Demokratiefestival

Folkemøde: Zuwanderung als Chance und Herausforderung für Nordschleswig und die Minderheit

Folkemøde: Zuwanderung als Chance und Herausforderung für die Minderheit

Folkemøde: Zuwanderung als Chance und Herausforderung

Allinge
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Katharina Kley (rechts) und Gösta Toft auf dem Podium beim Folkemøde Foto: Walter Turnowsky

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Beim Demokratiefestival auf Bornholm waren auch die Menschen Thema, die aus Deutschland nach Nordschleswig ziehen. Ein Vertreter und eine Vertreterin der deutschen Minderheit legten ihre Sicht der Dinge dar.

Gösta Toft bekam in der Gesprächsrunde das letzte Wort: „Wir sollten den Zugewanderten aus Deutschland ein hohes Lob aussprechen, denn sie tun genau das, worum es in Europa geht: Sie beweisen Mobilität.“

Er spricht mit einem gewissen Gewicht. Denn Toft ist nicht nur zweiter Vorsitzender des Dachverbandes der europäischen nationalen Minderheiten, FUEN, er hat auch in der deutschen Minderheit in Dänemark und der Schleswigschen Partei über Jahrzehnte eine zentrale Rolle gespielt.

Fehlende soziale Kontakte

Den Schlussworten war ein 45-minütiges Gespräch über die deutsche Zuwanderung nach Nordschleswig vorausgegangen, das verdeutlichte, dass nicht alles eitel Sonnenschein ist. Vor allem fehlende Dänischkenntnisse und mangelnde soziale Integration stellen die Zugewanderten selbst, die Kommunen und die deutsche Minderheit vor Herausforderungen. 

Der Grundtenor ist jedoch positiv, berichtete Andres Bjerre Lunkeit vom Technologischen Institut in Aarhus. Er hat für die Kommunen Sonderburg (Sønderborg) und Apenrade (Aabenraa) Interviewuntersuchungen durchgeführt.

„Der überwiegende Teil gibt an, dass er glücklich über das Leben in der neuen Heimat ist“, sagte er.

Gemischte Erfahrungen

Sie hätten Sympathie für die dänische Kultur; viele seien jedoch auch unzufrieden mit der deutschen Politik. Er sieht die im Vergleich strengeren Corona-Restriktionen in Deutschland als einen der Katalysatoren für die Einwanderungswelle nach Nordschleswig. 

 

Sybilla Nitsch, Lantagsabgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbandes, meldete sich während der Debatte zu Wort. Foto: Walter Turnowsky

Martin Klatt, Forscher am Europäischen Zentrum für Minderheiten in Flensburg (Flensborg), ECMI, hatte die Gesprächsrunde organisiert. Er fragte die ehemalige Vorsitzende der Jungen SPitzen, Katharina Kley, wie sie als Schülerin die Zuwanderung erlebt habe. 

Ihre Erfahrungen seien gemischt, berichtete sie. In die Grundschulklasse ihres Bruders kamen acht Kinder aus Deutschland gleichzeitig: „Da funktionierte die Integration nicht gerade besonders gut.“

Bei ihren eigenen zugewanderten Klassenkameradinnen und -kameraden aus Deutschland am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN) sei das ganz anders verlaufen. 

„Es hat ein wenig Zeit gebraucht, aber viele haben die Grenzlandkultur angenommen und wurden am DGN sehr aktiv“, so Kley.

Die Frage der Identität

Wie die anderen drei Gesprächsteilnehmer betonte auch sie das Erlernen der dänischen Sprache als wichtige Voraussetzung für eine gelungene Landung in Nordschleswig. 

„So einige haben auch viel von der ‚sønderjysken‘ Identität mitbekommen“, sagte sie.

Auch Gösta Toft sieht es als zentral, nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur zu vermitteln.

„Wenn du in Nordschleswig ein Schild ‚Einfahrt freihalten‘ aufstellst, kommt das nicht gerade gut an“, verdeutlichte er humoristisch überspitzt seine Pointe. 

5.000 Zugewanderte in drei Jahren

Er betonte auch, dass die Chancen und Herausforderungen der Zuwanderung weder für Nordschleswig noch für die Minderheit neu seien. Viele ehemals Zugewanderte würden heute in der Volksgruppe zentrale Rollen einnehmen. 

Das Neue sei die Anzahl. In den Jahren 2021 bis 2023 sind laut Danmarks Statistik mehr als 5.000 Menschen aus Deutschland in die vier Nordschleswigschen Kommunen gezogen. 

„Für Nordschleswig als ganzes sind das nicht so viele, aber im Vergleich zur Minderheit ist das eine bedeutende Anzahl“, so der Fuen-Vize. 

Gösta Toft, Katharina Kley, Andres Bjerre Lunkeit und Martin Klatt (von links) Foto: Walter Turnowsky

Kommende Mitglieder der Minderheit?

Katharina Kley sieht unter den vielen Zugezogenen auch Menschen, die sich zukünftig innerhalb der Minderheit engagieren könnten. Doch müsse man bei den Schulkindern ansetzen.

„Da sehe ich die besten Möglichkeiten, dass sie unsere Werte annehmen und Teil der Minderheit werden. Wir können dann hoffen, dass sie dies auch nach Hause zu ihren Eltern tragen“, sagt sie. 

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