Deutsche Minderheit

Expertenkomitees des Europarates besuchen die Minderheit

Expertenkomitees des Europarates besuchen die Minderheit

Expertenkomitees des Europarates besuchen die Minderheit

Apenrade/Aabenraa
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Zwei Expertinnen- und Expertenkomitees des Europarates haben die deutsche Minderheit in Apenrade besucht. Foto: Nils Baum

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Wie ist der aktuelle Stand zu den Themen Minderheitenschutz und Sprachencharta? Darüber haben sich am Dienstag Expertinnen und Experten bei einem Treffen mit der deutschen Minderheit im Haus Nordschleswig ausgetauscht. Das weckt Hoffnungen, dass weitere Fortschritte in für die Minderheit wichtigen Anliegen erzielt werden können.

Am Dienstag haben sich Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Minderheit mit von einzelnen Mitgliedsstaaten des Europarates entsandten Expertinnen und Experten im Haus Nordschleswig getroffen, um diese Frage zu erörtern und sich über Fortschritte und offene Baustellen zu den beiden Berichten auszutauschen.

Minderheitenrechte und Sprachencharta

Seitdem Dänemark die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten 1997 unterzeichnet hat, muss das Land in regelmäßigen Abständen einen Bericht über die erzielten Fortschritte vorlegen. Das Gleiche gilt für die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, der Dänemark 2001 beigetreten ist.

Zuletzt hat Dänemark im März 2023 zum sechsten Mal seine Fortschrittsberichte zu beiden Verträgen vorgelegt. Im Anschluss daran findet ein sogenannter Monitoring-Prozess statt, der vom Europarat überwacht wird. Dieser wählt Repräsentantinnen und Repräsentanten einzelner Mitgliedsstaaten aus, die jeweils ein Expertisekomitee bilden, das sich detailliert mit den Fortschrittsberichten befasst. Ihre Vertreterinnen und Vertreter tauschen sich in den einzelnen Ländern mit Minderheitenvertreterinnen und -vertretern über die von der Regierung ausgearbeiteten Berichte aus.

Am Ende des Monitoring-Prozesses erstellt jedes Komitee einen Bericht mit Empfehlungen, der dann an die Regierung des jeweiligen Staates überreicht werden.

Froh über Austausch mit der Minderheit

Einer der Experten, der am Dienstag nach Nordschleswig gekommen ist, ist Benjamin Quaderer. Er ist der Vertreter Liechtensteins und zuständig für die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und betont, dass der Fortschrittsbericht nur die Sichtweise der dänischen Regierung widerspiegele. Daher sei er sehr froh über die Möglichkeit, sich mit den Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Minderheit auszutauschen.

„Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Situation schon gut ist, aber das heißt natürlich nicht, dass es dann nicht Sachen gäbe, die noch verbessert werden könnten“, sagt er.

Benjamin Quaderer ist der Vertreter Liechtensteins und zuständig für die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Foto: Gwyn Nissen

Diversität wertschätzen

Er habe beispielsweise gehört, dass das Wissen über die deutsche Minderheit in der dänischen Bevölkerung noch gering sei, und dass es da möglicherweise zu wenig Anerkennung und zu wenig Bewusstsein gäbe. Eine Möglichkeit dem entgegenzuwirken können etwa zweisprachige Ortsschilder oder Anpassungen in den Lehrplänen sein. So würden dänische Schülerinnen und Schüler besser über die deutsche Minderheit informiert, was wiederum mehr Bewusstsein für die Minderheit schaffen würde. Auf diese Weise würden Verständnis und Toleranz gefördert – etwas, das gerade im gesamteuropäischen Kontext wichtig sei, gibt Benjamin Quaderer zu bedenken.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass die Situation schon gut ist, aber das heißt natürlich nicht, dass es dann nicht Sachen gäbe, die noch verbessert werden könnten.

Benjamin Quaderer, Vertreter Liechtensteins

Schließlich sei die ganze Idee der Charta, die Rechte der Minderheit zu schützen. Deswegen sei die Minderheit der wichtigste Ansprechpartner. Das Treffen ermöglicht den Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Minderheit, ihre Sichtweise auf die Fortschrittsberichte der Regierung darzulegen. Zudem wird erörtert, in welchen Bereichen es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Die Mitglieder der beiden Expertenkomitees lauschen den Ausführungen von Büchereidirektorin Claudia Knauer. Foto: Gwyn Nissen

Zahlreiche positive Aspekte

„Es ist nicht sonderlich überraschend, dass die Regierung hauptsächlich die positiven Dinge hervorhebt. Und es gibt auch viele positive Sachen. Eines der Dinge, die wir bei unserem heutigen Treffen hervorgehoben haben, sind die Informationsmittel, die wir vom dänischen Staat bekommen“, sagt der Kommunikationschef und Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen, Harro Hallmann, im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ im Anschluss an das Treffen.

… aber auch noch Verbesserungswünsche

Doch es gibt auch Bereiche, in denen sich der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) Verbesserungen wünscht. Dies gilt beispielsweise für den Wunsch, dass Dänemark weitere Verpflichtungen aus den Verträgen übernimmt. Bislang sind nämlich erst 37 von 68 Verpflichtungen aus der Sprachencharta von Dänemark übernommen worden.

Die Informationsmittel in Höhe von 2,4 Millionen Kronen, die wir jetzt bekommen haben, das ist ja eine klare Verbesserung. Aber es ist auch etwas, mit dem wir 10 Jahre gearbeitet haben.

Harro Hallmann, BDN-Kommunikationschef

„Da ist nicht wirklich viel passiert in den vergangenen vier Jahren, und das haben wir heute natürlich auch angemerkt“, sagt Hallmann. Für die Expertinnen und Experten eine wichtige Information, wenn sie demnächst ihren Bericht ausarbeiten werden, der dann mit den parlamentarischen Mitgliedern des Europarates diskutiert wird.

Als weiteres Beispiel nennt Hallmann den Wunsch nach einer finanziellen Gleichstellung des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig mit den dänischen Gymnasien.

Einfach umzusetzen

„Es fehlen dreieinhalb Millionen Kronen, damit die volle Gleichstellung da ist. Das ist aber relativ billig und einfach zu erfüllen und wäre im Grunde die einzige Forderung, soweit ich das überblicken kann, die wir jetzt vorgeschlagen haben, die Dänemark neu übernehmen sollte, die etwas kosten würde. Die übrigen sind relativ einfach umzusetzen und auch sehr pragmatisch“, so Hallmann.

So hat der BDN der dänischen Regierung vor eineinhalb Jahren ein Papier übergeben, in dem detailliert aufgeführt ist, wie diese Punkte pragmatisch umgesetzt werden könnten. Dennoch sei seitdem nur sehr wenig passiert, gibt Hallmann zu bedenken.

Harro Hallmann hofft auf weitere Fortschritte bei verschiedenen Themen zum Minderheitenschutz und zur Sprachencharta. Foto: Gwyn Nissen

Bericht bis zum Herbst

Ein Punkt, der vom Expertenkomitee gerne aufgegriffen wird. „Es ist ein wichtiges Thema, das wir heute auch besprochen haben, weil sich die deutsche Minderheit wünscht, dass Dänemark weitere Punkte ratifiziert und in Zukunft weitere Punkte umsetzt. Das unterstützen wir natürlich“, sagt Benjamin Quaderer. Denn genau dafür sei die Charta schließlich da.

Und deswegen sei der Bericht, der auf Grundlage des Monitorings vom Expertenkomitee erstellt wird, auch entscheidend, ergänzt Harro Hallmann. Dann könne man schwarz auf weiß sehen, in welchen Bereichen Dänemark noch nachbessern kann. Der Bericht soll voraussichtlich im Herbst vom Europarat der dänischen Regierung vorgelegt werden.

In fünf Jahren soll dann erneut ein Komitee aus Expertinnen und Experten nach Nordschleswig kommen, um die bis dahin erzielten Fortschritte erneut kritisch zu beleuchten. Denn gut Ding will Weile haben. „Die Informationsmittel in Höhe von 2,4 Millionen Kronen, die wir jetzt bekommen haben, das ist ja eine klare Verbesserung. Aber es ist auch etwas, woran wir 10 Jahre gearbeitet haben“, sagt Harro Hallmann.

Expertinnen- und Expertenkomitees

Jeder Mitgliedsstaat des Europarates entsendet eine Expertin oder einen Experten. Daraus bilden sich verschiedene Arbeitsgruppen, die aus zwei bis drei Personen bestehen. Sie führen dann Besuche in den jeweiligen Staaten durch, bei denen sie sich über die Anwendung der entsprechenden Charta informieren.

Das Expertinnen- und Expertenkomitee für die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten besteht in diesem Jahr aus David Smith als Vertreter des Vereinigten Königreiches. Weiteres Mitglied ist Nebojsa Vucinic als Vertreter Montenegros.

Das Expertinnen- und Expertenkomitee für die Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen setzt sich aus Ljudmila Popovic aus Serbien und Benjamin Quaderer als Vertreter Liechtensteins zusammen.

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