Leitartikel
„Nordschleswig braucht den Schulterschluss“
Nordschleswig braucht den Schulterschluss
Nordschleswig braucht den Schulterschluss
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Mittwoch lobte Chefredakteur Gwyn Nissen die neue Regierung für ihren Mut. Doch nun übt er Kritik an den drei Regierungsparteien, die bei der Kabinettsbildung Nordschleswig außen vor gelassen haben. Eine gefährliche Entwicklung für den Landesteil, warnt er.
Das hat es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben: In der neuen SVM-Regierung von Mette Frederiksen steht Nordschleswig ganz außen vor, nachdem für den bisherigen Bildungs- und Forschungsminister Jesper Petersen (Sozialdemokratie) aus Hadersleben kein Platz mehr war.
Es ist eine gefährliche Entwicklung, dass ein ganzer Landesteil leer ausgeht. Dabei ist es nur ein schwacher Trost, dass mit Seniorenministerin Mette Kierkgaard (Moderate) aus Ripen (Ribe) und Ökonomieminister Troels Lund Poulsen (Venstre) aus Vejle zwei aus Südjütland ins neue Kabinett berufen worden sind.
Troels Lund Poulsen ist beim Ringreiter-Frokost in Apenrade zwar ein häufiger Gast im Festzelt gewesen, doch das Wissen über Nordschleswig und die Herausforderungen im deutsch-dänischen Grenzland sind in der neuen Regierung ansonsten gleich null.
Weder die Sozialdemokratie, noch die Partei Venstre oder die Moderaten hielten es für nötig, eine Ministerin oder einen Minister aus dem südlichsten Landesteil zu holen. Dabei gäbe es Kandidaten – teilweise sogar mit Ministererfahrung: Benny Engelbrecht oder eben Jesper Petersen von den Sozialdemokraten, Henrik Frandsen von den Moderaten oder Routinier Hans Chr. Schmidt von Venstre.
Eine Anni Matthiesen von Venstre oder Birgitte Vind von den Sozialdemokraten – beide aus Süddänemark – wären auch noch vertretbar gewesen, weil sie durch ihre Minderheiten-Arbeit das Grenzland inzwischen kennen. Denn auch der für die Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland verantwortliche Kulturminister Jakob-Engel Schmidt von Lars Løkkes Moderaten ist auf diesem Gebiet ein Novize.
Die nordschleswiglose Regierung stellt hohe Anforderungen an das Agieren der sechs nordschleswigschen Folketingsmitglieder. Sie müssen ihre Lehren aus der neugebildeten Regierung ziehen und ebenfalls über die Mitte hinweg für Nordschleswig arbeiten.
Doch auch die Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger selbst sind gefragt und müssen den Rückschlag schnell wegstecken: Wirtschaft, Kultur, Kommunen, Bildungsstätten, Mehrheit und Minderheit – sie alle müssen gemeinsame Sache machen, noch enger zusammenrücken – Schulter an Schulter.
In der neuen Regierung wird es in schlechten Zeiten keine Stimme für das Erhalten eines Sinfonieorchesters oder eines Museums geben. Niemand wird sich stark machen für neue Studiengänge an der Universität oder neue Ausbildungen im Süden Dänemarks. Und niemand wird in der Regierung auf die wirtschaftliche Entwicklung in Nordschleswig achten oder eine Kaserne retten.
Wenn Nordschleswig es nicht versteht, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, werden wir bald wie Schiffbrüchige allein auf unseren kleinen Inseln stehen und vergeblich dem Regierungsflieger in 10.000 Meter Höhe zuwinken.
Nordschleswig benötigt mehr denn je eine laute und gemeinsame Stimme. Und den Schulterschluss.