SønderjyskE
„Western ohne Happy End“
Western ohne Happy End
Western ohne Happy End
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Die Ära Platek dauerte bei SønderjyskE weniger als zwei Jahre. Der US-Amerikaner hat mit seinen Landsleuten vieles zerstört. Zwei Vertreter der Baubranche müssen bei den Hellblauen für den Wiederaufbau sorgen, nachdem der Klub sportlich abgestiegen und finanziell mehr als angeschlagen ist. Ein Kommentar von Sportredakteur Jens Kragh Iversen.
Der Cowboy hat seinen Sheriff-Stern abgelegt und ist wieder auf die Prärie hinausgeritten. Im Herbst 2020 war er mit seinen Kumpanen ins verschlafene Nest Hadersleben gekommen und hatte mit vielen Goldmünzen in der Satteltasche seines Gaules das Sagen übernommen.
In diesem nur anfangs munteren Western hatte sich der Cowboy im Saloon in die Lady im hellblauen Kleid verliebt, doch die Romanze hielt nicht lange. Viele Gemeinsamkeiten hatte er beim ersten Hinschauen entdeckt, doch schnell stellte sich heraus, dass sie grundverschieden und die Differenzen unüberbrückbar sind.
Scherbenhaufen
Nach einer wilden Schießerei im Saloon hat der Cowboy im Saloon einen Scherbenhaufen hinterlassen. Der Barkeeper und sein Personal haben schon seit geraumer Zeit begonnen, die Scherben zu kleben und den Saloon wieder auf Vordermann zu bringen, doch es wartet noch viel Arbeit, bevor der Saloon wieder erstklassig ist.
Ein Western ohne Happy End.
Der Wilde Westen liegt weit zurück und der Abstand zwischen Hadersleben und Amerika ist groß. Der Abstand zwischen SønderjyskE und Robert Platek war vielleicht aber noch größer.
Böse Absichten darf man dem schwerreichen Amerikaner nicht unterstellen. Es gibt allen Grund zu glauben, dass er Gutes im Schilde führte, als er im Herbst 2020 nach dem damaligen portugiesischen Zweitligisten Casa Pia seinen zweiten Fußball-Klub kaufte.
Kaum einen Fehler ausgelassen
Weder er noch SønderjyskE haben aber die Hausaufgaben gemacht und gründlich untersucht, mit wem man sich da einlässt. Der finanziell klamme Pokalsieger von 2020 hat sich vom vielen Geld des Amerikaners blenden lassen und Platek hat sich nicht die Mühe gemacht, die Menschen in der Region und die Werte des Klubs zu verstehen. So ist das mühselig aufgebaute Fundament eingerissen worden.
Der größte Fehler von Platek ist die Wahl seiner Schlüsselmitarbeiter gewesen. Allen voran Andrew Ramsey und Nishant Tella, die im Laufe des vergangenen Jahres ausgeschieden sind, haben großen Schaden angerichtet. Die Arroganz der Amerikaner ist sportlich mit dem Superliga-Abstieg bestraft worden, aber auch finanziell hat es eine Ohrfeige gegeben.
Am Rande eines Konkurs
Platek selbst hat es versäumt, die Menschen in der Region von seinem Projekt zu überzeugen. Das Versteckspiel in der Presse geht ja noch, aber der Amerikaner hätte zumindest vor die Sponsoren treten müssen, um diese auf seine Seite zu bringen. So haben sich Sponsoren abgewendet. Und alles deutet darauf hin, dass SønderjyskE im Ende Juni abgelaufenen Haushaltsjahr das größte Minus der Vereinsgeschichte erzielt hat. Ein Defizit, das der milliardenschwere Robert Platek nicht mehr auffangen wird.
Es gibt sogar Anzeichen dafür, dass SønderjyskE zuletzt am Rande eines Konkurs stand, nachdem in den vergangenen zwei Jahren wie wild mit Geld um sich geworfen worden ist. Auch zum Fenster hinaus, nicht zuletzt an Spieler, die am Computer vielversprechend aussahen, aber es auf dem Platz nicht waren.
Der sportliche Misserfolg war sozusagen vorprogrammiert, die Fernsehgelder und andere Einnahmen sind in hohem Maße ausgeblieben.
Neue Geschäftsführung?
Die finanzielle Misswirtschaft lässt auch die Frage offen, ob CEO Jonas Lygaard noch eine Zukunft bei SønderjyskE hat. Der Fußballdirektor ist von den Amerikanern engagiert worden und vor einem Jahr mit vielen Ideen zur Tür reingekommen, doch die Vorgaben sind nicht erreicht worden.
Lygaard hat zwar im vergangenen Jahr mit einem smarten Schachzug den Vertrag des abwanderungswilligen Haji Wright verlängert und dadurch in diesem Sommer eine Ablösesumme von angeblich knapp zwei Millionen Euro erzwungen, doch ansonsten ist es dem Fußball-Direktor nicht gelungen, große nationale oder internationale Sponsoren an Land zu holen. Die erhofften Einnahmen sind hier gänzlich ausgeblieben. Da stand nicht etwa „Dell Computer“ auf der Brust der Spieler.
Robert Platek, der jahrelang mit dem Vermögen von Dell jongliert hat, und seine Landsleute haben zwar vor zwei Jahren SønderjyskE vor dem finanziellen Aus bewahrt, aber dem Klub nichts Gutes getan und SønderjyskE keineswegs in einem besseren Zustand hinterlassen.
Herzblut
An der Seitenlinie hat der nordschleswigsche Unternehmer Povl Davidsen mitansehen müssen, wie die Amerikaner das zerstört haben, was über anderthalb Jahrzehnte aufgebaut worden ist. Das hat ihm in der Seele wehgetan.
Der langjährige Mäzen und wohl wichtigste Unterstützer der Vereinsgeschichte ist nun selbst eingestiegen. Man kann sich sicher sein, dass er voller Herzblut dabei sein wird und auch sicherstellen wird, dass die neuen Investoren aus Hedensted nicht vom Kurs abkommen, egal welche Gründe sie für den Einstieg in die Fußball-Branche haben.
Es spricht Bände, dass gerade zwei Vertreter der Baubranche für den Wiederaufbau von SønderjyskE sorgen müssen. Der Baumarkt-Besitzer und der Stahlmagnat.
Es gibt keine Garantie dafür, dass jetzt wieder alles gut wird. Es ist aber ein guter Tag für SønderjyskE. Und es bleibt die Hoffnung, dass auch SønderjyskE-Fans in absehbarer Zeit an Western wieder Freude finden.