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Elvstrøm Sails: Von Apenrade aus in die Segelwelt

Elvstrøm Sails: Von Apenrade aus in die Segelwelt

Elvstrøm Sails: Von Apenrade aus in die Segelwelt

Rothenkrug/Rødekro
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Der Hauptsitz ist am Paul Elvstrøms Vej in Rothenkrug bei Apenrade. Foto: Elvstrøm Sails

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Das Traditionsunternehmen liefert seit über 65 Jahren höchste Segelqualität in die ganze Welt und setzt dabei auf den Standort – wagt aber auch neue Wege.

Schon der Name „Elvstrøm Sails“ hat einen nordischen Klang mit internationalem Flair, und die rote Krone als Markenzeichen wirbt für Qualität. Und genau diese drei Punkte sind es, die das Unternehmen mit Hauptsitz in Apenrade auszeichnen.

Elvstrøm Sails stellt Segel in allen Farben, Formen und Größen her, Segel für den Einsatz im Profi-Segelsport, wo es auf jedes Gramm ankommt, aber auch für Boote von Hobbyseglern, die Wert auf äußerst gute Haltbarkeit legen. Mit ihren Segeln ist die Firma mit ihren knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern inzwischen der zweitgrößte Produzent weltweit.

Doch warum hält das Unternehmen am Standort Apenrade fest?

„Wir sind ein traditionelles Unternehmen, das vor über sechs Jahrzehnten in Dänemark gegründet worden ist. Unsere Kunden waren die Segler und Bootshersteller an der langen Küste des Landes, und der Kundenstamm wuchs schnell nach Schweden, Norwegen und auch Norddeutschland“, erklärt Marketingchefin Lise-Lotte Møhring Larsen.

 

Sicherlich könnten wir, wie andere Hersteller es machen, nach Osteuropa oder gar Asien gehen, um dort zu produzieren, doch dann, und das ist unsere Meinung, leidet die Qualität.

Lise-Lotte Møhring Larsen, Marketingchefin

„Sicherlich könnten wir, wie andere Hersteller es machen, nach Osteuropa oder gar Asien gehen, um dort zu produzieren, doch dann, und das ist unsere Meinung, leidet die Qualität. Hier haben wir den gesamten Produktionsprozess unter einem Dach, vom Design der Segel bis zum fertigen Produkt. So haben wir auf jeden Herstellungsschritt Zugriff, können kleinste Veränderungen sofort umsetzen.“ Zudem kämen viele Materialien, die die Segelmacher für die Produktion benötigen, aus Deutschland. Der Transportweg von dort ist nicht so weit. 

Mehr Platz nach Umzug

Vor über 20 Jahren ist Elvstrøm Sails vom Apenrader Stadtteil Hohe Kolstrup (Høje Kolstrup) in das Apenrader Industriegebiet gezogen. Die Produktionsfläche war einfach zu klein. An der nach dem Firmengründer benannten Straße, Paul Elvstrøm Vej, gibt es genügend Platz für die Produktion der Segel, die inzwischen ein High-End-Produkt sind, gefertigt aus hochwertigen modernen Materialien wie Kevlar und Kohlenfaser.

Nachhaltigkeit im Fokus

Doch obwohl maritimes Traditionsunternehmen, geht Elvstrøm Sails mit der Zeit. Nachhaltigkeit wird ein immer größeres Thema. So werden unter dem Namen „Ekko“ Segel angeboten, die aus recyceltem Material hergestellt wurden. „Dänemark ist als nachhaltiges Land bekannt, und auch wir wollen unseren Teil dazu beitragen, damit wir die Ressourcen schonen“, erklärt Lise-Lotte Møhring Larsen. Zudem verwenden die Segelhersteller Strom, der zu 100 Prozent aus nachhaltiger Produktion mit Windkraft gewonnen wird. „Und wir kompensieren hier sogar, weil wir in unseren Tochterunternehmen zum Teil nicht auf solche Stromanbieter zurückgreifen können“, sagt die Marketingchefin. Der Anteil der wiederverwerteten Materialien solle in den kommenden Jahren stetig steigen, berichtet die Mitarbeiterin.

Treue Mitarbeiter

Knapp 10.000 Segel verlassen jedes Jahr das Apenrader Gebäude, und die rote Krone ist in vielen Häfen weltweit zu finden. „Das macht mich stolz“, erklärt Qualitätsmanager Steffen Britsch Schultz. Und nicht nur das: „Als zum Beispiel Jesper Bank bei den Olympischen Spielen mit einem Segel gewann, an dem ich mitgearbeitet habe, war das ein großartiges Gefühl“, erinnert er sich. „Es waren unsere Arbeit, unser Handwerk, unser Können und unser Know-how, was zu dem Erfolg beigetragen hat“, ergänzt er. 

 

Jede Naht, die das Segel ziert, ist per Hand mit einer besonderen Nähmaschine gesetzt worden. Foto: Klaus Andrews

Mit dem Gefühl steht er offensichtlich nicht allein, denn das Unternehmen hat einen treuen Mitarbeiterstamm. Vor kurzem gab es sogar ein 40-jähriges Firmenjubiläum zu feiern. Die aus Vietnam als Bootsflüchtling nach Dänemark eingewanderte Nga Thi Van Doan – sie wurde von der Königin sogar kürzlich mit einer Medaille ausgezeichnet – hat bis zur ihrer Pensionierung kurz danach Segel genäht.

Doch es sei nicht nur der Stolz auf das Produkt, was die Mitarbeiter zusammenhalte. „Wir haben eine sehr flache Unternehmensorganisation und viele Kontakte untereinander“, so Britsch Schultz, dessen Kollegen aus zehn Nationen, unter anderem auch Deutschland, kommen. Sie alle haben eine besondere Position im Herstellungsprozess und „sind Spezialisten auf ihrem Gebiet und deshalb nur schwer zu ersetzen“, wie Møhring Larsen erklärt. Deshalb werden die Corona-Restriktionen im Unternehmen auch sehr strikt eingehalten. Besuche sind nicht erlaubt, und die Mitarbeiter sind seit Monaten in den Abteilungen für sich. Kontakte gibt es nur in Ausnahmefällen.

Tradition Seite an Seite mit moderner Technologie

In der Produktionshalle stehen traditionelle Segelmacherei und modernsten Herstellungsmethoden dicht beieinander. Das althergebrachte Segelmacherhandwerk wird weiterhin gebraucht, denn zwar übernehmen Maschinen und Roboter einen Teil der Produktion, doch nur die Hand und das Auge des Menschen können die vorgeschnittenen Teile eines Segels so formvollendet zusammenbringen, dass das Segel später am Bootsmast richtig funktioniert.

Ganz genau werden die Segel von den Segelmachern zurechtgeschnitten. Nur sie können das Segeltuch auf den Millimeter genau trimmen. Foto: Elvstrøm Sails
Die Flucht ist nicht exakt gerade, aber das ist gewollt, denn erst mit der Wölbung im Segel entsteht die typische Form, in der sich der Wind fangen kann und über das Tuch hinausgeleitet wird. Erst dadurch wird das Boot angetrieben. Foto: Elvstrøm Sails

So schneiden zwei große, durch Computer gesteuerte Maschinen, die Teile für das Segel zwar zurecht, doch das Kleben und Nähen übernehmen Mitarbeiter. Segel werden nämlich nicht aus einem Stück gefertigt. Einzelne Teile werden zu einem Segel zusammengefügt. Etwa 30 Meter ist das Schneidebrett lang, über das die Laser- bzw. Messerschneidemaschine langsam und computergesteuert fährt und die Stücke ausschneidet. Ein Messer wird bei den Materialien benutzt, die nicht ausfransen können. 

Segel von klein bis groß

Das kleinste Segel, das die Apenrader herstellen, hat die Größe von einem Quadratmeter. Die meisten Segel sind 50 Quadratmeter groß. Das größte bisher angefertigte Segel hatte eine Fläche von 1.500 Quadratmetern. Dafür musste extra eine Halle angemietet werden. „Das Segel war für den Besitzer einer sogenannten Superyacht“, wie der Qualitätsmanager sich erinnert. Zwischen zwei Tagen und mehreren Monaten dauert die Produktion eines Segels – je nach Aufwand. 

Auch Spinnaker, die großen ausgestellten Segel am Bug, stellen die Rothenkruger Segelmacher her. Sie müssen besonders leicht und flexibel, dabei jedoch widerstandsfähig sein. Foto: Elvstrøm Sails

Am Anfang eines jeden Segels steht jedoch das Design. Es muss berechnet werden, wie sich der Wind im Segel fängt und wie die Luft im und am Segel vorbeigeführt wird. Das machen Kollegen von Steffen Britsch Schultz, „die viel Erfahrung mit dem Segeldesign haben“.

Segeltuch aus Apenrade

In der großen Halle steht auch eine Maschine, die nach dem sogenannten Epex-Verfahren Segeltuch herstellt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um traditionelles Segeltuch, sondern um Hightech-Materialien, die zusammengebracht werden. Mit dem Segeltuch aus vergangenen Tagen hat das nicht mehr viel gemein.

In dieser Halle werden die einzelnen geschnittenen Teile zu einem Segel zusammengesetzt, verklebt und schließlich genäht. Foto: Klaus Andrews

Auf eine Grundfläche aus einem besonders leichten Kunststoff werden von einem Roboter Fäden aufgebracht – etwa aus Kevlar oder Kohlenstoff. Die machen das Segel besonders stabil, bei geringem Gewicht. Gehalten wird das etwa 10 mal 30 Meter große Segeltuch auf der Maschinengrundplatte durch ein Vakuum. 

Corona hatte nicht nur negative Auswirkung

Die Corona-Krise hat Elvstrøm Sails nicht so hart getroffen, wie andere Branchen. Im Gegenteil:  „Wie in anderen Branchen, wie bei anderen Individual-Urlauben haben die Leute das Segeln mehr für sich entdeckt. So sehen wir zudem immer mehr Menschen, die sich ein Segelboot zulegen und dementsprechend Segel benötigen“, berichtet Lise-Lotte Møhring Larsen.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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