Deutsche Minderheit

Grenzenloser Dialog: Deutsch-dänischer Austausch bringt neue Einblicke

Grenzenloser Dialog: Deutsch-dänischer Austausch bringt neue Einblicke

Grenzenloser Dialog: Austausch bringt neue Einblicke

Nordschleswig
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Beim Erfahrungstausch konnten die Teilnehmenden sich und Nordschleswig kennenlernen. Foto: Amanda Klara Stephany

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Bei einem Besuch der Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde Stockelsdorf hat die deutsche Minderheit mit Gastfreundlichkeit geglänzt. Der von Interreg geförderte Erfahrungsaustausch hatte aber nicht nur kulturelle Hintergründe. Eine Partnerschaft auf Vereinsebene könnte der nächste Schritt sein – und auch politisch könnten die gesammelten Erfahrungen für die Gäste aus Deutschland nützlich sein.

Knivsberg, Deutsches Museum Sonderburg, Haus Nordschleswig und Haus Quickborn – für den Erfahrungsaustausch des Sozialdienstes Nordschleswig mit Bürgerinnen und Bürgern der ostholsteinischen Gemeinde Stockelsdorf bei Lübeck in Schleswig-Holstein wurde ein vielfältiges Programm an zwei Tagen auf die Beine gestellt. 

Ziel des von der EU mit 4.000 Euro geförderten Interreg-Programms war es, ein besseres gegenseitiges Kennenlernen zu ermöglichen und Barrieren abzubauen. „Das ist in der heutigen Zeit sehr wichtig“, erklärt Willi Schidlowski, wiedergewählter Vorsitzender des Seniorenausschusses des Sozialdienstes Nordschleswig.

Eine Haltestelle war etwa die deutsche Bücherei im Haus Nordschleswig. Foto: Amanda Klara Stephany

Zwei Tage in Nordschleswig 

Ingesamt 20 Frauen und Männer trafen sich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, um gemeinsam durch Nordschleswig zu reisen und die Arbeit der deutschen Minderheit besser zu verstehen. Der Austausch begann auf dem Knivsberg und führte weiter ins Deutsche Museum Sonderburg (Sønderborg) und ins Haus Nordschleswig. Dort trafen sie auch auf Hinrich Jürgensen, Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Gertraudt Jepsen, Vorsitzende des Sozialdienstes Nordschleswig, sowie auf Peter Asmussen, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig. Besonders für das offene Konzet der Bücherei zeigten die Gäste ein großes Interesse: „Wow, ihr habt also noch geöffnet, nachdem euer Personal gegangen ist?“, fragte eine Teilnehmerin erstaunt. Eine andere fragte sich: „Ob so etwas in Deutschland möglich wäre?“

Beim gemeinsamen Essen wurde viel diskutiert. Foto: Amanda Klara Stephany

Zwischen Unterschieden und Gemeinsamkeiten 

Die Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten beherrschte die Gespräche an diesen Tagen – was in Deutschland möglich wäre und was nicht. Dabei ging es eher entspannt als debattierend zu. Das liegt wohl auch an der besonderen Gastfreundlichkeit der Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger, wie deutsche Gäste immer wieder betonen. „Und am guten Wetter“, wie ein deutscher Besucher witzelte.

Zwischen Fischbrötchen und Softgetränken wurden die Unterschiede zwischen Dänemark und Deutschland diskutiert – mal humorvoll, mal ernst. Immer wieder fiel den Besucherinnen und Besuchern auch auf, dass das Vertrauen, das die Däninnen und Dänen in ihren Staat setzen, größer ist als das Vertrauen der Deutschen in ihren Staat. Denn beim Austausch ging es nicht nur um „Smørrebrød“ und „Schnittchen“, sondern auch um Themen wie Digitalisierung, Datenschutz und Rentensysteme. „Wir sind hierhergekommen, um zu erfahren, wie das Rentensystem in Dänemark funktioniert“, erklärte Jürgen Fischer, Vorsitzender des Stockelsdorfer Seniorenbeirats. In Stockelsdorf setzt er sich gegen Altersarmut ein und hat als Organisator eines Seniorenspaziergangs, der einen Inflationsausgleich für Rentnerinnen und Rentner fordert, bundesweit Zustimmung gewonnen. Die Reise nach Dänemark nutzte er auch, um das Wissen für seine politischen Anliegen zu vertiefen.

Austausch in bester Kulisse. Foto: Amanda Klara Stephany

Für Willi Schidlowski, der das Programm für die Teilnehmenden organisiert hatte, sind vor allem die Gespräche untereinander von großer Bedeutung. „Es sollen Gespräche über die Grenzen hinaus sein“, betonte er in einer Zeit, in der politische Diskussionen oft von Grenzen dominiert werden. Die Menschen könnten voneinander lernen und in den Dialog treten, ganz nach einem gemeinsamen gesamteuropäischen Grundgedanken, erklärte er.

Dass dieser Austausch überhaupt stattfinden konnte, verdankt Willi Schidlowski einer Anfrage des Seniorenbeirates Stockelsdorf bei der Kommune Apenrade (Aabenraa). Peter Asmussen wurde um Hilfe gebeten und stellte den Kontakt zum Sozialdienst her.

Jürgen Fischer (l.) und Willi Schidlowski freuen sich über die gelungene Veranstaltung. Foto: Amanda Klara Stephany

Hoffnung auf baldiges Wiedersehen

Beim abschließenden Kaffee und Kuchen im Haus Quickborn wurden auch die zukünftigen Projekte besprochen. Zuvor hatten die Teilnehmenden einen entspannten Strandbesuch genossen: Einige tauchten ihre Füße ins Wasser, andere bewunderten den Ausblick auf die Flensburger Förde. In Dänemark stehend, mit Blick auf Deutschland, reflektierte Fischer: „Man ist sich so nah, hatte aber bislang kaum Kontakt. Das wollen wir ändern. Ebenso würden wir uns über einen Gegenbesuch in naher Zukunft freuen.“

Auch Willi Schidlowski ist zufrieden mit den zwei ereignisreichen Tagen: „Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt, und es haben bereits Gespräche stattgefunden, um weitere Treffen in die Wege zu leiten. Es gibt bereits Interesse von Ortsvereinen, nach Stockelsdorf zu fahren. Das ist genau das, was wir wollen: eine Partnerschaft.“ 

Mögliche Verbindungen könnten auch zu Sportvereinen, etwa Schützenvereinen, hergestellt werden.

 

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