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Kommentar: SønderjyskE kommt nicht zur Ruhe
Kommentar: SønderjyskE kommt nicht zur Ruhe
Kommentar: SønderjyskE kommt nicht zur Ruhe
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Die SønderjyskE-Kicker haben in Farum nicht nur die Meisterschafts-Endrunde verpasst, sondern nach Wochen und Monaten voller Störfaktoren auch die Chance, für mehr Ruhe im Alltag zu sorgen. Ein Kommentar von Sportredakteur Jens Kragh Iversen.
Ein Tor am letzten Spieltag und ein Punkt in der Endabrechnung haben den SønderjyskE-Fußballern am Ende gefehlt, um in die Meisterschafts-Endrunde einzuziehen. Nach der regulären Superliga-Saison ist Tabellenplatz sieben herausgesprungen. Das ist unterm Strich auch dort, wo ein Klub wie SønderjyskE hingehört, gemessen an Etat und Voraussetzungen. Es fällt auch mit dem reichen Onkel aus Amerika im Rücken nicht schwer, sechs Klubs zu finden, die mehr Geld in ihre Fußball-Mannschaft investieren.
Dennoch findet man wohl kaum einen, weder bei SønderjyskE noch im Umfeld, der am Tag danach nicht mit einer großen Enttäuschung und dem Gefühl dasteht, dass die Hellblauen eine große Chance liegen gelassen und Top 6 selbst verschenkt haben.
SønderjyskE war am 8. November nach dem 8. Spieltag mit 17 Punkten Tabellenführer der Superliga. Seitdem sind nur drei von 14 Begegnungen gewonnen worden, gegen den FC Nordsjælland, FC Midtjylland und AC Horsens. Hinzu kommen zwei Unentschieden gegen OB. Der Rest wurde verloren. Nur Schlusslicht Horsens ist in diesem Zeitraum schlechter gewesen, und zwar nur um einen Punkt.
Gründe für den Einbruch gibt es viele. Oft entscheiden Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage. Beste Beispiele sind das Lotteriespiel auf einem unbespielbaren Acker gegen Vejle oder das Auswärtsspiel gegen AaB, das trotz Überlegenheit nach einer umstrittenen VAR-Entscheidung verloren wurde.
Die SønderjyskE-Kicker sind aber im Endeffekt nicht in der Lage gewesen, mit dem selbstauferlegten Druck umzugehen, sich die Top 6 als Ziel zu stecken, und die Störfaktoren der vergangenen Wochen und Monaten auszublenden.
Das Kompetenzgerangel nach der Übernahme der Platek-Familie kam im Wintertransferfenster zum Ausdruck. Es wurde nicht in die gleiche Richtung gerudert. Teammanager und Chefscout Michael Buchholtz musste gehen. In den USA sitzt aber weiterhin Analytiker Andrew Ramsey, der bei der Platek-Familie großes Vertrauen genießt und eine andere, datenbasiertere Transferpolitik fährt als man es bei SønderjyskE gewohnt gewesen ist. Dies sorgte für Frust bei Sportchef Hans Jørgen Haysen, der aber vermutlich auch so gegangen wäre. Der anschließende Fall Haysen und der Vorwurf der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz sind zusätzliche Störfaktoren gewesen.
Auch Glen Riddersholm hat sich schwer getan, seinen Frust zu verbergen. Allein auf der Kommandobrücke hat auch er Fehler gemacht. Sein Ausraster in Aalborg und sein Fehlen an der Seitenlinie beim Finale in Farum haben der Mannschaft nicht geholfen.
Die SønderjyskE-Kicker haben in Farum nicht nur die Meisterschafts-Endrunde verpasst, sondern auch die Chance, für mehr Ruhe im Alltag zu sorgen. Nun wartet stattdessen der Kampf um den Klassenerhalt und eine nervenaufreibende Abstiegsrunde über zehn Spieltage. Der Vorsprung auf die Abstiegsplätze beträgt zwar acht Punkte, doch von hinten kommt Lyngby mit vier Siegen aus den letzten fünf Spielen angedonnert. Am 8. November waren es noch 15 Punkte zwischen Tabellenführer SønderjyskE und Schlusslicht Lyngby. Es kann also schnell eng werden.
Es gibt aber keinen Grund zur Schwarzmalerei. SønderjyskE war in Farum einen besser platzierten Linksschuss von Emil Holm in der Nachspielzeit von der Meisterschafts-Endrunde entfernt und geht als Tabellensiebter in die Abstiegsrunde. Hinzu kommt ein Platz im Pokal-Halbfinale. Das ist alles im grünen Bereich, doch die Hellblauen müssen bald wieder in die Spur finden.
SønderjyskE hat in der laufenden Saison viele Gesichter gezeigt, und noch ist unklar, mit welchem Gesicht SønderjyskE die nahe Zukunft anpacken wird, auch auf Führungsebene. Der Klub stellt sich nach den Abgängen von Haysen und Buchholtz derzeit neu auf. Einiges deutet darauf hin, dass die Rollen neu definiert werden. Ein direkter Nachfolger von Haysen scheint nicht geplant, sondern vielmehr ein Geschäftsführer mit dem Titel CEO sowie ein weiterer Mitarbeiter in der sportlichen Leitung, der gemeinsam mit dem Amerikaner Andrew Ramsey für die Kaderplanung verantwortlich sein wird.
Die Coronapandemie hat alles erschwert, auf beiden Seiten des Atlantiks zueinander und eine gemeinsame Basis und Richtung für die Zukunft zu finden. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob dies auch gelingt.