50 Jahre EU: Einer wird gewinnen
Liebe mit Traumpaar und „gewisse Spannungen“ in der deutschen Minderheit
Liebe mit Traumpaar und „gewisse Spannungen“ in der deutschen Minderheit
Liebe mit Traumpaar und „Spannungen“ in der Minderheit
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Geschichte: Die Zusammenarbeit in Europa steht immer wieder auf dem Prüfstand – man ist auf der Suche, aber auch auf der Hut. Der Weg zur Europäischen Union prägt auch die deutsche Minderheit, weiß Seniorkorrespondent Siegfried Matlok in der Serie „50 Jahre EU“ zu berichten.
Die klare Entscheidung des Folketings für den dänischen Beitritt zur EFTA, dem Klub der „Sieben“, hatte in Dänemark die politischen Gemüter keineswegs beruhigt. Der sozialdemokratische Außenminister Jens Otto Krag verhehlte nicht, dass die „Sieben“ für und seine Partei „keine Ideallösung“ sei und es sich deshalb bei dem Beschluss nur „um einen vorläufigen Schritt“ gehandelt habe.
Ein privater Schritt von Krag stahl in diesen Tagen der marktwirtschaftlichen Spaltung die Überschriften der dänischen Presse: Der stark umworbene Junggeselle Krag hatte Ende Juli 1959 die wohl populärste dänische Schauspielerin, Helle Virkner, geheiratet.
Still und heimlich sollte diese – angeblich spontane – Promi-Hochzeit stattfinden, doch im Trauungsraum der kleinen französischen Gemeinde Roquebrune-Cap-Martin war fast kein Platz für die Neu-Verliebten: die dänische und ausländische Presse hatte ein neues Traumpaar entdeckt.
Krags Selbstinszenierung
Natürlich hatte Profi Krag den entsprechenden Medienrummel inszeniert. Ihm, dem eine gewisse Kühle nachgesagt wurde, war durchaus bewusst, dass eine Hochzeit mit seiner „Traumprinzessin“ seine politische Karriere noch weiter beflügeln würde.
Obwohl in den USA John F. Kennedy erst 1960 ins Weiße Haus einzog, wurden Jens Otto Krag und Helle Virkner bereits mit John F. Kennedy und Jacqueline/Jackie verglichen.
Die Hochzeitsreise ging zur gemeinsamen Adresse, Egernvej auf Frederiksberg, doch blieb nicht viel Zeit für Honeymoon: Die politische Pflicht rief und brachte Krag noch mehr Verantwortung.
Sozialdemokratische Schicksalsschläge
Die Sozialdemokratie hatte im Januar 1955 durch einen plötzlichen Herz-Tod in einem Stockholmer Hotelbett ihren Parteivorsitzenden und Staatsminister, den nur 51-jährigen Hans Hedtoft verloren.
Am 19. Februar 1960 musste die Partei einen neuen Schicksalsschlag hinnehmen: Hedtofts Nachfolger H. C. Hansen starb im Alter von 53 Jahren nach längerer Krankheit an Krebs, ein schwerer Verlust.
H. C. Hansen: Der Architekt von Bonn-Kopenhagen
H. C. Hansens Name bleibt stets mit großen außenpolitischen Erfolgen verbunden. 1955 war er der dänische Architekt beim historischen deutsch-dänischen „Doppelbeschluss“, der einerseits die Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die Nato erreichte, und andererseits gleichzeitig die Bonn-Kopenhagener-Minderheitenerklärungen sowohl für die dänische Minderheit in Südschleswig als auch für die deutsche Minderheit in Nordschleswig sicherte.
Hansen hatte Vertrauen in die neue westdeutsche Demokratie gesetzt und persönlich Bundeskanzler Konrad Adenauer schätzen gelernt.
Nicht zu vergessen sind aber auch sein enges Verhältnis zu den USA. Stark anti-kommunistisch hatte der frühere Widerstandskämpfer während der Besatzungszeit auch als „informeller Mitarbeiter“ für den amerikanischen Geheimdienst gearbeitet.
Dänemarks atomares Geheimnis
1957 hatte er – streng geheim – den Amerikanern die Erlaubnis zur Stationierung von „Ammunition besonderer Art“ auf Grönland zugesagt, also die Existenz von Atomwaffen auf dänischem Boden, was er und seine Nachfolger jedoch jahrzehntelang aus Sicherheitsgründen als Staatsgeheimnis verschwiegen. Innenpolitisch galt die Einführung der Volkspension 1957 als sein größter Erfolg.
Nun musste die Sozialdemokratie innerhalb von wenigen Jahren zum dritten Mal einen neuen Vorsitzenden/Staatsminister/Regierungschef finden.
Akademiker Krag schien vielen noch zu unerfahren als Parteiführer, und deshalb fiel die Wahl auf den 50-jährigen Viggo Kampmann, der sich bereits als Finanzminister einen Namen gemacht hatte und der die unter seinen Vorgängern erfolgreiche Sozial- und Wirtschaftspolitik fortsetzen sollte.
Krag und de Gaulles Veto
Während Hedtoft, der sich stets um einen Ausbau der nordischen Zusammenarbeit bemüht hatte, und H. C. Hansen, der sich für enge Kooperation mit den Amerikanern und der Bundesrepublik in der Nato eingesetzt hatte, beide über außenpolitische Qualitäten verfügten, war der Ökonom Kampmann nur der „Zahlenmeister“.
Also blieb das gesamte Feld der Außenpolitik, insbesondere auch das ungelöste Problem der marktwirtschaftlichen Orientierung Dänemarks in Europa, das alleinige Betätigungsfeld des ambitionierten Krag.
Am 1. Juli 1960 wurden die Zollsätze unter den sieben Mitgliedern der „Europäische Freihandelsassoziation“ um 20 Prozent gesenkt. Davon profitierte vor allem der dänische Bacon-Export nach Großbritannien, doch für den Absatz in die sechs EWG-Länder mussten jeweils bilaterale Lösungen gefunden werden.
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Krag sah die Möglichkeit, die Rolle als Brücke zwischen den Blöcken zu spielen, wie es sich Bonn von Kopenhagen erhoffte, doch in Paris wollte der 1959 zum Staatspräsidenten gewählte General Charles de Gaulle nichts von einer britischen Mitgliedschaft wissen.
Solange er jedoch sein Veto gegen London aufrechterhielt, war für Dänemark jede Hoffnung auf eine gesamteuropäische Lösung gestorben. Ungeachtet der unterschiedlichen Gefühle und Interessen war sich die dänische Politik letztlich jedoch in einem Punkte völlig einig: ohne Großbritannien geht gar nichts für Dänemark!
Nordschleswig im Niemandsland
Für die deutsche Minderheit ergab sich daraus eine besondere Situation, die der Vorsitzende Hans Schmidt-Oxbüll wie folgt beschrieb: Nordschleswig im Niemandsland. Aufgabe der Minderheit sei es, für die Überwindung der Grenze zu sorgen, meinte der Abgeordnete.
Im Programm für die Folketingswahl am 15. November 1960 wurde deutlich, dass auch für die Partei der deutschen Minderheit eine neue Zeit begonnen hatte, wie so oft in den eigenen Reihen gesungen wurde.
Die Minderheit änderte Kurs, die Mitgliedschaft Dänemarks im gemeinsamen europäischen Markt stand bei den Themen nun in der Wichtigkeit erstmalig vor Abwicklung der Folgen der Sondergesetzgebung von 1945.
„Gewisse Spannungen“ um Schmidt-Oxbüll
Das Folketingsmandat von Schmidt-Oxbüll konnte erfolgreich behauptet werden: Mit rund 300 Stimmen Vorsprung gegenüber den Konservativen, aber es rumorte politisch in der Minderheit.
Schmidt-Oxbüll hatte Anfang 1960 den Hauptvorsitz in der Minderheit an Harro Marquardsen abgeben müssen. Nicht freiwillig, seine – oft verschwommen formulierten – Ideen von einer deutsch-dänischen Arbeitsgemeinschaft stießen auf Widerstand, und waren vielen in der Minderheit suspekt.
Nach außen hin wurde zwar betont, dass es sich nur um eine neue Arbeitsteilung handele und nicht um einen politischen Kurswechsel, aber „Der Nordschleswiger“ berichtete nach dem Deutschen Tag 1960, „dass von manchen die zum Teil sehr offenherzigen Aussprachen im Rahmen des Bundes bedauert wurden“.
„Eine offene Aussprache ist nicht nur Streit, sie ist auch zur Klärung nötig“, meinte „Der Nordschleswiger“, sichtlich bemüht, einen sich anbahnenden Konflikt um die politische Führung zu entschärfen.
„Gewisse Spannungen“ lagen jedoch in der Luft und sollten sich in den kommenden Jahren entladen.
„Wir Nordschleswiger sind oft undankbare Leute. Anstatt uns zu freuen, was wir in den 15 Jahren seit dem Kriege erreicht und wieder aufgebaut haben, jammern wir uns mitunter die Ohren darüber voll, was wir noch nicht erreicht haben.“
„Der Nordschleswiger“
1960 – ein ganz neues Wort
Trotz der marktwirtschaftlichen Schwierigkeiten in und mit Europa tauchte in der Jahresbilanz 1960 ein Wort auf, das es bisher nicht gegeben hatte: Hochkonjunktur!
„1960 war wohl ein gutes Jahr. Ganz Westeuropa. Und auch Dänemark schwamm auf den Wellen der Hochkonjunktur“, so der Leitartikler, der jedoch warnend hinzufügte:
„Die junge Generation von heute, kennt sie im Grunde anderes als Fortschritt, Vollbeschäftigung und steigenden Lebensstandard? Viele unserer ganz Jungen, die Kriege und Inflation nicht miterlebt haben, wissen kaum den Wert eines Stückchen Brotes wirklich zu schätzen. Vielleicht werden sie es noch lernen müssen ...“