Leitartikel
„Deutschunterricht: Politischer Wille gegen gesellschaftliche Tendenz“
Deutschunterricht: Politischer Wille gegen gesellschaftliche Tendenz
Politischer Wille gegen gesellschaftliche Tendenz
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Zwei Minister und zwei Mitglieder der Opposition waren sich am Donnerstag einig: Die deutsche Sprache muss in Dänemark gefördert werden. „Nordschleswiger"-Redakteur Helge Möller kommentiert.
Es ist wie mit dem Streit um zu schwere Schulranzen, der in Deutschland vor längerer Zeit aufs Tableau kam. Weil jeder einzelne Lehrer eines Schülers meinte, dies und jenes Buch sei unentbehrlich für den Unterricht, wurden die Ranzen in der Summe viel zu schwer für die schmalen Kinderschultern.
Weil es in jüngster Vergangenheit passierte, dass Lehrer im Zweifel eine Aufgabe mehr per Mausklick schickten, dehnte sich der Schultag in der Corona-Pandemie.
Sparen kann also sinnvoll sein. Da ist die Idee, den Tag an der dänischen Volksschule für die Kinder zu kürzen, zumindest nachvollziehbar. Aber wo kürzen? Beim Deutschunterricht, so eine Idee, publiziert unter folkeskolen.dk. Das Argument: Deutsche können mittlerweile so gut Englisch, dass man dort auch auf diese Sprache ausweichen kann.
Die Regierung und die Partei Venstre sind sich aber einig, dass es nicht weniger Deutsch in der Schule geben sollte, sondern mehr. Mehr Dänen sollen wieder gut Deutsch sprechen – auch aus ganz pragmatischer, wirtschaftlicher Sicht. Weil es eben doch gut sei, in Deutschland deutsch zu sprechen, so Unterrichtsministerin Pernille Rosenkrantz-Theil (Soz.). Und dass das Argument „Deutsche sprechen genug Englisch“ nicht immer zutrifft, lässt sich im Interview mit den beiden Unternehmern Karsten Madsen und Mads Himstedt sowie der Marketing-Expertin Damaris Böhlig nachlesen. Anscheinend sind Unternehmer in Deutschland doch noch froh, wenn man ihnen sprachlich entgegenkommt.
Zum argumentativen Gleichgewicht passen dann noch Stimmen, die sagen, immer weniger junge Menschen wollten Deutsch unterrichten, die Zahl der Studierenden in Lehramt gehe zurück. Andere sagen, ja, das stimme wohl, doch gebe es mittlerweile andere Studiengänge, in denen Deutsch eine große Rolle spiele.
So gibt es ein Für und Wider, es ist schwer, wie fast immer, wenn es um Bildungspolitik geht, noch durchzublicken.
Sollte es so sein, dass die deutsche Sprache nicht mehr „in“ ist, aus der Mode kommt, dann könnte es sein, dass sich dieser Prozess nicht aufhalten lässt, egal, welche politischen Weichenstellungen Parteien vornehmen.
Gegen einen solchen Zeitgeist anzuarbeiten ist keine leichte Aufgabe, es bedarf wohl viel Mühe, Kindern zu zeigen, dass Deutsch, obwohl nicht ganz so einfach, doch auch nicht out ist. Locken doch in späteren Jugendjahren auch interessante Städte wie Hamburg oder Berlin, wo das Gelernte anwendbar ist. Das Online-Portal „Grenzgenial“ arbeitet daran, Lust auf Deutsch zu machen, und das ist wichtig.
Wohin die Reise der deutschen Sprache in Dänemark geht, bleibt letztlich wohl ungewiss und spannend zu verfolgen.
Bemerkenswert ist aber der parteiübergreifende Wille, diese Sprache in Dänemark zu stärken und sie zum Thema zu machen. Deutsch ist in Dänemark auf der Tagesordnung. Wichtig war auch der Hinweis, der in der Fragestunde fiel, dass Deutsch eine Minderheitensprache in Dänemark ist und deshalb auch einen direkten Bezug zu Dänemark hat.
In diesem Umfang wird über andere Sprachen nicht diskutiert.