Kommunalwahl 2025
Ein Jahr vor der Wahl: So stehen die Chancen der SP
Ein Jahr vor der Wahl: So stehen die Chancen der SP
Ein Jahr vor der Wahl: So stehen die Chancen der SP
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Kommunalwahl: Können Stimmen der Zugezogenen aus Deutschland der Schleswigschen Partei neue Mandate verschaffen? Und wie werden sich die SP-Kandidatinnen und -Kandidaten schlagen? Chefredakteur Gwyn Nissen wagt eine erste Analyse über die Situation der SP vor der Kommunalwahl 2025.
Es ist zwar noch ein Jahr hin bis zur nächsten Kommunalwahl 2025 in den nordschleswigschen Kommunen, aber die Schleswigsche Partei (SP) steckt bereits mitten in den Vorbereitungen. Die Partei der deutschen Minderheit im Landesteil ist derzeit mit zehn Mandaten in den vier Kommunen vertreten. Doch wie stehen die Chancen der SP Stand November 2024?
Vor allem eine Frage stellt sich in allen vier Kommunen und entsprechend bei den SP-Verantwortlichen: Seit der vorigen Kommunalwahl sind rund 4.000 deutsche Staatsbürger nach Nordschleswig eingewandert. Doch wie sichert sich die SP diese deutschen Stimmen? Ist es überhaupt realistisch, an diese neue Gruppe heranzutreten – und sind die Zuzüglerinnen und Zuzügler überhaupt gewillt, ihre Stimme der SP zu geben?
Drei Wahlkämpfe in einem
Sicherlich werden nicht alle ihr Kreuz bei der SP setzen, und wer aus Politik-Verdrossenheit Deutschland verlassen hat, wählt vielleicht gar nicht. Aber die Neu-Wählerinnen und -Wähler sind eine große Chance, die sich die Partei der Minderheit nicht entgehen lassen darf. Bedeutet allerdings, dass die SP diesmal drei Wahlkämpfe vorbereiten muss: an die eigene Minderheit gerichtet, die sønderjyske Version und jetzt eben an eine neue Bevölkerungsgruppe, die die Minderheit und ihre Partei vielleicht noch gar nicht richtig kennt.
Falls es der SP gelingt, einen Großteil der neuen Stimmen für sich zu gewinnen, können nicht nur die meisten Mandate gehalten werden, sondern es könnte in einigen Kommunen auch einen Schub nach vorn geben.
Hadersleben: Carsten Leth ist zum Schwergewicht geworden
Im Norden Nordschleswigs dünnt es in den Reihen der deutschen Minderheit aus, und daher war ein Platz im Kommunalrat viele Jahre alles andere als ein Selbstgänger. Und das ist immer noch der Fall.
Das fällt allerdings nicht auf den SP-Vertreter Carsten Leth Schmidt zurück. Er hat als Vorsitzender des Ausschusses für Technik und Klima gute Arbeit geleistet und sich auch außerhalb der Minderheit gut positionieren können. Auch im Kommunalrat hat er sich bei den Kolleginnen und Kollegen den Respekt verdient. Engagierte politische Arbeit wird aber nicht immer von den Wählerinnen und Wählern belohnt. Deshalb muss auch dieses Mal um jede Stimme gekämpft werden.
Die vielleicht noch größere Sorge in Hadersleben: Der SP gehen die Wahlbündnispartner aus. Die kleinen Parteien – die Christdemokraten und die Alternativen – haben der SP zum einen Mandat verhelfen können. Sollten diese nicht kandidieren, muss sich die Partei der Minderheit nach anderen Bündnispartnern umschauen.
Apenrade: Wer kandidiert eigentlich?
Apenrade ist diesmal das große Fragezeichen bei der Schleswigschen Partei, denn wer kandidiert und wer nicht? Erwin Andresen und Kurt Asmussen halten sich noch bedeckt – nicht aus mangelndem politischem Interesse, aber beide sind auch Unternehmer und davon leben sie schließlich.
Die SP in Apenrade hat in den vergangenen Jahren einige starke Gespanne gehabt: Erwin Andresen war lange dabei und hatte Dieter Johannsen, Kurt Andresen und nun Kurt Asmussen an seiner Seite – alle aus der Tingleffer und Bülderuper Ecke.
Falls einer der beiden nicht kandidiert, fehlen Hunderte Stimmen – nicht nur aus der Minderheit, sondern auch aus der Mehrheitsbevölkerung.
Weitere Stimmen fehlen, nachdem Thore Naujeck, der einen aktiven Wahlkampf führte, in die Nachbarkommune Sonderburg gezogen ist, und auch Katharina Kley wohnt nicht mehr in Apenrade, während auch noch hinter Käthe Nissen aus dem 2021-Spitzenteam ein Fragezeichen steht. Auch das wären über 600 Stimmen, die andere und neue Kandidatinnen und Kandidaten erst einmal wieder einholen müssten.
Dazu kommt das vielleicht größte Problem in Apenrade, nämlich dass die Stadt weiterhin keine starke SP-Kandidatin oder -Kandidaten haben wird. Das ist schon seit vielen Jahren so und bereitet der Partei Kopfzerbrechen. Kindergartenleiter Jan Breitenkamp Hansen – auch aus dem westlichen Teil der Kommune – ist inzwischen in die Stadt gezogen und hat sich für das Spitzenteam zur Verfügung gestellt. Das ist schon einmal ein Anfang.
Schließlich wird es dieses Mal an Wahlbündnispartnern fehlen. Diese typisch kleineren Parteien sind diesmal wichtiger denn je, falls mehrere Stimmenmagnete wegfallen, und sie könnten das zweite Mandat untermauern.
Sonderburg: Die Zeit nach Kleinschmidt
Es gibt nur einen Stephan Kleinschmidt, und eigentlich hätte er nie aufhören dürfen. Das wissen er und die Schleswigsche Partei schon lange – aber auch, dass alles ein Ende hat und es irgendwann doch einen Kleinschmidt-Exit geben würde.
Zwischendurch hat der SP-Spitzenmann noch gezweifelt, ob es die richtige Entscheidung gewesen ist, nicht mehr zu kandidieren, aber die Pein wäre einfach um vier Jahre verschoben worden. Und jetzt passte es eben im Leben von Stephan Kleinschmidt. Das muss man respektieren.
SP in Sonderburg geht natürlich auch ohne Stephan Kleinschmidt – aber mit Sicherheit nicht so erfolgreich wie bisher. Als junger, engagierter Politiker ist er eingestiegen und schaffte es bis zum seriösen Bürgermeister-Kandidaten – vorgeschlagen nicht nur von seiner eigenen Partei, sondern auch von einem der größten Industrie-Bosse des Landes, Jørgen Mads Clausen von Danfoss. Kleinschmidt wurde nicht Bürgermeister von Sonderburg, war aber sicherlich der Bürgermeister vieler Herzen.
Jetzt übernehmen zwei Frauen die Stellung am Alsensund: Sowohl Spitzenkandidatin Kirsten Bachmann als auch Christel Leiendecker haben sich als Ausschussvorsitzende positionieren können. An der Spitze ist Kirsten Bachmann die favorisierte Alternative zu Kleinschmidt. Aber auch noch so gute Arbeit und eine noch so gute Liste werden Kleinschmidt nicht ersetzen können. Es ist Fakt, dass Stephan Kleinschmidt in der Sonderburger Politik eine Sonderstellung gehabt und viele Tausende Stimmen in der Mehrheitsbevölkerung geholt hat. Die bleiben bei seinem Ausscheiden aber nicht alle bei der SP.
Stimmen von Zugezogenen könnten den Rückgang etwas mildern, aber es könnte auch sein, dass die SP statt drei (und bei der Wahl davor fünf) diesmal nur ein Mandat sichern kann.
Tondern: Popp ein zweites Mal Bürgermeister?
Die Wahl von Jørgen Popp Petersen zum Bürgermeister der Kommune Tondern war 2021 ein minderheitenpolitischer Höhepunkt. Popp schrieb sogar dänische Politik-Geschichte, und es war eine kleine Sensation.
Schon gleich nach der Wahl wurden Stimmen laut: Nächstes Mal wird es unmöglich. Ein zweites Mal klappt das nicht.
Aber warum eigentlich nicht? Jørgen Popp Petersen hat seine Sache in Tondern ausgezeichnet gemacht. Klar, gibt es immer politische Streitigkeiten über Einzelfälle, aber Popp hat in dem streitsüchtigen Kommunalrat unter seinem Vorgänger Henrik Frandsen wieder für Ruhe und Ordnung gesorgt.
Popp ist in den vergangenen drei Jahren nicht ins Fettnäpfchen getreten, und er kommt als ehrlicher, bodenständiger Typ rüber. Das passt zu Tondern und der Westküste. Daher ist es nicht unmöglich, dass Jørgen Popp Petersen mit einer starken Mannschaft im Rücken ein zweites Wunder schaffen kann.
Denn der SP-Spitzenmann wird im nächsten Jahr ein noch besseres Wahlergebnis erzielen als 2021 – mit Stimmen der Neu-Wählerschaft aus Deutschland, vor allem aber mit neuen Stimmen aus der dänischen Mehrheit. Mit Popp haben die Menschen an der Westküste einen Bürgermeister, der ihnen aus der Seele spricht. Und eben auch synnejysk.
Außerdem sind die Flügel und vor allem die bürgerlichen Stimmen im Kommunalrat immer noch zerstritten. Genau das führte 2021 dazu, dass Popp Bürgermeister wurde. Nur wenn zwei sich streiten, können kleinere Parteien an die Macht kommen – und unter den kleineren Parteien steht Jørgen Popp Petersen mit seiner SP weiterhin am stärksten da.
Bei einem erneuten Wahlerfolg wird die SP-Gruppe noch besser im Kommunalrat vertreten sein – wer hier also auf der Liste steht – oder stehen möchte – hat die besten Chancen, Politikerin oder Politiker zu werden. Noch sind es vier Mandate – es könnten nach der Wahl im November 2025 aber auch fünf oder sechs werden.