Leitartikel

„US-Wahlen: Schwiegertochter gesucht“

US-Wahlen: Schwiegertochter gesucht

US-Wahlen: Schwiegertochter gesucht

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
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Die dänisch-amerikanischen Beziehungen stehen, – sollte Donald Trump zum Präsidenten gewählt werden – vor einer schweren Bewährungsprobe. Ex-Chefredakteur Siegfried Matlok analysiert dänische Positionen und Risiken im Falle Trump 2.0. Auf eine Schwiegertochter des Präsidentenkandidaten kann die dänische Regierung diesmal nicht zählen.

In einer seiner letzten Wahlkampf-Reden hat sich der frühere US-Präsident Donald Trump, dessen Vorfahren aus dem rheinland-pfälzischen Ort Kallstadt stammen und die übrigens ursprünglich Drump hießen, bitter über die Deutschen und Angela Merkel beschwert, weil sie ihn nach seinen Worten „nicht lieben“. Eine ähnliche Bannbulle hat er nicht über die Däninnen und Dänen verhängt, aber auch in Dänemark ist Trump wahrlich nicht „everbybodys darling“.  Im Gegenteil, die allermeisten Dänen hoffen auf die Demokratin Kamala Harris, die der dänischen Bevölkerung und vor allem der SVM-Regierung zweifelsohne viel besser in den Kram passen dürfte. Dennoch: Mette Frederiksen ist auf alle Fälle vorbereitet – auf Donald Trump und ist alarmiert!

Die Sozialdemokratin hatte ja schon mal ein gewagtes „Tänzchen“ mit Trump, als sie 2019 seinen im „Wall Street Journal“ gemachten Vorschlag, Dänemark per Deal Grönland abzukaufen, mit den Worten „absurd“ in die Schranken verwies und dadurch auch  international für eigene Statur sorgte. Trump war allerdings schwer beleidigt, nannte Frederiksen „nasty“, was mit „ekelhaft, böse, gemein oder unangenehm“ übersetzt werden kann, jedoch eine Charakterisierung, die Trump zuvor auch der früheren demokratischen Spitzenpolitikerin  Nancy Pelosi angehängt hatte.  Verärgert über die klare dänische Antwort sagte Trump seinen für den 2./3. September 2019 bereits geplanten Dänemark-Abstecher kurzfristig ab. Später gab es allerdings ein Telefongespräch zwischen Trump und Frederiksen. Wer sich dabei bei wem entschuldigt hat, ist unbekannt, jedoch hat Trump sich danach wesentlich freundlicher über Mette Frederiksen  geäußert, ja sogar mit Respekt!  

Seit seiner ersten Amtszeit hat sich aber für Dänemark die geopolitische Weltlage entscheidend verändert – durch den brutalen russischen Angriff auf die Ukraine. Mette Frederiksen war im vergangenen Jahr Gast im Weißen Haus, und US-Präsident Biden würdigte dabei Dänemark als einen der treuesten Verbündeten. 

Für Dänemark waren die USA und Nato seit 1949 existenziell, nicht nur während des Kalten Krieges, sondern vor allem auch in den Zeiten von Anders Fogh Rasmussen und Bush Jr. Dänemark unterstützte mit eigenen Truppen die Irak-Invasion der USA und ihren Kampf gegen den Terror in Afghanistan, der auch viele dänische Soldatenleben kostete. Nun spielt sich aber ein gefährlicher Konflikt in der Ukraine ab, also praktisch vor der Haustür, nur gute zwei Flugstunden von Kopenhagen entfernt. Mette Frederiksens Regierung hat vor diesem düsteren Hintergrund im vergangenen Jahr nach ihrem Besuch in Washington eine historische Entscheidung getroffen und ein zehnjähriges Militärabkommen mit den USA über die Stationierung von US-Boys in Dänemark abgeschlossen, damit werden erstmalig ausländische Truppen auf dänischem Boden stationiert, ja Mette Frederiksen sagte voraus, dass man in Skrydstrup nicht überrascht sein dürfe, wenn dort künftig nun amerikanische Soldaten im Straßenbild auftauchen. 

Dänemark ist das Land neben USA, das die Ukraine pro Kopf der Bevölkerung militärisch und finanziell am meisten unterstützt; laut Staatsministerium offiziell seit 2022 mit sage und schreibe 51,9 Milliarden Kronen militärisch und zusätzliche 5,1 Milliarden Kronen für zivile Projekte. Kein Wunder also, dass der ukrainisvhe Präsident Volodymyr Zelensky, der in der vergangenen Woche an der Sitzung des Nordischen Rates auf Island teilnahm, in einer Rede vor den nordischen Regierungschefs direkt Dänemark und Mette Frederiksen mit einem besonderen „tak“ hervorhob. Der Präsident, den offenbar auch eine persönliche Freundschaft mit Mette Frederiksen verbindet, setzt seine Hoffnungen auf die nordischen Länder, die ja inzwischen alle Nato-Mitglieder sind. 

Mette Frederiksen ist 150-prozentig pro USA und tritt gewiss nicht mit weniger Verve für die Ukraine ein, ja sie ist im Kampf für die Ukraine sogar noch einen Schritt weitergegangen als die offizielle US-Politik.  Sie fordert von den Verbündeten, dass sie endlich bereit sein müssen, auch Mittelstrecken-Raketen zur Verfügung zu stellen, um auch russische Angriffsziele zu treffen.  Diese kritische Adresse richtet sich indirekt an den deutschen Bundeskanzler Scholz, der es bisher – stets unter Hinweis auf Konsens mit US-Präsident Biden – abgelehnt hat, solche weitreichenden Waffen freizugeben, um - so die Berliner Begründung – nicht die Nato in einen Krieg mit Putins Russland hineinzuziehen. 

Frederiksens aktivistische Haltung ist bisher unter den dänischen Parteien unumstritten, aber sie kollidiert natürlich direkt, ja fast konfrontativ mit der von Donald Trump verkündeten Absicht, mit Putin einen Ukraine-Deal abzuschließen, um den Krieg zu beenden.  Nicht nur aus Sorge vor den Konsequenzen für die Ukraine, für die Nato und Europa fürchtet die dänische Regierung eine Rückkehr von Trump ins Weiße Haus, die auch handelspolitisch wegen seiner protektionistischen Zollpolitik „America first“ für die dänischen Exporte große Risiken in sich birgt. 

Zwar wird nach außen hin Ruhe bewahrt, ja Außenminister Lars Løkke glaubt sogar, Trump im Falle seiner Wahl besser „in den Griff“ zu bekommen als in seiner ersten Periode.

Um Trump bei Laune zu halten, fehlt Dänemark diesmal aber eine Frau, die zuvor für den dänischen Haussegen in der Familie Trump gesorgt hat. Vanessa Trump, eine diplomatische „Wunderwaffe“, die der frühere dänische Botschafter in Washington, der aus Tondern stammende Lars Lose, entdeckt hatte: eine Schwiegertochter mit dänischen Wurzeln, ihr Großvater war der bekannte dänische Jazz-Pionier Kai Ewans (1906-1988). Als Lars Løkke in seiner Eigenschaft als Staatsminister vom Küchen-Telefon seiner Wohnung im Nyhavn Donald Trump zur Präsidenten-Wahl telefonisch gratulierte, sprach er gleich geschickt die dänische Verwandtschaft an – und siehe da, plötzlich rief Trump begeistert sogar seine anwesende Schwiegertochter ans Telefon.  

Und der raffinierte Løkke lud Vanessa Trump 2017 zu einem Geheimbesuch ihrer dänischen Ahnen auf der kleinen Insel Orø im Isefjord bei Holbæk ein – zusammen mit Kronprinzessin Mary unter strengster Bewachung von „Secret Service“-Agenten, sodass die Visite erst durch die Lokalzeitung „Orø Nyt“ an die Öffentlichkeit drang. 

Nur, Pech für Løkke und Mette Frederiksen:

Vanessa wurde 2023 von ihrem Ehemann Donald Trump Jr. geschieden. 

So muss man sich – falls Donald Trump Senior gewinnt – mit einer Melodie von Kai Ewans trösten, der einst textete: 

"Det bli'r aldrig det samme igen" (Es wird nie mehr sein, wie es war).

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