ihm wieder mehr Politik gekommen: „Seit Tobias Klindt im Vorstand ist, ist es wieder sehr politisch.“
Natürlich gebe es immer Hochs und Tiefs, erklärt sie. Die Vorstände seien immer unterschiedlich, mal mehr, mal weniger politisch. „Aber die Balance zwischen Politik und Freizeit ist immer da“, ist sich die Mitgründerin sicher.
Die Balance zwischen Politik und Freizeit ist immer da.
Ruth Candussi, Parteisekretärin der SP
Stephan Kleinschmidt denkt gerne an seine Zeit in der Jugendpartei zurück: „Ich habe das Engagement immer als herzlich und familiär aufgefasst. Es gibt eine Vertrauensbasis und ein Miteinander.“
Großes Engagement
Die Jungen Spitzen sehen sich als Stimme für die Jugend in Nordschleswig.
„Wir stehen manchen Fällen eventuell kritischer gegenüber und haben eine andere Meinung, die wir natürlich vertreten wollen“, merkt Tobias Klindt an.
Der rege Austausch und die Zusammenarbeit über die Grenze hinaus, mit der Jugendpartei des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), klappt schon sehr gut, wie Tobias Klindt findet.
„Die Zusammenarbeit mit dem SSW-Ungdom ist über die Jahre gewachsen, und es besteht viel Austausch“, freut er sich.
Viel Unterstützung bekommen die Jungen Spitzen auch von Ruth Candussi und dass nicht nur von Berufs wegen.
„Ich habe ein Beschützergen gegenüber den Jungen Spitzen“, erklärt sie lachend. „Natürlich unterstütze und fördere ich sie, aber dabei lasse ich ihnen Freiraum. So wie Gösta Toft (Ruth Candussis Vorgänger, Anm. d. Redaktion) es damals bei uns gemacht hat: Er war tolerant und hat nicht moralisiert.“
Gösta Töft war den Jungen Spitzen in der Anfangszeit eine große Hilfe und unterstützte, wo er nur konnte.
„Wir hatten einen freien Rahmen, die Möglichkeit, uns und unser politisches Interesse frei zu entfalten. Dabei spielte Gösta Toft eine große Rolle“, verriet Candussi.
Kritik und persönliche Erfahrungen von Außenstehenden
Sofie Knauer kommt aus Nordschleswig und studiert mittlerweile im dritten Semester Politikwissenschaften an der Universität in Aarhus. Sie war zwar nie Mitglied der Jungen Spitzen, äußert sich aber dennoch kritisch.
„Meine Erfahrungen liegen jetzt schon eine Weile zurück“, betont Sofie Knauer. „Die Leute, die jetzt im Vorstand und in der Partei sind, sind nicht notwendigerweise dieselben wie zu meiner Zeit.“
Besonders aufgefallen sei ihr der Sexismus.
„Ich habe gesehen, dass jetzt viele Frauen im Vorstand sind – das sind tolle Veränderungen. Ich habe die Partei aber immer als eine Gruppe wahrgenommen, die sehr von Männern dominiert wurde. Es ist problematisch, wenn erwartet wird, dass Frauen bei sexistischen Sprüchen einfach mitlachen sollen. Und so habe ich es empfunden. Ich hoffe natürlich, dass es in diesem Punkt toleranter und weniger herablassend geworden ist.“
Auch Parteisekretärin Ruth Candussi freut sich über den hohen Frauenanteil im derzeitigen Vorstand:
„Ich kann nur zustimmen, den aktuellen Frauenanteil bei den Jungen Spitzen finde ich toll.“
Von den Vorwürfen zum Sexismus innerhalb der Jugendpartei distanziert sie sich aber. „Zu meiner Zeit bei den Jungen Spitzen habe ich keinen Sexismus empfunden“, sagt sie.
„Ich finde es unglaublich wichtig, dass Frauen im Vorstand sind und die Partei vertreten“, erklärt Candussi. „Die Zahlen zeigen, dass es aber immer eher Männer sind, die in Führungspositionen oder im Vorstand sind. Das ist nicht nur in unseren eigenen Reihen so, sondern in vielen Firmen – und das ist ein Problem.“
Ich finde es unglaublich wichtig, dass Frauen im Vorstand sind und die Partei vertreten.
Ruth Candussi, Parteisekretärin der SP
Auch Tobias Klindt erzählt, dass er das so nie wahrgenommen habe. „Ja, der Vorstand hatte immer eine Überlast an Jungen, aber mit den Jahren kamen auch immer mehr Mädchen dazu“, erzählt er.
Auch der hohe Alkoholkonsum gefiel Sofie Knauer nicht.
„Natürlich gehört das zu einer Jugendpartei, aber ich habe immer das Gefühl gehabt, dass das aktive Engagement in der Politik darunter gelitten hat“, erklärt sie.
„Wir hatten das Image als Trinkpartei, das ist definitiv kein gutes Motto. Wir haben vieles getan, um eine gute Balance zwischen feiern und Politik zu finden. Die, die sich für uns und unsere Arbeit interessieren, sehen, dass wir nicht nur Alkohol trinken, sondern auch etwas erreichen wollen“, erklärt Tobias Klindt.
Die, die sich für uns und unsere Arbeit interessieren, sehen, dass wir nicht nur Alkohol trinken, sondern auch etwas erreichen wollen.
Tobias Klindt, 1. Vorsitzender der Jungen Spitzen
Ruth Candussi sieht die Thematik eher locker. „Trinken und feiern gehört zur Jugend dazu, das bewerte ich keinesfalls negativ. Ich kann auch sagen, dass es zu meiner Zeit keinen Gruppenzwang gab, der Leute, die nicht trinken wollten, unter Druck gesetzt hat.“
Momente, die in Erinnerung bleiben
Die Jungen Spitzen erleben gemeinsam Jahr für Jahr tolle und schöne Momente miteinander. „Gemeinsam erfolgreich an etwas zu arbeiten, das stärkt das Engagement“, findet Stephan Kleinschmidt.
Gemeinsam erfolgreich an etwas zu arbeiten, das stärkt das Engagement.
Stephan Kleinschmidt, Politiker der SP in Sonderburg
Prägende und unvergessliche Momente sind mit der Zeit entstanden.
„Obwohl ich an dem Tag selbst nicht dabei sein konnte, weil ich krank war, werde ich den Moment, als Dänemark Schengen beigetreten ist, nie vergessen“, erzählt Ruth Candussi.
„In den vorigen Monaten haben wir europapolitische Themen behandelt, und generell steckte unsere ganze Arbeit darin, die Grenze abzubauen – das war wirklich ein historischer Moment.“
Auch Stephan Kleinschmidt erinnert sich gerne an den Moment zurück: „Ja, das Schengen-Abkommen war schon etwas Prägendes.“
Für Tobias Klindt waren die „Grænszaun Games“ sein persönliches Highlight. „Wir haben zusammen mit dem SSW-Ungdom über den Grenzzaun Volleyball gespielt, als Zeichen für ein offenes Europa ohne bewachte Grenzen“, erzählt Klindt.
Auch in Zukunft setzt Klindt auf das grenzüberschreitende Arbeiten, dies wurde zwar durch die geschlossenen Grenzen der vergangenen Monate eingeschränkt, aber auch hier ließen sich die Jungen Spitzen mit der Initiative „Nabospor/Nachbarspur“ (eine Spur für Grenzpendler an den Grenzübergängen) etwas einfallen.
An Ideen mangelt es den Jungen Spitzen nicht.
Wünsche für die Jungen Spitzen
Von Anfang an konnten Ruth Candussi und Stephan Kleinschmidt den Weg der Jungen Spitzen mitgestalten und verfolgen.
„Ich wünsche den Jungen Spitzen, dass sie ebenfalls 100 Jahre alt werden“, so Candussi. „Im Vergleich zu vorigen Jugendorganisationen, wie dem politischen Jugendforum oder den jungen Nordschleswigern, haben die Jungen Spitzen schon alle Rekorde gebrochen. So soll es weitergehen.“
Ich wünsche den Jungen Spitzen, dass sie ebenfalls 100 Jahre alt werden.
Ruth Candussi, Parteisekretärin
Auch Stephan Kleinschmidt lässt es sich nicht nehmen, den Jungen Spitzen Zukunftswünsche mit auf den Weg zu geben.
„Ich wünsche den Jungen Spitzen Begeisterung an der Sache und an der Politik“, sagt Kleinschmidt. „Und dass es gelingt, dass der Funke überspringt und die Leute begeistert werden von dem, was die Jugendpartei leistet.“
Die Jungen Spitzen halten sich bereits seit 22 Jahren als Institution in Nordschleswig. Sowohl die damaligen Gründer als auch der jetzige Vorstand haben fest vor, weiter daran zu arbeiten, präsent zu bleiben und die Jugend in die Politik mit einzubeziehen.