75 Jahre „Der Nordschleswiger“
Ehemaliger Setzer: „Der Artikel ist da, sobald man klickt!"
Ehemaliger Setzer: „Der Artikel ist da, sobald man klickt!"
Ehemaliger Setzer: „Der Artikel ist da, sobald man klickt!"
Diesen Artikel vorlesen lassen.
„Der Nordschleswiger“ wurde am 2. Februar 75 Jahre alt. Wir bringen im Laufe des Jubiläumsjahres eine Serie über uns selbst. Ehemalige Mitarbeiter blicken zurück auf ihre Zeit bei der Zeitung der deutschen Minderheit. In diesem Artikel erinnert sich Schriftsetzer Viggo Jørgensen an seine 22 Dienstjahre bei dem Medium.
Viggo Jørgensen hat 22 Jahre in der Setzerei des „Nordschleswigers” gearbeitet. Der Apenrader hatte seinen ersten Arbeitstag im Juli 1976 „Es waren gute Jahre. Ich bin immer gut gelaunt zur Arbeit gegangen“, resümiert Jørgensen.
Chefredakteur verschönerte die Wartezeit
Der damalige Chefredakteur Jes Schmidt verstarb drei Jahre nachdem Viggo Jørgensen in das Team der Setzerei aufgenommen wurde. Siegfried Matlok, der 1964 in die Redaktion eintrat, wurde im September 1979 zum Chefredakteur ernannt.
„Jes Schmidt war neben seiner Arbeit bei der Zeitung politisch tätig in Kopenhagen“, erinnert Jørgensen daran, dass Schmidt von 1973 bis zu seinem Tod die deutsche Minderheit aufgrund einer wahltechnischen Zusammenarbeit mit der dänischen Partei „Centrumdemokraten" (Centrum-Demokrater) einen Vertreter im dänischen Parlament hatte. Der deutsch-nordschleswigsche Folketingsabgeordnete wurde auf dieser Grundlage 1973, 1975 und 1977 gewählt. (Weitere Informationen unter www.bdn.dk)
„Wenn Schmidt im Pressehaus war und seinen Leitartikel vor dem Druck noch einmal zur Durchsicht haben wollte, ging einer der Setzer mit einem Abdruck in sein Büro“, sagt Viggo Jørgensen: „Schmidt hat mich immer freundlich begrüßt. In der Wartezeit bot er mir sogar ein Glas Cognac an.“
Schmidt hat mich immer freundlich begrüßt. In der Wartezeit bot er mir sogar ein Glas Cognac an.
Viggo Jørgensen, Setzer im Ruhestand
Zeile um Zeile in Blei gegossen
Viggo Jørgensen setzte in den 1970er Jahren die Überschriften in Blei. „Wir hatten auch vier Setzmaschinen, an denen wir arbeiteten. Die Elemente wurden in einem großen Rahmen, der als Schiff bezeichnet wurde, zusammengepresst und für den Druck in Flensburg zurechtgemacht, sagt Jørgensen. Wenn beim Korrekturlesen Rechtschreibfehler angemerkt wurden, führten die Setzer Korrekturen an dem erzeugten Satz durch.
Die „Bleizeit“ verschwand bei der Zeitung
Beim „Nordschleswiger“ wurde der Bleisatz 1983 von dem Fotosatz von „Norsk Data“ abgelöst. Das bedeutete für Viggo Jørgensen und seine Kollegen den Wandel von einem filigranen Handwerk hin zur Digitalisierung. Das EDV-System brachte eine große Arbeitserleichterung, erklärt Viggo Jørgensen, der sich im Zuge der technischen Umwälzungen weiterbildete.
Artikel im Lichtkasten
„Die Arbeit in der Setzerei wurde wesentlich einfacher. Wir konnten dann am Computerschirm arbeiten.“ Jørgensen erinnert sich daran, dass er, wenn er für die Morgenschicht eingeteilt war, das Layout der Titelseite und den folgenden Seiten, darunter die Seiten der Lokalredaktionen in Hadersleben (Haderslev), Tondern (Tønder), Sonderburg (Sønderborg), Apenrade (Aabenraa) und Tingleff (Tinglev), mit dem diensthabenden Redakteur am Leuchttisch, auf dem die Artikel geklebt wurden, abstimmte.
Die Artikel wurden am Schirm Korrektur gelesen und als Fotosatz herausgefahren. Danach wurden die einzelnen Artikel rausgeschnitten und auf eine Seite aufgeklebt. Von der ganzen Seite machten Jørgensen und seine Kollegen dann ein Bild und die Bilder wurden nach Flensburg gefahren in die Druckerei des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages.
Ganzseitenumbruch in den 1990er Jahren
Die nächste technische Revolution kam 1994 bei der Umstellung auf Ganzseitenumbruch. Bei dem elektronischen Satz- und Redaktionssystem arbeiteten die Redakteure auf einer ganzen Zeitungsseite. Die Fotosatzseite wurde nach Flensburg gefahren, bis zur Digitalisierung des Übermittlungsprozesses.
Viggo Jørgensen musste seine Arbeitsweise erneut ändern und das Fortschreiten der Digitalisierung bedeutete gleichzeitig, dass der Arbeitsaufwand in der Setzerei geringer wurde. „Ich bin 1998 in den Vorruhestand gegangen“, sagt Jørgensen.
Ausbildung auf Bornholm
Der gebürtige Apenrader machte einen Teil seiner Ausbildung als Typograf in Hasle auf Bornholm. Nach dem Militärdienst hatte er verschiedene Arbeitsplätze, bevor er zum „Nordschleswiger” kam. Obwohl er nicht in der deutschen Minderheit aufgewachsen ist, hatte er keine Probleme mit der deutschen Sprache: „Das lief ganz gut”, versichert Viggo Jørgensen.
Briefmarken, Musik und ein Klick auf die Onlinezeitung
Auch nach dem Ausscheiden aus dem „Nordschleswiger”-Team schaut der Rentner ab und an im Medienhaus an der Schiffbrücke vorbei. Zu den Freizeitinteressen des 81-Jährigen gehört unter anderem das Sammeln von Briefmarken.
Des Weiteren war Viggo Jørgensen jahrzehntelang Mitglied von „Aabenraa Brass Band“. „Als ich mich 2015 aus der Band zurückzog, wurde ich mit einer Ehrenmitgliedschaft aufgezeichnet”, freut er sich. Nun musiziert er vornehmlich im Orchester der Freiwilligen Feuerwehr in Tingleff. Jørgensen spielt seit etwa 50 Jahren das Blechinstrument Bariton. Die Zeitung hat er bis zur Digitalisierung am 3. Februar in den Briefkasten bekommen. „Jetzt lese ich sie digital. Das ist besser und einfacher. Der Artikel ist da, sobald man klickt. Die Qualität der Bilder ist auch sehr gut”, sagt Jørgensen und lacht.