Folketingswahl 2022
Kommunale Wahlanalyse II: Benny, Chris und die Krise
Kommunale Wahlanalyse II: Benny, Chris und die Krise
Kommunale Wahlanalyse II: Benny, Chris und die Krise
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Bei der Folketingswahl wird am 1. November ein neues Parlament gewählt. Wie läuft der Wahlkampf in der Kommune Sonderburg?
Am 1. November findet die Folketingswahl statt. „Der Nordschleswiger“ begleitet sie national und regional. In unseren kommunalen Wahlanalysen schauen wir genauer auf die Themen und Chancen der Kandidatinnen und Kandidaten in den Kommunen in Nordschleswig. Hier ist Teil 2 von 4: Die Kommune Sonderburg.
Wo werden die Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz setzen, wenn sie am kommenden Dienstag in der Wahlkabine ein neues Parlament bestimmen?
Letzten Endes wird diese Frage erst am Abend des Wahltages beantwortet. Doch ein Blick ins Feld der Kandidierenden ist gleichwohl lohnenswert.
Das wohl bekannteste Gesicht des Wahlkampfes in Sonderburg ist Benny Engelbrecht. Seit 2007 sitzt er für die Sozialdemokraten im dänischen Parlament. Er war Steuerminister unter Helle Thorning-Schmidt und Transportminister unter Mette Frederiksen.
Gitarre spielen mit der Staatsministerin
Engelbrechts Ex-Frau Charlotte sitzt für die Sozialdemokraten im Sonderburger Stadtrat. Kein Tag vergeht, an dem der Politiker nicht singend und mit seiner Gitarre im Gepäck in Kontakt mit potenziellen Wählerinnen und Wählern tritt.
Selbst als Staatsministerin Frederiksen vergangenen Woche Gravenstein (Gråsten) besuchte, begleitete der Politiker die Versammlung mit seiner Gitarre. Mehr lokale Verankerung, mehr Bodenständigkeit geht kaum.
Bei der Folketingswahl 2019 holte der Atzbüller 7.510 Stimmen im Wahlkreis Sonderburg. Trotz Rücktritts als Transportminister dürfte die Beliebtheit Engelbrechts in den vergangenen Jahren eher noch zugenommen haben.
Welche Rolle es spielt, dass Engelbrecht die Grenzkontrollen seiner Regierung als richtig und wichtig betrachtet, wird sich zeigen.
Chris ist die neue Ellen
Auf der anderen Seite, im blauen Block bei Venstre, fehlt in diesem Wahlkampf das bekannte Gesicht von Ellen Trane Nørby. Die Sonderburgerin kandidiert nach 17 Jahren als Folketingspolitikerin nicht erneut. Unter anderem, um sich auf ihre Karriere im Sonderburger Stadtrat zu konzentrieren.
Ihr Nachfolger als Spitzenkandidatin in Südjütland ist der aus Gravenstein stammende 30-jährige Chris Preuss. Im Gegensatz zu Engelbrecht spricht sich Preuss offen gegen Grenzkontrollen aus, will eine „intelligentere Lösung“ finden, wie er unlängst im Interview verriet.
6.365 Stimmen entfielen 2019 auf Ellen Trane Nørby. Die große Frage im Großkreis Südjütland für Venstre ist also: Wie viele Wählerinnen und Wähler geben ihr Kreuz drei Jahre später nun an den Nachfolger der erfahrenen Folketings-Politikerin weiter?
Der in Norburg (Nordborg) lebende Preuss hat in einem beeindruckend umfangreichen Wahlkampf Unternehmen und Menschen im gesamten Großkreis aufgesucht und täglich unzählige Gespräche geführt und vielfältige Termine wahrgenommen.
Ob er die Wählerinnen und Wähler von sich überzeugen konnte, wird sich am 1. November zeigen.
Stadtratspolitiker kandidiert fürs Parlament
Wie sieht es aus im Lager der rechtspopulistischen Parteien? Die Dänische Volkspartei (DF) steht im Kreis Sonderburg in diesem Jahr ohne bekanntes Gesicht und lokalen Kandidierenden da.
Jan Rytkjær Callesen, der 2019 immerhin 830 Stimmen holen konnte, tritt nicht erneut zur Wahl an. Spitzenkandidat im Großkreis Südjütland und für den Wahlkreis Sonderburg ist Peter Kofod aus Hadersleben (Haderslev).
Für jene, die eine stramme Ausländerpolitik befürworten, dürfte hier ein lokaler Stadtratspolitiker der Neuen Bürgerlichen eine echte lokale Alternative zu DF sein: Aus dem Sonderburger Stadtrat heraus tritt Kleis Christensen zur Wahl an.
2019 holte er als Folketings-Kandidat 82 Stimmen. Hier wird es interessant zu sehen, ob sein Amt im Kommunalparlament dazu beiträgt, neue Wählerinnen und Wähler zu generieren.
Übrigens kandidiert in der Kommune Sonderburg auch ein Politiker der Schleswigschen Partei für ein Mandat für das Folketing: Poul Harald Holm aus Hundsleff (Hundslev).
Der dreifache Familienvater ging bei der Kommunalwahl für die SP an den Start (da die Christdemokraten nicht zur Wahl antraten). Er holte 93 Stimmen, schaffte den Sprung ins Rathaus bekanntlich nicht. Nun will er für die Christdemokraten ins dänische Parlament.
Die Partei der Moderaten hat keinen Kandidierenden aus der Kommune Sonderburg am Start. Hier ist der Spitzenkandidat für Südjütland, Henrik Frandsen aus Tondern (Tønder), der am nächsten wohnende Politiker.
Ob die am Alsensund eher unbekannten Gesichter auf den Wahlplakaten Stimmen generieren können, bleibt abzuwarten. Es sei denn, man ist eingefleischter Lars-Løkke-Rasmussen Fan und hat kein Interesse an einem lokalen Stellvertreter im Parlament.
Persönlichkeit oder Krisenmanagement?
Ansonsten gilt: Es gibt viele unbekannte Gesichter auf den Wahlplakaten. Namen, die man am Alsensund zunächst googlen muss, um sie zuzuordnen. Woher kommt diese Person und wofür steht sie? Die Suchmaschinen dürften in diesem Wahlkampf ordentlich zu tun haben.
Gut möglich, dass die Menschen in diesem Krisenmodus-Wahlkampf ohnehin weniger auf lokale Personen setzten. Sondern auf die übergeordneten Antworten und Lösungsvorschläge, die die Parteien zur aktuellen Energiekrise parat haben.