Deutsche Minderheit
Europapolitik aus erster Hand am DGN in Apenrade
Europapolitik aus erster Hand am DGN in Apenrade
Europapolitik aus erster Hand am DGN in Apenrade
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Die schleswig-holsteinische Europaparlamentsabgeordnete Delara Burkhardt (SPD) diskutierte mit Schülerinnen und Schülern des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig. Die auf Umwelt- und Klimapolitik spezialisierte Parlamentarierin ist mit 29 Jahren das jüngste deutsche Mitglied in der Volksvertretung.
Mithilfe einer Video-Liveschaltung diskutierten am Freitag rund 60 Schülerinnen und Schüler des deutschen Gymnasiums für Nordschleswig (DGN) in Apenrade mit der schleswig-holsteinischen Abgeordneten im Europaparlament, Delara Burkhardt. Es wurden jede Menge Fragen gestellt und beantwortet.
Vorbereitung auf EU-Praktika in Brüssel
Die Veranstaltung ist auch Teil der Vorbereitung von zwölf DGN-Schülerinnen und -Schülern auf ein Praktikum bei Delara Burkhardt und weiteren deutschen und dänischen Mitgliedern sowie bei einem rumänischen Abgeordneten des EU-Parlaments im kommenden Jahr. Am Vorabend hatte das mit 29 Jahren jüngste deutsche Mitglied in der Volksvertretung der Europäischen Union mit Sitz in Straßburg ihren geplanten Besuch in Nordschleswig absagen müssen. „Wegen der Donnerstag verschärften Corona-Maßnahmen war keine Anreise aus Brüssel möglich“, so die privat in Kiel wohnende Burkhardt, die sich bei der vor allem in Brüssel angesiedelten Parlamentsarbeit auf die Themen Umwelt- und Klimapolitik spezialisiert hat.
Nach einer kurzen Vorstellung der Schülerschaft aus den drei Jahrgängen des Gymnasiums durch den DGN-Lehrer Gerret Liebing Schlaber präsentierte die in Siek im Kreis Stormarn geborene Politikerin ihren Werdegang. Mit dem Engagement bei den Jusos mit 15 Jahren, einem Politikstudium in Hamburg und Kiel und der Tätigkeit bei der Gewerkschaft Verdi und in einer Kommunikationsagentur sei ihr Weg in die Politik verknüpft. 2019 gelang ihr der Sprung ins Europaparlament.
Einführung in EU-Politik
Sie erläuterte kurz die Besonderheiten des EU-Parlaments, in dem es keine feste Regierungs- und Oppositionsfraktionen gebe, sondern gemischte Fraktionen mit Mitgliedern aus vielen EU-Ländern.
Oft wird über Fraktionsgrenzen hinweg zusammengearbeitet. Ich bin zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik gar nicht einig mit den dänischen Sozialdemokraten in der Fraktion.
Delara Burghardt (SPD), Mitglied des Europaparlaments
„Oft wird über Fraktionsgrenzen hinweg zusammengearbeitet. Ich bin zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik gar nicht einig mit den dänischen Sozialdemokraten in der Fraktion“, verriet Delara Burghardt und erklärte das „Dreiecksspiel“ von Parlament, EU-Kommission und den Ministerräten mit Repräsentanten der Mitgliedsstaaten. Diese müssten sich bei allen Vorhaben einigen, bevor Beschlüsse Gesetzeskraft bekommen können.
Auf Fragen der Schülerinnen und Schüler erklärte Delara Burkhardt auch, dass sie sich mit Minderheitenfragen ebenso wie mit LGBTQIA-Rechten auf europäischer Ebene befasse.
Minority Safepack weiter aktuell
Sie versprach, dass die Mehrheit im Europaparlament in Sachen Minority Safepack nicht lockerlasse. „Wir nehmen es nicht hin, dass die EU-Kommission sich weigert, das Thema nationale Minderheiten auf die Tagesordnung zu setzen“, sagte sie zu der auch von der deutschen und dänischen Minderheit im Grenzland getragenen europäischen Bürgerinitiative. Die Politikerin erinnerte daran, dass Nationalregierungen wie in Spanien beispielsweise wegen des Konfliktes mit dem nach Unabhängigkeit strebenden Katalonien Minderheitenpolitik aus der EU-Zuständigkeit heraushalten wollten.
Rückschritte für LGBTQIA
Zum Thema LGBTQIA-Rechte meinte Delara Burkhardt, dass auf diesem Gebiet leider in einigen Ländern wie Polen und Ungarn schlimme Rückschritte zu beobachten seien. „Grund- und Bürgerrechte werden in Teilen Europas mit Füßen getreten“, so die Abgeordnete, die sich aber optimistisch äußerte, dass es auf EU-Ebene gelingt, den Klimaschutz voranzutreiben. „Der Umweltausschuss des Europaparlaments ist der größte Ausschuss im Parlament“, sagte sie unter Hinweis auf die EU-Einigung auf eine Kohlendioxidbepreisung oder Auflagen zur Schaffung einer Kreislaufwirtschaft. „Es ist doch schlimm, dass es heute teurer ist, einen Laptop zu reparieren, als einen neuen Computer zu kaufen“, meinte sie mit Hinweis auf eigene Erfahrungen, als sie während der Homeoffice-Zeit ihr Gerät mit einer verschütteten Tasse Kaffee außer Betrieb gesetzt hatte.
Langer Atem auf EU-Ebene nötig
„Wir müssen europäischer und globaler denken“, so Burkhardt auf die Frage, wie sie die Zukunft des Kontinents angesichts der Corona-Krise sieht. Sie räumte ein, dass viele EU-Beschlüsse lange bis zur Umsetzung benötigen. „Ursache ist oft eine verschleppte Umsetzung in nationale Gesetze der Mitgliedsstaaten“, fügte die Abgeordnete hinzu. Und sie klagte auch darüber, dass die guten Beschlüsse der EU, wenn sich Kommission, Parlament und Mitgliedsstaaten einig geworden sind, oft nicht bekannt werden. „Es gibt im Vergleich zu den Zahlen in den Hauptstädten der Mitgliedsländer bei der EU in Brüssel nur sehr wenige Journalisten“, erklärte sie. Als EU-weite Aufgabe bezeichnete sie den Ausbau der Digitalisierung, denn Defizite auf diesem Gebiet hätten sich für viele Schüler während des Heimunterrichts nach den Corona-Schulschließungen negativ ausgewirkt.
Delara Burkhardt wies aber auch auf Probleme der digitalisierten Welt hin: „Da haben global tätige Konzerne viel zu viel Macht. Es ist ein Skandal, dass oft ein kleiner Buchladen mehr Steuern bezahlt als die großen Unternehmen mit ihren Milliardengewinnen.“
Zum Abschluss gab es Beifall für die junge Politikerin. Simon Søgaard, einer der Praktikanten, die im Februar nach Brüssel reisen, äußerte sich zufrieden mit der Veranstaltung. „Ich bin Praktikant bei Loránt Vincze, dem rumänischen Europaabgeordneten und Vorsitzenden des Minderheitenverbandes FUEN“, verriet der DGN-Schüler.