Tonderner-Marsch-Initiative

„Hoyer sah heruntergekommen aus“: 86-Jährige ist begeistert von Ergebnissen

Heruntergekommes Hoyer: 86-Jährige ist jetzt begeistert

Heruntergekommes Hoyer: 86-Jährige ist jetzt begeistert

Hoyer/Højer
Zuletzt aktualisiert um:
Das alte, deutsche Pastorat wurde komplett restauriert. Dort hat eine Kochschule für Kinder des Meiereikonzerns Arla ihren Sitz. Foto: Brigitta Lassen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Unannehmlichkeiten des Millionenprojekts hat Karin Thimsen mit Humor genommen. Die Rentnerin meint, der Ort sehe schöner aus, und der Wert ihres Hauses sei bestimmt gestiegen. Die Arbeiten nähern sich ihrem Ende.

„Nörgelnde Menschen gibt es immer, egal wo“, meint Karin Thimsen aus Hoyer. Die 86-jährige Rentnerin gehört nicht zu dieser „Gattung“. Sie ist begeistert von den Ergebnissen der Tonderner-Marsch-Initiative, die dem Aussehen des Marschenorts ihrer Ansicht nach gutgetan hat. Das auf fünf Jahre befristete Projekt neigt sich jetzt dem Ende zu, wenn auch mit zweijähriger Verspätung.

„Ich finde es richtig gut, was in Hoyer geschehen ist. Der Ort sah vorher heruntergekommen aus. Im Zuge des Projekts wurden viele Häuser restauriert, auch mit Zuschüssen vom Højer Byfond. Allein in meiner Nachbarschaft in der Großen Straße sind sieben Häuser instandgesetzt worden“, freut sich Karin Thimsen, die seit 63 Jahren in Hoyer lebt.

Wer wolle, dass etwas geschehe, müsse dafür auch etwas in Kauf nehmen, meint die rüstige Frau.

 

Viele Straßen bekamen wieder Pflastersteinbelag. Foto: Brigitta Lassen

Hoyer glich lange Zeit einer riesigen Baustelle. An allen Ecken wurde „gewühlt“. Straßen wurden aufgerissen, neue Kanalisationsrohre verlegt, und die Wege wurden gepflastert, um so das richtige Ambiente für die vielen historischen Bauten zu geben. Die Stadtsanierung lief auf vollen Touren.

„Ich habe das Ganze aber mit Humor genommen. Ich konnte zwar mehrere Monate nicht mein Auto in die Garage fahren, aber ich konnte es bei einem Nachbarn hinstellen. Ich habe es nicht als Schwierigkeiten aufgefasst, sondern habe das Beste daraus gemacht“, so die stets optimistische Frau.

Das Café im Müllerhaus zeigt neue Ausstellungen in der Mühle und im ehemaligen Magazin des Müllerbetriebs. Foto: Brigitta Lassen

„Auf Stunk und Spektakel habe ich keinen Bock. Es nützt auch nichts, die Handwerker anzupflaumen, die mit ihren Fahrzeugen auch die Straße versperrten. Sie machten nur ihre Arbeit. Aber ja, Hoyer glich schon einem Ruinendorf. Wir Einheimischen konnten eigentlich überall hinkommen. Aber für Auswärtige war es ein wahres Labyrinth“, gesteht Karin Thimsen.

„Wir haben so viel in Hoyer bekommen, über das wir uns freuen können“, lobt sie das Großprojekt.

 

 

Wie fing es eigentlich an mit der Tonderner-Marsch-Initiative?

Traum oder Wirklichkeit? So mancher kniff sich wohl in den Arm, als am Sonnabend, 4. Juni 2016, zur Präsentation des Projekts Tonderner Marsch vor das frühere Bürgermeisteramt in Hoyer geschritten wurde. Dort wurde verraten, was der in dem Jahr verstorbene Bürgermeister Laurids Rudebeck im „stillen Kämmerlein“ mit der Stiftung Realdania ausgeheckt hatte.

210 Millionen Kronen sollten in den kommenden Jahren bis ins Jahr 2021 in den Klimaschutz in Hoyer und Tondern (Tønder) und in eine Aufwertung der historischen Bausubstanz im westlichsten Ort Nordschleswigs investiert werden.

Die Tonderner-Marsch-Initiative:

In Zusammenarbeit gründeten die Stiftungen Realdania, „A. P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond til Almene Formaal“, der Nordea-Fonds und die Kommune Tondern 2016 die Tonderner-Marsch-Initiative. Über einen Zeitraum von fünf Jahren haben die Partner etwa 300 Millionen Kronen (ursprünglich waren es 250 Millionen) in Hoyer und Tondern investiert. Das Projekt ist bald beendet – etwa zwei Jahre verspätet.

Die Haupteinsatzbereiche
• Stadterneuerung in Hoyer und Tondern
• „Højer Byfond“ (Förderung der Restaurierung von erhaltenswerten und denkmalgeschützten Häusern von Privatleuten in Hoyer)
• Routen, Wanderpfade und Vermittlung
• Klimaanpassungen entlang der Wiedau
• Klimaanpassung im Stadtkern in Tondern
• Weiterentwicklung der Wirtschaft und des Tourismus

Die Summe hat sich im Zuge des Projekts auf 300 Millionen Kronen erhöht. Eine Investition, die die Kommune niemals selbst hätte stemmen können.

Als zahlungskräftige Stiftungen waren Realdania, der „A. P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møller Fond til almene Formaal“ und Nordea als Partner dabei. Die Kommune „begnügte“ sich mit rund 80 Millionen Kronen für eine neue Kanalisation und eine Trennung von Regenwasser in Hoyer, das nicht mehr in die Abflussrohre fließen sollte.

Das Wasser von „oben“ wird im Zuge der Klimaschutz-Maßnahme in das geschaffene Überlaufbecken geleitet. Dort erfolgte am 22. Oktober 2019 mit dem ersten Spatenstich der Startschuss für das Millionenprojekt. Das Becken soll bei Starkregen die Kanalisation entlasten.

Und was passierte sonst noch alles in Hoyer?

Im Ortskern wurde die historische Bausubstanz dank Zuschüssen aufgewertet und eine umfassende Sanierung vorgenommen. In der Stadtmitte wurden die Straßen gepflastert. Diese Arbeit und die neue Kanalisation hat die Ortsansässigen auf eine Geduldsprobe gestellt. Der Flecken ähnelte über Jahre einer wahren Baustelle. Eine äußerst beschwerliche Zeit. Das Ende verzögerte sich beträchtlich. Corona kam dazwischen sowie der Mangel an Steinsetzern. Bis 2021 war es nicht zu schaffen, wie ursprünglich geplant.

Viele Häuser strahlen heute im neuen Glanz. Im früheren deutschen Pastorat, das Realdania aufwendig restauriert hat, ist eine Arla-Kochschule für Kinder eingerichtet worden. Im Gebäude zur Norderstraße schlafen die jungen Köchinnen und Köche.

Die Mühle wurde renoviert und im früheren Magazingebäude eine neue Ausstellung eingerichtet. Die Mühle bekam ihre Flügel wieder. Sie dient heute als Eingangstor zur Tonderner Marsch, wie die Wiedauschleuse mit dem neuen Aussichtsturm und die Pumpstation in Legan (Lægan) – ebenfalls mit einer sehenswerten Ausstellung bestückt.

In die Köge und ans Wattenmeer sollen die Gäste geführt werden, unter anderem auch über den neu angelegten, 54 Kilometer langen Wanderweg Marsksti.

Ein November-Stimmungsbild der ausgezeichneten Wanderroute Foto: Ulrik Pedersen (Tøndermarsk Initiativet)

Das geplante Vogelobservatorium mussten sich die Geldgeber aus dem Kopf schlagen, da es auf zu großen Widerstand stieß. Auch der Abriss einiger Häuser im Ortskern wurde nach Intervention Einheimischer verhindert.

Und was passierte in Tondern?

Auch in Tondern hat das Großprojekt verschönernde Spuren hinterlassen. Am deutlichsten auf der Schiffbrücke, wo ein langweiliger Parkplatz einem schönen Aufenthaltsort mit Springbrunnen gewichen ist. Bei den Arbeiten kamen erwartungsgemäß die Reste des zugeschütteten Hafens zum Vorschein. Das hat den Stadtrat dazu veranlasst, dort ein kleines, unterirdisches Hafenmuseum einzurichten. Diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen.

Der Springbrunnen an der Schiffbrücke ist bei Kindern sehr beliebt. Foto: Jane Rahbek Ohlsen
Schiffbrücken-Projekt
Es gibt noch viel zu tun auf der Schiffbrücke. Foto: Brigitta Lassen

Auch auf der Schiffbrücke wurden neue Kanalisationsrohre verlegt und die Nebenstraßen gepflastert. Zudem ging es auch in Tondern um den Klimaschutz mit dem Laurentiusstrom als Auffangbecken bei großem Niederschlag.

Die Schwebebrücke mit Holzpromenade am Mühlenteich Foto: DN-Archiv

Neben der Schiffbrücke haben auch der Park am Mühlenteich mit einer hölzernen Brücke und Promenade sowie die Süderbrücke eine enorme Aufwertung erfahren und laden zum Spazieren oder Verweilen ein.

Das Millionenprojekt ist eine Initiative, die ihresgleichen sucht in Dänemark. Es ist das größte zusammenhängende Gesamtprojekt, um eine einzigartige Gegend weiterzuentwickeln.

Das Büro der Tonderner-Marsch-Initiative (TMI) hat zudem bei unzähligen Großveranstaltungen mitgemischt. Das Kuchenfestival, Smag på Marsken und das Strickfestival sind nur einige der Events, die unterstützt, ausgebaut und teils auch angeschoben wurden.

Mehr lesen