Deutsche Minderheit
SP „prüfte“ Regionsratskandidatinnen und -kandidaten
SP „prüfte“ Regionsratskandidatinnen und -kandidaten
SP „prüfte“ Regionsratskandidatinnen und -kandidaten
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Beim „Runden Tisch“ im Haus Nordschleswig in Apenrade unterstrich ein breites Parteienspektrum sein Interesse an Themen der deutschen Nordschleswiger und deren Stimmenpotenzial. Auch zweisprachige Ortsschilder kamen zur Sprache.
Die Schleswigsche Partei (SP) hat im Vorfeld der anstehenden Wahlen entschieden, sich ganz auf die Eroberung von Mandaten in den vier nordschleswigschen Kommunen zu konzentrieren und im Gegensatz zu 2017 auf eine Kandidatur für den Regionsrat Süddänemark zu verzichten. Dennoch behält die SP den Regionsrat im Auge, bei dem vor allem im Gesundheitswesen, bei Umweltaufgaben und der deutsch-dänischen Zusammenarbeit Kompentenzen angesiedelt sind. Das wurde am Dienstagabend bei einem „Runden Tisch“ im Haus Nordschleswig in Apenrade unterstrichen, zu dem Vertreterinnen und Vertreter fast aller bei der Regionsratswahl am 16. November antretenden Parteien gekommen waren, um mit SP-Politikern und dem Hauptvorsitzenden des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, zu diskutieren.
Stimmen der SP zu vergeben
„Es sind mehrere Tausend Stimmen frei“, meinte Diskussionsleiter Gösta Toft zu Beginn der Veranstaltung“, der nach Diskussionen über eine Abschaffung der Regionen samt ihrer Regionalparlamente vor den Wahlen 2017 ebenso wie der Vorsitzende der SP, Carsten Leth Schmidt, auf die wichtigen Aufgabenbereiche der Region im Gesundheitssektor und der Zusammenarbeit über die deutsch-dänische Grenze hinweg hinwies.
Während als erster Parteienvertreter Karsten Byrgesen von De Nye Borgerlige sich in der Vorstellungsrunde als Anhänger enger Zusammenarbeit der Region mit den deutschen Nachbarn und verständnisvoll für die deutsche Minderheit präsentierte, signalisierte er aber später Ablehnung gegenüber deutschen Ortstafeln in Nordschleswig, nachdem Vibeke Syppli Enrum von der Einheitsliste als Letzte in der Präsentationsrunde dieses „heiße Eisen“ zur Sprache gebracht hatte. „Ich bin zwar Kopenhagenerin und kann kein Deutsch, aber mit einem Nordschleswiger verheiratet und im deutsch-dänischen Ausschuss gewesen. Ich finde, die Ortsschilder sollen auf Deutsch und Dänisch beschriftet werden, das ist ja auch in Polen möglich“, sagte sie und unterstrich das Nein ihrer Partei zu einer Brücke zwischen Alsen (Als) und Fünen (Fyn), das sei aus Klimaschutzgründen wegen Förderung des Autoverkehrs das falsche Projekt. Bei den Interregmitteln forderte sie Einsatz der Gelder zugunsten von Arbeitsplätzen für Menschen statt für Roboter.
Mehr für deutsche Sprache tun
Dorthe Schmittroth Madsen, die zusammen mit ihrem Parteikollegen und Regionsspitzenkandidaten Morten Weiss die Konservativen repräsentierte, stellte die Förderung der deutschen Sprache in Dänemark in den Mittelpunkt ihres Beitrags. „Deutsch ist wichtig für die deutsche Wirtschaft“, so die Politikerin, die kurzfristig mehr deutsch-dänische Projekte im Ausbildungssektor und in der Kultur forderte, vor allem mehr grenzüberschreitende Praktika. Der Venstre-Vertreter Mads Skau überbrachte Grüße von der Regionsratsvorsitzenden Stephanie Lose und stellte sich als Akteur der deutsch-dänischen Zusammenarbeit als Vorsitzender des Ausschusses für den prähospitalen Einsatz und Mitglied im Umweltausschuss vor.
„Wir nutzen den deutschen Rettungshubschrauber und die Krankenwagen“, so Skau, der auf das gesteigerte Interesse auch in Deutschland an der deutsch-dänischen Grenzregion im Jubiläumsjahr der Grenzziehung hinwies. „Die grenzüberschreitende Notfallbereitschaft funktioniert gut“, so Skau.
Streichung der Flensburger Strahlentherapie „Katastrophe"
Allerdings war da das sozialdemokratische Regionsratsmitglied Jørn Lehmann Petersen, der erneut in das Regionalparlament einziehen möchte, trotz positiver Gesamtbilanz der dänisch-deutschen Zusammenarbeit in einigen Punkten anderer Meinung. „Es ist eine Katastrophe, dass die Strahlenbehandlung für dänische Patienten in Flensburg nicht beibehalten werden konnte“, so der frühere Bürgermeister der Kommune Broacker (Broager), der bei einer Wiederaufnahme der Behandlung dänischer Bürgerinnen und Bürger in Flensburg für Angebote für deutsche Patientinnen und Patienten in dänischen Krankenhäusern plädierte.
Deutsche Patienten in „Gigthospital"?
Vorgeschlagen wurde eine Nutzung des auf die Behandlung rheumatischer Erkrankungen spezialisierten „Gigthospitals“ in Sonderburg (Sønderborg). Lehmann Petersen sprach sich für eine Platzierung des Themas Wirtschaftsförderung mit grenzüberschreitender Perspektive bei der Region aus. Er verwies dabei auf den Vorschlag des Danfoss-Aufsichtsratsvorsitzenden Jørgen Mads Clausen, eine Task Force für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu schaffen. Auch beim Umweltschutz müsste in der deutsch-dänischen Grenzregion viel mehr kooperiert werden, so Lehmann Petersen.
Nach ihm sprach Henrik Boye von den Alternativen. Er forderte, dass schulische und berufliche Abschlüsse über die Grenze hinweg leichter anerkannt werden müssten. „Nach der Errichtung des Grenzzauns ist es mit der Grenzzusammenarbeit bergab gegangen“, so der Kandidat der Alternativen und forderte Erleichterungen im grenzüberschreitenden Bus- und Zugverkehr, vor allem beim Erwerb der Fahrkarten.
Für Schwangerschaftsabbrüche in Dänemark
Zum Thema grenzüberschreitende Nutzung der Gesundheitsangebote meinte er, dass dänische Kliniken bei Schwangerschaftsabbrüchen einspringen könnten, wenn solche Eingriffe künftig im neuen kirchlichen Krankenhaus in Flensburg nicht möglich sein sollten. Er kritisierte ausdrücklich die zurückliegenden Grenzsperrungen, die vielen Menschen den Alltag erschwert hätten. „Da geht es bei Besuchen auf der deutschen Seite bestimmt nicht nur um Dosenbier“, so Boye. Sein Parteifreund Torben Nicolaisen erinnerte an den gemeinsamen Protest mit Südschleswigschen Wählerverband (SSW) und SP gegen den Wildschweinzaun an der Grenze. Anna Astrid Høj Nielsen von der Veganerpartei, meinte ihre Partei sei für Vielfalt und deshalb für Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit. „An der Grenze muss es mit der Förderung der Sprachen Deutsch und Dänisch in beide Richtungen gehen“, so die Politikerin, die eine Zusammenarbeit mit den deutschen Nachbarn in Wirtschaft und Gesundheitswesen fordert.
Als Kenner der deutsch-dänischen Zusammenarbeit und Kritiker der Behinderungen der grenzüberschreitenden Verbindungen präsentierte sich Nils Sjøberg von der Radikalen Venstre. „Süddänemark muss das Tor zu Europa sein und darf nicht länger als ,Udkantsdanmark‘ benachteiligt werden“, so der Politiker, der erklärte, dass er mit vielen Forderungen im Programm der SP übereinstimme. „Der zweigleisige Ausbau der Bahn von Tingleff nach Pattburg ist nötig, vor allem, um anstelle des umweltbelastenden, immer stärkeren Lkw-Verkehrs mehr Güter auf die Schiene zu verlagern“, so Sjøberg, der sich für eine wieder stärkere Kooperation über die Grenze im Gesundheitswesen aussprach und forderte, eine gemeinsame Grenzregion anzustreben, genauso wie es eine gemeinsame Natur gibt.
Grenzpendlern das Leben erleichtern
Der SF-Kandidat mit Erfahrung in der Regionsratsarbeit, John H. Jensen, berichtete über seinen Einsatz für den grenzüberschreitenden Hubschrauber. Bei seinen Gedanken über eine wünschenswerte grenzüberschreitende Zusammenarbeit konnte er auf seine Arbeit mit vielen Studierenden von südlich der Grenze als Lehrkraft zur Ausbildung im Sozial- und Gesundheitswesen anknüpfen. „Corona hat da wirklich Folgen gehabt“, so Jensen unter Hinweis auf die Grenzschließungen. „Ich habe Kästen mit Unterrichtsmaterial zur Grenze gebracht und über die Absperrung an die Studierenden weitergereicht“, berichtete er und meinte, im Zuge der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit könnten deutsche Partner von Digitalisierungskonzepten der dänischen Seite profitieren.
Und er konnte sich auch eine Anmerkung nicht verkneifen: „Ich kenne viele Polizisten, die haben selten unsinnigere Arbeiten ausgeführt als während der Grenzsperrung.“ Und so kam er mit dem Appell: „Den Grenzpendlern muss die Grenzquerung so leicht wie möglich gemacht werden. Die Grenze ist eine politische Grenze. Vor allem der Umwelt ist sie egal, deshalb muss der öffentliche Verkehr über die Grenze ausgebaut werden, vor allem auch zwischen Apenrade und Flensburg."
Christdemokraten mit SP verbunden
Der Kandidat der Christdemokraten (KD), Niels Møller Jessen, unterstrich die langjährige Kooperation mit der Schleswigschen Partei auf kommunaler Ebene, die er gerne fortsetzen möchte. „Wir sind Dänemarks Familienpartei“, so Møller Jessen und meinte, ein Blick in das SP-Programm belege, dass es viele Gemeinsamkeiten gebe. So unterstütze KD auch die freien Grundschulen und Nachschulen, dazu zähle auch die Berücksichtigung dieser Schulen bei den Linien des öffentlichen Nahverkehrs. „Wir sind enttäuscht über die Rückschritte bei der grenzüberschreitenden Krankenhausbehandlung“, so der Politiker, der fordert, dass physische und psychische Erkrankungen im Gesundheitswesen ebenbürtig eingestuft werden. Es müsse viel mehr vorbeugenden Einsatz geben, und die Angebote müssten geografisch ausgeglichen angeboten werden.