Umwelt und Klima

Erklärung: Deshalb ist es noch ein weiter Weg bis zu sauberen Förden

Erklärung: Deshalb ist es noch ein weiter Weg bis zu sauberen Förden

Deshalb ist es noch ein weiter Weg bis zu sauberen Förden

Kopenhagen
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Ein Schiff der Umweltbehörde war in der vergangenen Woche im Alsensund unterwegs. Es kann noch Jahrzehnte dauern, bis es hohe Sauerstoffwerte messen wird. Foto: Karin Riggelsen

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Das grüne Dreier-Abkommen wird die Landschaften Nordschleswigs sichtbar und umfassend ändern. Noch ungewiss ist, ob sie auch die Ziele für den Gewässer- und Klimaschutz sowie die Artenvielfalt erreichen wird. Walter Turnowsky erklärt, worum es in der Absprache geht und beantwortet die wichtigsten Fragen.

„Historisch“: Den Begriff verwendeten Politikerinnen und Politiker, als sie am Montag das grüne Dreier-Abkommen bei einer Pressekonferenz vorstellten.

Ob es tatsächlich die Bezeichnung „historisch“ verdient, wird sich frühestens in zwei bis drei Jahren herausstellen. Fest steht jedoch bereits jetzt, dass die Landschaften innerhalb kurzer Zeit anfangen werden, sich zu verwandeln.

Wo jetzt Mais- oder Weizenfelder liegen, werden vielerorts Bäume gepflanzt, oder es wird der Natur ihren Lauf gelassen. In Nordschleswig sollen Bäuerinnen und Bauern eine Fläche größer als Alsen (Als) nicht mehr bewirtschaften.

Was sind Ziele dieser Absprache?

Es sollen im Wesentlichen drei Probleme gelöst werden. 

  1. Der Ausstoß von Klimagasen aus der Landwirtschaft soll reduziert werden. Es handelt sich hier vornehmlich um Methan vom Vieh und CO₂ aus kohlenstoffreichen Niederungen. 
  2. Der Eintrag von Stickstoff in die Gewässer soll verringert werden. Er ist hauptverantwortlich für Algenblüten und dadurch entstehenden Sauerstoffschwund. 
  3. Die Artenvielfalt soll größer werden und mehr Natur entstehen.

Wie sollen diese Ziele erreicht werden?

  1. Klima: Im Wesentlichen plant man hier, zwei Werkzeuge zu nutzen. Eine CO₂-Steuer soll auf den Ausstoß von Klimagasen von Haustieren und von den Niederungen gelegt werden. Außerdem sollen landesweit 140.000 Hektar Niederungen zu unbewirtschafteten Wiesen und Feuchtgebieten umgewandelt werden. 
  2. Gewässerschutz: Es werden 250.000 Hektar Wald angepflanzt. Dies soll auf Flächen geschehen, von denen besonders viel Stickstoff in die Gewässer gelangt. Diese Flächen liegen vornehmlich entlang von Auen, über die das Nährsalz dann ins Meer gelangt. 
  3. Artenvielfalt: Von dem neu angepflanzten Wald soll knapp die Hälfte zu unberührtem Wald werden. Die feuchten Niederungen werden zu naturbelassenen Gebieten.

Wann werden die Förden und Binnengewässer wieder sauber?

Das ist ungewiss, aber die kurze Antwort ist: Das wird noch dauern. Einer der führenden Experten im Bereich Gewässerschutz, Professor Stiig Markager von der Universität Aarhus, befürchtet, dass die Meeresumwelt sich erst nach Jahrzehnten erholt haben wird.

Konkret müssen zuerst die landwirtschaftlichen Flächen gefunden werden, die stillgelegt werden sollen. Dafür legt die Absprache eine Frist bis 2027 fest. Danach wird es weitere Jahre dauern, bis ein deutlich geringerer Gehalt von Stickstoff in den Förden gemessen werden kann.

Und danach müssen sich die Ökosysteme erst wieder regenerieren; Seegras und Tang müssen anwachsen. 

Werden die Ziele überhaupt erreicht?

Das ist bezüglich Klima- und Gewässerschutz nach Expertenmeinung noch ungewiss. Die Artenvielfalt wird zweifellos gefördert.

Der Vorsitzende des Klimarates, Peter Møllgaard, sagt, der Rat könne noch nicht einschätzen, ob die Landwirtschaft genügend zum Erreichen des 2030-Ziels beitragen wird. Bis dahin möchte Dänemark den Ausstoß von Klimagasen um 70 Prozent reduzieren.

Beim Gewässerschutz melden Markager sowie Professorin Karen Timmerman von DTU Aqua und Seniorberater Jens Würgler Hansen von der Universität Aarhus ebenfalls Zweifel an. 

„Wir haben viele Absprachen gesehen, aus denen am Ende nichts geworden ist“, sagt Würgler Hansen laut „Ritzau“. 

Alle vier Forschenden sind besorgt, weil es zunächst für die Landwirtinnen und Landwirte freiwillig ist, ob sie ihre Flächen abgeben wollen. Erst nach 2027 wollen die Politikerinnen und Politiker zu Regulierungen greifen, falls nicht genug Flächen gefunden worden sind. 

Bei allen Vorbehalten sehen Møllgaard, Markager, Timmerman und Würgler die Absprache als einen großen Fortschritt für Klima, Umwelt und Natur. Das Wort „historisch“ nehmen sie jedoch nicht in den Mund. 

Wie soll die Absprache umgesetzt werden?

In 23 lokalen Dreier-Verhandlungen sollen sich die Kommunen, die Landwirtschaftsorganisationen und Umweltverbände zusammensetzen. Gemeinsam sollen sie Pläne dafür erarbeiten, welche landwirtschaftlichen Flächen stillgelegt werden sollen. Diese Pläne sollen Ende des kommenden Jahres fertig sein. 

Die betroffenen Landwirtinnen und Landwirte können entweder die Flächen gegen Bezahlung in Wald oder Natur umwandeln, sie verkaufen oder gegen Ersatzflächen, die der Staat zuvor aufgekauft hat, eintauschen. Wie erwähnt, ist es für sie freiwillig, ob sie sich beteiligen. Die Regierung hat mit den Vertragsparteien vereinbart, dass insgesamt 43 Milliarden Kronen für Zuschüsse, Flächenaufkauf und Aufforstung zur Verfügung gestellt werden. 

Diese lokalen Verhandlungen folgen den Grenzen der bereits definierten Einzugsgebiete für die Fließgewässer. Für diese Gebiete existieren bereits entsprechende Organisationen, die „Vandoplandsstyregrupper (VOS)”. Diese werden jetzt in die lokalen Drei-Parteien-Gespräche umgewandelt.  

Falls bei den lokalen Gesprächen bis 2027 nicht genug Flächen gefunden worden sind, um den Stickstoffeintrag ausreichend zu reduzieren, sollen die Anbaumöglichkeiten für das gesamte Einzugsgebiet reguliert werden. Das würde bedeuten, dass je nach Lage auf gewissen Flächen nur bestimmte Pflanzen angebaut werden dürfen. So wird beim Anbau von Mais wesentlich mehr Stickstoff ausgewaschen als bei Gras. 

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