Museen in Nordschleswig
Mit deutscher Brille ins Museum
Mit deutscher Brille ins Museum
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Während die Grenzregion vieles miteinander teilt, unterscheidet sich die Sprache und zum Teil auch die Geschichtserzählung. Besonders Themen wie Kultur und Herkunft sind oft sensible Angelegenheiten. „Der Nordschleswiger“ hat sechs Museen mit Fokus auf deutsche Ausstellungstexte und die Geschichte der deutschen Minderheit in Nordschleswig besucht.
Die besuchten Museen haben wir in drei Kategorien eingestuft: überzeugt vollständig, kaum sprachliche Barrieren und noch Luft nach oben.
Überzeugt vollständig
Schloss Brundlund (Apenrade)
Von alten Gemälden zu moderner Kunst und Skulpturengarten: Das charmante Schloss Brundlund in Apenrade bietet auch deutschsprachigen Gästen eine große Bandbreite an Sehenswertem.
„Die meisten Besuchenden kommen aus Dänemark, gleich gefolgt von Deutschland“, verriet die Museumsmitarbeiterin Luise Beltoft dem „Nordschleswiger“.
Das lässt sich auch sehen, denn das Museum ist komplett dreisprachig – Dänisch, Deutsch und Englisch: von den Beschriftungen der Bilder nordschleswigscher Künstlerinnen und Künstler des 18. Jahrhunderts bis hin zur zeitgenössischen Kunst von Ragna Wehding.
„Erst seit dem vergangenen Jahr ist das ganze Museum dreisprachig, und die Gemälde sind auch auf Deutsch beschriftet. Gemacht wurde es auf Initiative von Besuchenden“, erzählte sie.
Aber nicht nur die Ausstellung, sondern auch der Museumsshop überzeugt: Neben dänischsprachigen gibt es auch deutsch- und englischsprachige Bücher zu kaufen.
Schloss Sonderburg (Sønderborg)
Neben der verwendeten Sprache auf Informationstafeln und Beschriftungen ist es auch wichtig, auf die Wortwahl und Geschichtserzählung bei sensiblen Themen, wie etwa bezüglich der Minderheiten und der jungen Vergangenheit, zu achten.
Das Schloss Sonderburg legt einen großen Fokus auf die Geschichte der Grenzregion. Insbesondere hier ist ein respektvoller Umgang mit den Minderheiten – auf beiden Seiten der Grenze – zentral.
Das Schloss Sonderburg macht dies sehr geschickt: Es wird nie von „der Minderheit“ gesprochen, als wäre es eine homogene Gruppe, und man legt den Besuchenden nahe, dass Geschichtserzählung aufgrund verschiedener Perspektiven immer unterschiedlich ist. In der Ausstellung „Fehden um die Vergangenheit“ wird der Streit zwischen Deutschland und Dänemark bis hin zur Zusammenarbeit beider Länder beleuchtet.
Auch die Wortwahl rund um die Zeit des Nationalsozialismus ist in Sonderburg neutral gewählt. So wird, im Vergleich zum Fröslevlager Museum, der Wunsch der deutschen Minderheit, Teil des Deutschen Reiches zu werden, in erster Linie auf die Nationalitätenfrage und die, im dänischen Blickwinkel, Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark nach den Volksabstimmungen zurückgeführt.
Die letzten Räume des Museums widmen sich der Gegenwart und erwähnen die Zusammenarbeit der Minderheiten – als eine gemeinsame Regionalität – und den Austausch beider Länder.
Kaum sprachliche Barrieren
Kunst- und Kulturhistorisches Museum Tondern (Tønder)
Kunsthandwerk Nordschleswigs, nordeuropäische Kunst aus dem 20. und 21. Jahrhundert und dänische Designermöbel: Mit einem Ticket gelangen Besuchende sowohl in das Kunstmuseum als auch ins Kulturhistorische Museum und können eine Menge Kunst und Kultur erleben.
Obwohl die Museen dreisprachig sind, unterscheiden sich die verschiedenen Ausstellungen im Hinblick auf Sprache.
Das Kulturhistorische Museum zeigt Kunsthandwerk mit starkem kulturellen Einfluss aus dem norddeutschen und friesischen Raum. Die Beschriftungen der verschiedenen Ausstellungen sind zwar dreisprachig, haben aber noch Verbesserungspotenzial: Erklärungen und Informationen auf Deutsch müssen Gäste auf kleinen Flyern oder in Schnellheftern lesen.
Diese befinden sich, teilweise etwas versteckt, nahe den Türen der Ausstellungsräume. Sie dienen nur der Übersetzung im Museum und dürfen nicht mitgenommen werden. Ob sich Museums-Besuchende wirklich Schnellhefter durchlesen oder die jeweilige Seite im Heft suchen, ist fraglich.
Im Vergleich zu Brundlund sind die Bilder im Kunstmuseum Tondern nur auf Dänisch beschriftet. Für deutschsprachige Besuchende gibt es jedoch einen Flyer, der über die Ausstellung informiert.
Das Wahrzeichen des Museums ist der Wasserturm. Dieser bietet nicht nur eine schöne Aussicht und eine Menge an Sitzmöglichkeiten von H. J. Wegner, sondern ist auch komplett dreisprachig.
Museumsarbeiterin Eva Dahlmann erzählte dem „Nordschleswiger“, dass Englisch als letzte der drei Sprachen ins Museum kam, und dass die meisten Besuchenden aus Dänemark und Deutschland kommen. Auf die Frage, ob auch deutsche Führungen angeboten werden, meinte sie nur lächelnd: „Wenn der Museumsmitarbeiter Deutsch spricht, gibt es auch eine deutsche Führung.“
Noch Luft nach oben
Fröslevlager Museum (Pattburg/Padborg)
Die ersten Baracken des ehemaligen Gefangenenlagers waren positiv überraschend. Die gesamte Beschriftung war sogar in drei Farben – eine pro Sprache – aufgeteilt.
Trotz des guten Starts war die letzte Baracke etwas enttäuschend. Diese behandelt das Faarhus Lager und die Zeit nach 1945. Nach dem Krieg wurden hier des Landesverrats Verdächtige interniert. Nachdem kurze Zeit dänische Widerstandskämpfer im Lager agiert hatten, kam es in die Regie des dänischen Strafvollzugs und diente nach Verurteilung vieler Internierter als Strafvollzugsanstalt.
Ein Großteil der Insassen waren Angehörige der deutschen Minderheit in Nordschleswig, die mit der deutschen Besatzungsmacht in Dänemark zwischen 1940 und 1945 kollaboriert hatten. Dass genau dieser Teil des Museums nur auf Dänisch beschriftet ist und für Informationen auf Deutsch ein kleines Heft gelesen werden muss, ist eigenartig – als gäbe es etwas zu verbergen.
Museumsmitarbeiterin Lisa Jonasson erzählt, dass die Ausstellung über das Faarhus-Lager die neueste im Museum sei. „Aufgrund des Designs war es nicht möglich, alle drei Sprachen auf die Infotafeln zu schreiben“, antwortete sie auf die Frage, warum alles nur auf Dänisch sei.
Das „Design-Problem“ wirkt eher wie eine Ausrede, da die älteren Teile des Museums dreisprachig sind und es noch genug Platz auf den Tafeln gibt.
Beim genaueren Durchlesen der Beschriftungen – sowohl auf Dänisch als auch im deutschen Heft – fallen einige unreflektierte Aussagen und eine einseitige Geschichtserzählung zum Schaden der Minderheit auf.
Aufgrund der Wortwahl wird die gesamte Minderheit als homogene Gruppe gesehen. Beim Wunsch der Minderheit, Teil des Deutschen Reiches zu werden, wird lediglich der Nationalsozialismus erwähnt. Die Frage der Nationalität und die Vorgeschichte der Region werden nicht erläutert.
Es wird auch beschrieben, dass sich im Lager eine Mentalität und Wut gegen Dänemark entwickelte. Eine Aufarbeitung oder einen Bezug zur Gegenwart gibt es nicht. Dadurch entsteht der Anschein, dass sich die Minderheit auch heute noch gegen den dänischen Staat stellt.
Im letzten Raum der Baracke wird ein Film gezeigt, dieser ist auch nur auf Dänisch.
„Wir haben leider nicht so viele deutsche Touristen, wie wir gerne hätten“, berichtete Lisa Jonasson. Ein weiterer Museumsmitarbeiter erzählte uns, dass sie bereits Aufforderungen von der deutschen Minderheit erhielten, Änderungen vorzunehmen. Diese wurden jedoch noch nicht verwirklicht.
Besonders bei einem so sensiblen Thema wie im Fröslevlager sind Aufarbeitung und Reflexion von Geschichte unumgänglich. Das Nationalmuseum hat hier auf jeden Fall noch viel zu tun.
Archäologiemuseum Hadersleben (Haderslev)
Wikingerinnen und Wikinger, Schmiede, Schuhmacher und vieles mehr: das Archäologiemuseum nimmt Museumsgäste mit auf eine Reise bis zu 10.000 Jahre zurück.
Trotz der spannenden Geschichte ist es ohne dänische Sprachkenntnisse oft nicht leicht, alle Infos zu erhalten. Die Ausstellung beginnt mit dem Thema „Waffen im Mittelalter“ und zeigt viele Schwerter und Dolche. Leider ist die gesamte Thematik, bis auf einen Nierendolch, komplett auf Dänisch.
„Das ist eine Frage der Ökonomie. Übersetzen kostet Zeit und Geld“, begründete Lennart Madsen, der Leiter der archäologischen Einheit.
Auch die Ausstellung über Hadersleben hat nur sehr wenig auf Deutsch übersetzt. Die QR-Codes für die deutsche Übersetzung im restlichen Teil des Museums funktionieren seit diesem Jahr nicht. „Wir hatten die QR-Codes für fünf Jahre, aber haben seit diesem Jahr ein neues System übernommen. Wir sind auch nicht mehr zuständig für die Beschriftungen, Plakate und Flyer. Das macht jetzt die Organisation Publikum og Formidling“, erzählt Lennart Madsen, der Leiter der archäologischen Einheit.
Das Museum zeigt viele Funde aus Nordschleswig und Deutschland. Daher ist es sehr schade, dass die meisten Infos nur auf Dänisch verfügbar sind. Auch das Freiluftmuseum gegenüber dem Hauptgebäude hat nur wenig auf Deutsch übersetzt und ist noch ausbaufähig.
Fazit
Leider haben nicht alle Museen mit Blick durch die deutsche Brille überzeugt. Während das Archäologiemuseum in Hadersleben aufgrund eines zeitlich nicht absehbaren technischen Fehlers fast die ganze Ausstellung auf Dänisch führt, ist das Fröslevlager Museum mit missverständlicher Wortwahl gegenüber der deutschen Minderheit negativ aufgefallen. Beide Schlösser – groß und klein – sind nicht nur deutschsprachig, sondern auch die Geschichtserzählung ist neutral und informativ gehalten.