Leitartikel
„Zwei gegen eine muss kein Vorteil sein“
Zwei gegen eine muss kein Vorteil sein
Zwei gegen eine muss kein Vorteil sein
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Jakob Ellemann-Jensen war lange Zeit der einzige Oppositionsführer im dänischen Folketing. Doch nun meldet sich auch Søren Pape Poulsen von den Konservativen als Staatsminister-Kandidat. Das bedeutet aber nicht unbedingt das Aus für Regierungschefin Mette Frederiksen, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.
Wir kennen es vom Schulhof oder vom Wettbewerb: Zwei gegen eine – das ist unfair.
In der dänischen Politik ist genau das jedoch der Fall: Jakob Ellemann-Jensen, Vorsitzender der Partei Venstre, und Søren Pape Poulsen, Vorsitzender der Konservativen Volkspartei, treten bei der nächsten Folketingswahl gegen die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen an.
Der konservative Parteichef ging Montag an die Öffentlichkeit und präsentierte sich als Staatsminister-Kandidat. Eine Überraschung war dies allerdings nicht, zumal Pape in Meinungsumfragen schon seit Längerem als Alternative zu Ellemann-Jensen gehandelt wird. Selbst hat er kleine Andeutungen gemacht, beziehungsweise nicht abgewiesen, dass er für das höchste politische Amt Dänemarks kandidieren würde.
So überrascht es eher, dass Pape Poulsen erst spät seine Kandidatur veröffentlicht hat, denn in wenigen Wochen könnte die nächste Folketingswahl ausgeschrieben werden.
Nun versicherte Søren Pape Poulsen, er sei der beste Regierungschef von den dreien, machte aber auch ein Hintertürchen auf: Er würde auch unter Ellemann-Jensen Minister sein können – und der Venstre-Boss, dessen Partei immer noch einen kleinen Vorsprung zu den Konservativen hat, quittierte, auch er werde mit Pape als Staatsminister zusammenarbeiten können.
Zwei Ministerkandidaten mit demselben Ziel, nämlich nach der Wahl eine bürgerliche Regierung zu bilden.
Was aber zunächst wie ein Vorteil für den blauen Block aussieht, drehte Mette Frederiksen im Handumdrehen in einen Nachteil für ihre Gegner. Sie ging am Montag gleich in die Offensive: Der blaue Block sei zerstritten und könne nicht einmal einen gemeinsamen Oppositionsführer finden. Denn auch das ist die Wahrheit: Ellemann und Pape kandidieren nicht nur gegen Mette Frederiksen, sondern auch gegeneinander.
Das werden Mette Frederiksen und ihr Team ausschlachten. Bereits Montag setzte sie den Finger auf die vielleicht größte Wunde der bürgerlichen Brüderlichkeit: Der blaue Block sei sich nicht einmal politisch einig, sagte sie und nannte die Frühpensionierung (die sogenannte Arne-Pension), die Venstre beibehalten möchte, während die Konservativen sie abschaffen wollen.
Auch die Medien stichelten gleich gegen Søren Pape Poulsen: Teile des konservativen Parteiprogramms seien von der Webseite der Partei gelöscht worden. Konkrete Ziele seien durch vage Formulierungen ersetzt worden, denn nun gebe es nur ein Ziel: Søren Pape Poulsen als Person zum Staatsminister zu machen – da sind Inhalte zweitrangig.
Bisher stand der konservative Chef nicht in der Schusslinie – die Prügel der Opposition nahm Ellemann-Jensen in den vergangenen Jahren auf sich. Doch damit ist Schluss: Jetzt wird auch Pape Poulsen als möglicher Oppositionsführer hart angegangen. Oder wie es ein politischer Berichterstatter formulierte: Søren Pape Poulsen ist nicht mehr der Kuschel-Teddy der dänischen Politik.
Pape und Ellemann mögen gemeinsam mit den kleinen bürgerlichen Parteien den linken Block und Regierungschefin Mette Frederiksen in den Meinungsumfragen überholt haben. Doch ihr unharmonischer Paarlauf kann ihnen zum Verhängnis werden.
Die Übernahme der Regierungsmacht gestaltet sich nach Søren Pape Poulsens Kandidatur nicht einfacher für den bürgerlichen Flügel. Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte – oder in diesem Fall vielleicht die Dritte.