SønderjyskE
Der Wandel eines Fußball-Klubs
Der Wandel eines Fußball-Klubs
Der Wandel eines Fußball-Klubs
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Die SønderjyskE-Mannschaft hat ein anderes Gesicht bekommen. Die Zeit wird zeigen, ob teurere Kicker mit höherer individueller Qualität die Verluste in Sachen Kollektiv und Gemeinschaftsgefühl wettmachen können. Ein Kommentar von Sportredakteur Jens Kragh Iversen.
Im Land von Hans Christian Andersen war es ein Fußball-Märchen. Ein Märchen von einem kleinen Klub mit wenig Geld, der von allen Seiten als Absteiger abgestempelt wurde und wie eine Hummel fliegen konnte, obwohl sie eigentlich nicht dazu in der Lage war. Sympathien flogen der Hummel entgegen, nicht zuletzt weil man Baustein für Baustein das Fundament legte und ständig zulegte, und der Respekt wurde nur noch größer, als es 2016 eine sensationelle Vizemeisterschaft und 2020 mit dem fast ebenso unerwarteten Pokalsieg den ersten Titel der Vereinsgeschichte gab.
Beim Pokalsieg waren die ersten großen Schritte in Richtung Professionalisierung des Klubs gemacht worden, es ist dennoch ein komplett verändertes SønderjyskE, das man jetzt zu Gesicht bekommt.
„Wir werden SønderjyskE so weiterbetreiben, wie wir es kennen, und das ändert sich nicht, weil das Superliga-Projekt einen neuen amerikanischen Eigentümer hat“, hatte Claus Guldager, Vorstandsvorsitzender von Sønderjysk Elitesport A/S, noch im September 2020 gesagt. Er sah sich getäuscht, und die Fans, die es glaubten, ebenso. Weniger als ein Jahr später ist der Klub total umgekrempelt.
So ging es nicht mehr weiter
Veränderungen waren zu erwarten. Das ist das gute Recht eines neuen Eigentümers und auch völlig nachvollziehbar. Die Kommunikations-Strategie der schweigenden Platek-Familie ist aber ein Desaster gewesen und hat nicht zum Aufbau einer Liebesbeziehung zwischen dem Landesteil und den US-Amerikanern beigetragen.
In diesem Landesteil sind Veränderungen nicht immer gerne gesehen. Veränderungen können aber auch gut sein. Das alte SønderjyskE war an eine Barriere gestoßen, die bisherigen Geldgeber wollten nicht zusätzliches Geld ausgeben – so ging es nicht mehr weiter. Veränderungen mussten her, es kann jedoch diskutiert werden, ob der radikale Schnitt der richtige war.
SønderjyskE hat seine Merkmale und seinen Charme früherer Tage verloren. Jetzt ist es ein Profi-Klub wie jeder andere auch, wo in erster Linie das Geld über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Das merkt man auch auf dem Trainingsplatz. Es wurde auch in der Vergangenheit professionell gearbeitet, aber man hatte immer noch den Hauch eines Gefühls, dass sich hier Kumpels zum Kicken treffen. Die Stimmung hat sich geändert. Sie ist keineswegs schlecht, nur eben anders. Man hat eher den Eindruck, hier gehen Profi-Fußballer zur Arbeit.
SønderjyskE hat sportlich auch viel Arbeit vor sich. Es müssen die Ärmel hochgekrempelt werden, denn die Superliga ist stärker denn je, und die Hellblauen stehen mitten im Abstiegskampf. In Sachen Abstiegskampf besaß das alte SønderjyskE den Schwarzen Gürtel, doch davon ist nicht viel übrig geblieben. Viele Kulturträger haben den Verein verlassen oder verlassen müssen. Eine neue Kultur muss erst aufgebaut werden.
Das Kollektiv leidet
Die SønderjyskE-Mannschaft hat ein anderes Gesicht bekommen. Die Zeit wird zeigen, ob teurere Kicker mit höherer individueller Qualität die Verluste in Sachen Kollektiv und Gemeinschaftsgefühl wettmachen können.
Auf der Führungsetage ist der Klub neu und professioneller aufgestellt worden. Die vielen neuen Leute müssen ihre Rollen aber erst finden, auch im kleinen Fußball-Konsortium der Platek-Familie, wo man nicht den Eindruck hat, dass die Belange von SønderjyskE erste Priorität genießen.
Das neue SønderjyskE muss schnell die Kurve kriegen und in die Spur finden. Gelingt dies nach einem holprigen Start, könnten die Hellblauen vor einer interessanten Zukunft stehen.
Nur Erfolge können dem neuen SønderjyskE weiterhelfen, auch in der Liebesbeziehung mit dem Landesteil.