Schulen in Nordschleswig

Nordschleswigs Schulen werden kreativ

Nordschleswigs Schulen werden kreativ

Nordschleswigs Schulen werden kreativ

Paulina von Ahn
Paulina von Ahn
Nordschleswig
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Björn Högsdal berät die Schülerinnen und Schüler bei der Themenfindung für ihre Poetry-Slam-Texte. Foto: Paulina von Ahn

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Kreativarbeit an der Deutschen Privatschule Apenrade: Am Donnerstag besuchte der Poetry-Slammer Björn Högsdal die 7b und lockte die Schreibkünste der Schülerinnen und Schüler hervor.

In kleinen Gruppen sitzen die Jungen und Mädchen an ihren Tischen und lauschen Björn Högdal, einem Poetry-Slammer aus Norddeutschland. Einige haben einen PC vor sich, andere Papier und Stift. Ein paar der Kinder schreiben eifrig, während Björn ihnen die Kunst des Poetry-Slams erklärt.

Workshop als Preis für Siegerteams der „Horrorwoche“

Der Poetry Slam-Workshop ist der Preis, den die 7b im vergangenen November in der „Horrorwoche“ des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) auf dem Knivsberg gewonnen hat. Die Veranstaltung dauerte drei Tage, und jeden Tag gab es ein Siegerteam. Laut Kulturkonsulent Uffe Iwersen war jeder Tag mit Aktivitäten gefüllt, die die Kinder bewältigen mussten, um Punkte zu erzielen. Am Ende jedes Tages wurden die Punkte zusammengezählt und das Siegerteam ermittelt. Der Preis: Ein Poetry-Slam-Workshop.

Neben der 7b der Deutschen Privatschule Apenrade (DPA) gingen auch die Deutsche Schule Rapstedt und die Ludwig-Andresen-Schule (LAS) in Tondern (Tønder) mit einem Sieg nach Hause. Diese Woche wurden die versprochenen Workshops in die Tat umgesetzt.

Am Dienstag besuchte die Poetry-Slammerin Selina Seemann die Deutsche Schule Rapstedt und der Slammer Stefan Schwarck führte den Workshop an der LAS in Tondern durch. 

Lügen ist erlaubt – und erwünscht

Nachdem Poetry-Slam-Experte Björn Högsdal das literarische Kunstformat erklärt hat und anhand mitgebrachter Texte zeigt, wie Poetry Slam aussehen kann, lässt er die Klasse eine Aufwärmübung machen. 

Die Aufgabe: Stell dir vor, du hättest deine Hausaufgaben nicht gemacht, lügst jedoch deine Lehrkraft an, um keinen Ärger zu bekommen. Denk dir eine Ausrede aus, die erklärt, was mit deinen Hausaufgaben passiert ist.

„Je skurriler, desto besser“, meint Björn und hört sich gespannt die Ideen der Schülerinnen und Schüler an. Diese fallen vielfältig aus: „Mama hat die Hausaufgaben gegessen“, „Ich habe sie nach Hogwarts geschickt“ oder „Ich habe die Hausaufgaben auf Ebay verkauft“, waren einige der kreativen Antworten.

Bei der Themenfindung für ihre Texte dürfen die Kinder kreativ werden

Nachdem dieser Einstieg gemeistert ist, bereitet Björn die Kinder auf die Hauptaufgabe des Tages vor: einen eigenen Text schreiben. 

„Es gibt nichts, worüber ihr nicht schreiben dürft“, ermutigt er die Klasse. Er erklärt, dass sich ein Thema finden lässt, indem man darüber nachdenkt, was einen gerade beschäftigt. Etwas, das einen glücklich oder traurig macht zum Beispiel. Björn demonstriert, dass alles Mögliche einen Text wert ist, indem er vorschlägt, dass man aus der Perspektive eines Make-Up-Produktes beschreibt, wie es sich anfühlt, auf ein Gesicht geschmiert zu werden. Mit dem Vorschlag „morgens aus dem Bett zu spawnen und den Bus anzuhalten, um den Fahrer aus dem Bus zu kloppen“, zieht er eine Anekdote zu dem beliebten Videospiel „Grand Theft Auto“, besser bekannt als GTA. Das Wort „spawnen“ wird in der Fachsprache des Videospiels genutzt, um auszudrücken, dass jemand oder etwas aus dem Nichts auftaucht. 

„Ich glaube, dass die meisten Menschen schreiben können, denn jeder Mensch hat Gedanken und Gefühle.“

Björn Högsdal
Björn zeigt den Kindern Alternativvorschläge für ihre Texte. Foto: Paulina von Ahn

Nach einer Mittagspause sollen die Kinder eine Stunde lang an ihren Texten arbeiten. Für diejenigen, die keine eigene Idee finden, hat Björn eine Liste an Vorschlägen mitgebracht, von denen sie sich inspirieren lassen dürfen.

Zum Schluss des Workshops bleiben noch 50 Minuten Zeit, um möglichst viele Texte zu hören. 

In einem Gespräch erzählt Björn dem „Nordschleswiger“, dass die Themen seiner unterschiedlichen Workshops sich häufig ähneln, da für bestimmte Altersklassen gewisse Inhalte besonders wichtig sind. Nichtsdestotrotz sind für ihn jedes Mal Ergebnisse dabei, die er zum ersten Mal hört.

„Kreativität ist auf jeden Fall vorhanden“, sagt er und ist gespannt auf die Texte, die die Schülerinnen und Schüler ihm später präsentieren werden.

Alia, Freja, Liv, Lina, Laura und Leonie arbeiten an ihren Texten. Foto: Paulina von Ahn

Während einige sich noch unsicher sind, was für ein Thema sie wählen, haben andere bereits genaue Vorstellungen, wovon ihr Text handeln soll.

„Von schlechten Schiedsrichtern!“, sagt Lina und grinst dabei vielsagend. Laura möchte über „Vertrauen“ schreiben und in Livs Text soll es um Familie gehen, vor allem um ihre eigene. 

Kreatives Arbeiten ist wichtig für Jugendliche

Bodil Reinmann, die die Klasse 7b leitet, fällt derzeit aus. Deshalb ist Dänischlehrerin Kira für den Workshop eingesprungen. In ihrem Unterricht sei Poetry-Slam auch ein Thema, erzählt sie. Einmal pro Woche bekämen die Kinder 15 Minuten Zeit, um selbstständig an kreativen Texten zu arbeiten und in eine „Schreib-Bubble“ zu kommen. 

„Die Kinder sind in einem schwierigen Alter“, sagt Kira. „Die Kindheit haben sie hinter sich gelassen, aber erwachsen sind sie auch noch nicht. Viele von ihnen trauen sich nicht, bestimmte Themen anzufassen.“

Auch Björn kennt die Herausforderung mit dieser Altersstufe und ist gespannt, wie viele Kinder sich am Ende trauen, ihren Text über ein eigenes Thema zu schreiben. Er und Kira sind beide der Meinung, dass kreatives Schreiben ein fester Bestandteil des Schulunterrichts sein sollte.

Poetry-Slam über die Grenze hinaus

Björn ist Kulturveranstalter und Kreativdienstleister bei „assemble ART“, die größte Agentur, die in Schleswig-Holstein Poetry-Slams veranstaltet. Gleichzeitig ist sie Anbieter von Workshops im Bereich-Poetry Slam und kreatives Schreiben. Über die Agentur veranstaltet Björn mehrfach pro Woche Workshops an Schulen. „Die Nachfrage an Workshops ist sehr hoch“, sagt der Slammer. 

Über den Kontakt zu Uffe Iwersen und der deutschen wie der dänischen Minderheit weitet die Agentur ihren Kontakt inzwischen auch nach Dänemark aus. Einmal im Jahr findet ein Poetry Slam-Event auf dem Knivsberg statt, bei dem deutsche und dänische Schulen und Slammerinnen und Slammer zusammentreffen. 

Björn ist der Meinung: „Es ist naheliegend, dass wir im Norden auch mit der dänischen Slamszene zusammenarbeiten.“ 

Bei jedem Workshop, den er begleitet, kommen am Ende unterschiedliche Ergebnisse heraus, und er freut sich bereits auf die Texte, die die 7b ihm am Ende des Tages präsentieren wird.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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