Hilfsaktion

Eine mitmenschliche Mission mit vielen unbekannten Faktoren

Mitmenschliche Mission mit vielen unbekannten Faktoren

Mitmenschliche Mission mit vielen unbekannten Faktoren

Tondern/Tønder
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Die Idee zur Aktion kam Hans Otto Sørensen (r.) und Henrik Ehlers (l.) am Montag. Foto: Monika Thomsen

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Drei Männer aus der Kommune Tondern initiieren eine Abholaktion an der ukrainischen Grenze für Geflüchtete. Es handelt sich vorrangig um Angehörige von Menschen aus der Ukraine, die in der Kommune Tondern leben.

„Wir stehen vor einer Aufgabe, die wir nicht früher probiert haben. Wir wissen nicht, was uns erwartet und wir versuchen, uns das Chaos an der Grenze vorzustellen. Wir werden aber vor Ort improvisieren und uns der Wirklichkeit anpassen“, sagt Landwirt und Direktor Hans Otto Sørensen aus Scherrebek (Skærbæk).

Er organisiert gemeinsam mit Hans Schmidt Lindholm, Bredebro, und Henrik Ehlers, Gasse, unter dem Titel „Initiativ Tønder-Urkraine“ eine Abholaktion für Geflüchtete an der Grenze zwischen Polen und dem kriegsgebeutelten Land.

Wir wollen mit einem humanitären und mitmenschlichen Einsatz den notleidenden Menschen helfen.

Hans Otto Sørensen, Mitinitiator

Die primäre Zielgruppe sind Angehörige von Ukrainern, die in der Kommune Tondern leben. Sieben Fahrzeuge nehmen vom Rathaus in Tondern aus Kurs auf das Grenzgebiet zwischen Polen und der Ukraine.  

 

Diese Route wird die Delegation aus Tondern nehmen. Foto: Initiativ Tønder-Ukraine

„Wir erwarten, dass wir 30 bis 35 Personen mit zurücknehmen können“, so Sørensen, als der „Nordschleswiger“ ihn am späten Donnerstagnachmittag auf dem Rückweg aus den Niederlanden am Telefon erwischt.

Telefonische Kontakte

„Wir hören von Menschen, die etwa 50 Stunden im Stau stehen, um von der Ukraine aus die Grenze zu überqueren. Einige von den Ukrainern, die wir abholen wollen, haben sich auf den Weg gemacht. Wir wissen aber nicht, ob sie es bis zur Grenze schaffen“, so Sørensen.

Sollten sie es nicht schaffen, bis nach Krakowez im Westen der Ukraine vorzudringen, bevor die Fahrt am Sonnabendnachmittag wieder retour Richtung Tondern geht, werden andere Notleidende mitgenommen.

Ukrainische Sprachkompetenz

Mit auf die insgesamt etwa 2.700 Kilometer lange Reise hin und zurück geht ein in der hiesigen Region lebender Ukrainer, der in die Rolle als Dolmetscher schlüpfen wird.

Der rumänische Fahrer Alex platziert den Aufkleber „Transport to Tønder - Danmark" auf sein Auto. Foto: Monika Thomsen

Hilfe für Menschen in Not

Antriebskraft des Trios ist der Wunsch, etwas zu tun.

„Wir wollen mit einem humanitären und mitmenschlichen Einsatz den notleidenden Menschen helfen. Sie flüchten aus Not und werden urplötzlich aus ihrem geborgenen Rahmen gerissen“, so Sørensen in Gedanken an die grauenvollen Bedingungen in der Ukraine.

Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass sich Sørensen auf in die Ukraine macht. Bislang handelte es sich für ihn dort aber um geschäftliche Anliegen. „Ich habe viel Zeit in der Ukraine verbracht und bin mehr als 40-mal dort gewesen ist“, berichtet er.

Kein Sonntagsausflug

Keiner der drei Initiatoren beschäftigt Mitarbeiter aus der Ukraine, das tun aber ihre Kollegen in Landwirtschaftskreisen.

„Leicht ist es nicht. Das ist uns bewusst. Wir fassen es aber nicht als eine Aufgabe an, die unmöglich zu lösen ist“, so Hans Otto Sørensen.

„Wir haben eine Reihe von Sachen vorbereitet. Wir können aber nicht alles vorbereiten“, sagt er.

Hans Schmidt Lindholm fährt nicht mit, sondern hält zu Hause die koordinierenden Fäden in der Hand.

Zu den Freiwilligen gehört Famileinberaterin und Behandlerin Annette Risbjerg. Foto: Monika Thomsen

Unterkunft bei Angehörigen

Im ersten Durchgang werden die geflüchteten Frauen und Kinder bei Verwandten untergebracht werden. Für die erste Nach gibt es aber für alle eine Unterkunft.

„Wenn sie erst hier sind, müssen wir es Schritt für Schritt angehen. Es handelt sich ja um eine humanitäre Aufgabe für die ganze Gesellschaft.“

„Ich habe mit Dänen gesprochen, die gestern von dort zurückgekehrt sind. Wir wissen nicht, ob es eine halbe Stunde oder fünf Stunden dauert, die letzten zehn Kilometer bis zur Grenze zu schaffen“, sagt Hans Otto Sørensen.

Wenn alles klappen würde, könnte der Tross am Sonnabendvormittag an der Grenze sein. Aber auch das Wetter spiele eine Rolle.

Rückfahrt wahrscheinlich im Konvoi

„Auf der Hinfahrt werden wir nicht im Konvoi fahren. Ich weiß aus Erfahrung, dass das immer etwas zeitraubend ist. Wir haben aber fünf Stopps eingeplant, wo wir aufeinander warten werden“, so Sørensen.

Die private Non-Profit-Initiative erfährt laufend Unterstützung. So hieß es nach einem update am Donnerstagabend, dass neun Fahrzeuge – drei Kleinbusse und sechs Pkw – starten würden.

Mitinitiator Hans Schmidt Lindholm (l.) und Landwirt Erwin Clausen Foto: Monika Thomsen

Kleinbusse Mangelware

Am Donnerstagabend liefen unter anderem bei dem Tonderner Geschäftsmann Tommy Nissen, die Bemühungen, Kleinbusse zu organisieren.

„Die sind aber in vielen Fällen an Skiurlauber vermietet“, wie er am Freitagvormittag in einer Rundmail an die Mitglieder des Handelsvereins mitteilte.

Schützenhilfe auf vier Rädern gab es unter anderem vom Freundeskreis des Pflegeheims in Scherrebek (Skærbæk). Am Steuer des Kleinbusses sitzt Henrik Ehlers.

„Ein kleiner Beitrag"

„Ich möchte gerne mit dem Wenigen, was machbar ist, zu dem humanitären Einsatz beitragen. Man kann in dieser schrecklichen Situation nicht viel tun", erklärt Landwirt Erwin Clausen kurz vor der Abfahrt gegen 17.30 Uhr.

Der 61-Jährige aus Westerterp (Vester Terp) nimmt die Position als „Springer" ein, und löst beim Fahren und als Begleitperson ab.

„Ich habe gestern von der Aktion erfahren", so der Rumäne Alex, der sich nicht im Zweifel war, dass er helfen wollte. Der 43-Jährige, der mit seiner Familie in Tondern lebt, fährt in seinem Pkw.

Gerührter Initiator

„Ich muss gestehen, ich bin gerührt, dass so viele Menschen bereit sind, einen Einsatz zu leisten. Wir sind unglaublich froh über eure Opferbereitschaft und euer Entgegenkommen", sagt Hans Otto Sørensen vor der Abfahrt.

 

Der rumänische Fahrer Alex lässt sich vor der Abfahrt von Bürgermeister Jørgen Popp Petersen fotografieren. Foto: Monika Thomsen

„Ihr habt Großes vor in dieser Zeit, wo in Europa ganz Schreckliches passiert. Ein tausendfaches Dankeschön im Namen des gesamten Kommunalrats. Passt auf euch auf. Es ist bei Weitem keine Urlaubsfahrt. Ich hoffe, dass alles gelingt und hoffe das Beste für euch", so Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei).

Zehn Fahrzeuge auf großer Fahrt

Die Initiatoren erwarten, etwa 40 Personen aus dem Kriegsgebiet in die friedliche Westküstenkommune holen zu können.

Nachdem die letzten „Piloten“ am Freitag gegen 12 Uhr gefunden worden waren, setzten sich fünfeinhalb Stunden später fünf Pkws und fünf Kleinbusse für die Fahrt mit vielen ungewissen Elementen in Bewegung.

 

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