Forschungsprojekt

Nachgefragt: Wie deutsche Zugezogene in der Gesellschaft ankommen

Nachgefragt: Wie deutsche Zugezogene in der Gesellschaft ankommen

Nachgefragt: Wie kommen Deutsche in der Gesellschaft an

Sonderburg/Sønderborg
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Ein paar Tausend Personen sind in den vergangenen Jahren aus Deutschland nach Nordschleswig gezogen. Foto: Johan Gadegaard/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

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Ein Forschungsprojekt untersucht, wie deutsche Zugezogene in den überwiegend dänisch geprägten lokalen Bevölkerungsteilen ankommen. Das Deutsche Museum Nordschleswig ist an der Untersuchung beteiligt. Museumsleiter Hauke Grella erläutert das Ziel des Projekts.

Ein neues Forschungsprojekt nimmt den in den vergangenen Jahren deutlichen Anstieg deutscher Zuzüglerinnen und Zuzügler nach Nordschleswig genauer unter die Lupe.

Der Hintergrund: Im zweiten Quartal 2024 haben 8.352 Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft in den vier Kommunen Nordschleswigs gelebt. Das sind 3,7 Prozent der Gesamtbevölkerung. Spitzenreiter ist die Kommune Apenrade (Aabenraa) mit 6,2 Prozent deutschen Staatsbürgerinnen und -bürgern.

Vor allem in den Jahren nach Corona ist die Zahl der Zugezogenen aus Deutschland massiv angestiegen. 

Zwei Museen arbeiten zusammen

Wie haben sie sich eingelebt, welche Kontakte und Begegnungen gibt es mit der Lokalbevölkerung, und wie werden Begegnungen von allen Beteiligten erlebt?

Diesen Fragen geht ein neues Forschungsprojekt nach, das „Museum Sønderjylland“ und das Deutsche Museum Nordschleswig gemeinsam durchführen.

Es gibt Ecken in Nordschleswig, wo ganze Straßenzüge von Deutschen aufgekauft wurden. Unsere Forschungsfrage, der Ausgangspunkt, ist die Frage, warum der Konflikt eigentlich ausgeblieben ist.

Hauke Grella

Museumsleiter Hauke Grella sagt, auf den ersten Blick sei der Zustrom ohne größere Kritik seitens der dänischen Mehrheit erfolgt, obwohl die deutsche Migration historisch gesehen als Bedrohung angesehen wurde. Laut Umfragen der Kommunen Apenrade und Sonderburg sagt die große Mehrheit der Neuankömmlinge, sie seien gut aufgenommen worden.

Wie empfinden die Einheimischen den Zuzug?

„Wenn man sich die Untersuchungen durchliest, wird deutlich, dass der Fokus stark auf den Zuzüglern lag. Es wurden auch nur die Zuzügler befragt. Unser Ausgangspunkt ist, dass wir auch die einheimische Bevölkerung, Minderheit und Mehrheit, befragen. Wir schauen genauer hin, wie dieser massive Zuzug von Deutschen angekommen ist.“

 

Hauke Grella wird sich für die Untersuchung mit den Zugezogenen aus Deutschland, aber auch mit Personen aus der Mehrheit und der Minderheit unterhalten. Foto: Sara Eskildsen

Zahlen zur Einwanderung in Nordschleswig

  • 2022 fanden 711 Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland in der Sonderburger Kommune ein neues Zuhause, was im Verhältnis zum Vorjahr einer Verdoppelung entspricht. 
  • Auch in der Nachbarkommune Apenrade stiegen die Zahlen der Zugezogenen in den Jahren nach Corona rasant an. 2022 beispielsweise erhielt die Kommune rund 880 neue Einwohnerinnen und Einwohner aus dem Nachbarland Deutschland.
  • Und in der Kommune Tondern (Tønder) hat sich die Zahl der deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt.
  • Bei der Zahl der deutschen Staatsbürgerinnen und -bürger wird ein deutlicher Anstieg im Zuge der Covid-19-Pandemie ab dem Jahr 2020 sichtbar. Seit 2020 hat die Zahl um mehr als 8.000 Personen zugenommen.
  • Die Region in Dänemark mit dem stärksten Zuwachs ist Nordschleswig. Fast 3.700 Deutsche sind seit dem 2. Quartal 2020 hergezogen.

Hauke Grella sagt: Ginge man 20 bis 30 Jahre zurück, wäre diese starke Einwanderung nicht ohne Konflikte verlaufen. „Da hätte es geknallt. Es gibt Ecken in Nordschleswig, wo ganze Straßenzüge von Deutschen aufgekauft wurden. Unsere Forschungsfrage, der Ausgangspunkt, ist die Frage, warum der Konflikt eigentlich ausgeblieben ist.“

Befragt werden Menschen aus drei Gruppen: Zugezogene, Däninnen und Dänen sowie Menschen, die seit Langem in Dänemark leben und sich der dänischen Mehrheitsbevölkerung zugehörig fühlen.  

Sowohl Zugezogene als auch Lokalbevölkerung werden befragt

„In Interviews wollen wir in die Tiefe gehen und alle drei Gruppen befragen. Was heißt es eigentlich, wenn 40 bis 45 Prozent der Zugezogenen sagen, dass sie mit der politischen Situation in Deutschland unzufrieden waren? Und wie empfindet die Lokalbevölkerung diesen Zuzug eigentlich?“

Wie viele Personen befragt werden, kann Hauke Grella bisher nicht sagen. Rund 100 sind geschätzt eine wahrscheinliche Zahl. Durchgeführt werden die Befragungen von Angestellten des deutschen Museums und von „Museum Sønderjylland“. 

Die Interviews beginnen Anfang 2025. Resultate sollen im Laufe von 2025 bis Ende des Jahres vorliegen.

Beim Jobfestival 2022 in der Kommune Sonderburg. Hier lag der Fokus darauf, Menschen aus der Ukraine und aus Deutschland berufliche Möglichkeiten aufzuzeigen. Foto: Timo Battefeld/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

„Werden nie aufhören, die Frage nach der Identität zu stellen“

Und was möchte das Museum dann mit den gewonnenen Erkenntnissen anfangen? „Dass wir die Daten und Aussagen von den Zuzüglern einsammeln, hat für uns eine große Relevanz. Denn es geht dabei um Identität und Sprache, um Kultur an unseren Schulen“, sagt Hauke Grella.  

„Auch wenn wir mehr historisch ausgerichtet sind, wollen wir auch an aktuellen Entwicklungen in der Minderheit forschen. Wir werden nie aufhören, die Frage nach der eigenen Identität zu stellen, und daher sind wir sehr gespannt auf die Forschungsergebnisse.“

Zuschuss vom dänischen Kulturministerium

Für die Durchführung des Projektes hat das „Museum Sønderjylland“ vom Forschungsausschuss des dänischen Kulturministeriums einen Zuschuss erhalten. 

„Wir freuen uns darauf, diese spannende neue Entwicklung in der Grenzregion genauer unter die Lupe zu nehmen“, sagt Abteilungsleiter Carsten Porskrog Rasmussen, „und wir freuen uns, dass wir dies in Zusammenarbeit mit unseren guten Kollegen vom Deutschen Museum tun können.“

Die Daten aus den genannten Umfragen stammen aus der Analyse „Nye tyske naboer i Sønderborg Kommune“ des „Teknologisk Institut“. In Auftrag gegeben haben die Studie die Kommunen Sonderburg und Apenrade (Aabenraa) sowie die Stiftungsgesellschaft „GOTO Sønderborg“.

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