Mobilität

Neue DSB-Züge: „Grenzland muss ans dänische Bahnnetz angeschlossen bleiben“

„Grenzland muss ans dänische Bahnnetz angeschlossen bleiben“

„Grenzland muss ans dänische Bahnnetz angeschlossen bleiben“

Gerrit Hencke/Volker Heesch
Apenrade
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In Spanien werden bereits Waggons montiert, die ab 2024 bei der DSB zum Einsatz kommen sollen. Die Züge dienen auch dem Ziel, den Bahnverkehr in Dänemark klimaneutral zu machen und dem hochsubventionierten Flugverkehr im internationalen Verkehr Paroli bieten zu können. Foto: Talgo

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Eine Verschlechterung des Grenzlandverkehrs muss unter allen Umständen verhindert werden, sagt Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband. Dafür müssten Deutschland und Dänemark die Verkehrswende grenzüberschreitend denken. Vom schleswig-holsteinischen Verkehrsminister fordert der Bundestagsabgeordnete mehr Engagement.

Nach der Ankündigung des staatlichen dänischen Bahnunternehmens DSB, acht weitere Zuggarnituren für den Fernverkehr und 16 Steuerwagen beim spanischen Hersteller Talgo zu bestellen, fordert der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) entschlossenes Handeln auf schleswig-holsteinischer Seite. 

Die neuen Schnellzüge sollen ab 2024 verstärkt als klimafreundliches Verkehrsangebot auf der nachgefragten Verbindung Kopenhagen-Hamburg zur Verfügung stehen. Die eingesetzten Vectron-Lokomotiven der EB-Baureihe von Siemens können mit dänischem und deutschem Fahrstrom fahren.

Wunsch nach einem Fernbahnhof Weiche

„Ich begrüße es ausdrücklich, dass die DSB ihre internationale Zugflotte mit der deutlichen Erweiterung ihrer Bestellung vergrößert. Damit sind perspektivisch mehr Verbindungen zwischen Hamburg und Kopenhagen/Aarhus möglich. Angesichts der gut gefüllten Fernzüge auf dem Jütland-Korridor ist dies eine gute Investition. Wichtig bleibt, dass der Halt aller Fernzüge im Grenzland gesichert wird, zum Beispiel durch einen zentralen, internationalen Fernverkehrsknoten in Flensburg-Weiche“, so SSW-Bundestagsabgeordneter Stefan Seidler laut einer Pressemitteilung.

Im deutsch-dänischen Grenzland wird schon länger kritisiert, dass die Züge der Verbindung Kopenhagen-Hamburg nicht die Bahnstationen in Grenznähe bedienen, obwohl sie unter anderem wegen der Grenzkontrollen im Bahnhof Pattburg (Padborg) halten.

Fortbestehen des regionalen Grenzverkehrs offen

Ebenfalls ist aktuell weiter offen, wie nach Inbetriebnahme der von DSB beim französischen Hersteller Alstom georderten elektrischen Coradia Stream-Triebwagen der Regionalverkehr zwischen Jütland und Schleswig-Holstein fortgesetzt werden kann. Die neuen elektrischen Triebwagen, sie werden auch als IC5 bezeichnet, sollen anstelle der bisherigen IC3-Dieselzüge fahren. Sie können nach neuestem Stand erst 2025 in Betrieb gehen, sind allerdings nicht für deutschen Bahnstrom geeignet. 

Ohnehin sollen in Nordschleswig die dänischen Regionalzüge künftig von Kolding kommend bis Tingleff (Tinglev) und von dort weiter nach Sonderburg (Sønderborg) rollen.

„Es kann nicht sein, dass durch eine EU-geförderte Neubeschaffung der grenzüberschreitende Verkehr auf dem Jütland-Korridor eingestellt werden muss und die direkten Zugverbindungen nach Dänemark wegfallen. Jeder zusätzliche Umstieg erhöht die Fahrzeit und die Gefahr verpasster Verbindungen“, sagt der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler. Das sei unattraktiv für Fahrgäste, aus der Zeit gefallen und im Jahr 2023 ein Irrweg. 

Keine Batteriezüge zwischen Tingleff und Kiel

Die für die Verbindung Tingleff-Pattburg-Flensburg angedachten Elektrotriebwagen mit Batterie der Linie nach Kiel und elektrischen Zweisystemzügen der Linie Hamburg-Neumünster-Flensburg, sind nicht mehr im Gespräch.

Eine Kleine Anfrage der SSW-Abgeordneten Sybilla Nitsch bei der Landesregierung ergab, dass der stündliche Betrieb mit Batteriezügen auf der Strecke nicht mehr verfolgt wird. Als Grund gibt die Landesregierung die deutliche Ausweitung der eigenwirtschaftlichen Fernverkehre zwischen der Grenze und Hamburg an, was nach Gesprächen mit der Deutschen Bahn derzeit nicht absehbar ist.

Derzeit verfolgt wird eine Variante mit einem voraussichtlich zweistündlichen Regionalzugverkehr. Dabei würde die Linie RE7 (Hamburg-Flensburg) nach Tingleff verlängert. Die Zahl der Fernzugverbindungen zwischen Aarhus und Hamburg bliebe unverändert.

Schleswig-Holstein will Mehrsystemzüge kaufen

Schleswig-Holstein will neue elektrische Doppelstockzüge kaufen, die ab Ende 2027 den Verkehr Hamburg-Flensburg übernehmen sollen. Diese könnten „Dänemark-tauglich“ bestellt werden. Über die Mehrkosten will die Landesregierung mit Dänemark verhandeln. Mit einer Entscheidung wird laut Antwort noch 2023 gerechnet.

„Warum Schleswig-Holstein jetzt Mehrsystemzüge kaufen muss, die viel Steuergeld kosten und unseren Bürgerinnen und Bürgern wenig Mehrwert bringen, erschließt sich mir nicht“, sagt Nitsch. „Wir sollten in eine Kooperation mit der DSB investieren, um das Angebot zu verbessern. Das ist derzeit nicht der Fall. Von einem Verkehrsminister mit dänischen Wurzeln erwarte ich da mehr.“

Das Grenzland müsse an das dänische Bahnnetz angeschlossen bleiben. Das fordert auch Seidler und nimmt Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen in die Pflicht. Dieser solle das Thema ernst nehmen und ganz nach oben auf die Tagesordnung setzen.

Verkehrswende grenzüberschreitend denken

Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ sagte Seidler am Montagnachmittag auf Schloss Schackenborg: „Wir haben ein riesiges Problem bei den öffentlichen Verkehrsmitteln im Grenzland. Das betrifft nicht nur den Bus, sondern auch den regionalen und internationalen Bahnverkehr. Das gesamte Grenzland droht in Zukunft abgehängt zu werden.“ Grenzüberschreitender Verkehr passe häufig nicht in die Standardlösungen, die in Berlin und Kopenhagen entworfen werden. Er sehe es als seine Aufgabe an, darauf hinzuweisen und für zukunftsweisende, regionale Lösungen zu werben. Man müsse die Verkehrswende grenzüberschreitend denken.

In der Pressemitteilung vom Mittwoch wird Seidler bereits konkret: „Aus meiner Sicht sollten wir uns im Grenzland, in Kopenhagen und Kiel gemeinsam für eine Verbesserung des Verkehrsangebots für Flensburg und Sonderburg einsetzen. Ich denke da etwa an Züge, die von Kopenhagen nach Tingleff fahren, dort geteilt werden und dann getrennt nach Flensburg und Sonderburg verkehren. Solch eine Lösung könnte den Takt für beide Städte verbessern. Das wäre ein Win-Win für die gesamte Grenzregion.“

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