Diese Woche in Kopenhagen

„Wahlausschreibung in dieser Woche – aber wie?“

Wahlausschreibung in dieser Woche – aber wie?

Wahlausschreibung in dieser Woche – aber wie?

Kopenhagen
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Wenn nicht etwas sehr Unerwartetes geschieht, wird Staatsministerin Mette Frederiksen in dieser Woche die Folketingswahl ausschreiben. Walter Turnowsky beschreibt die Szenarien, wie dies geschehen kann.

Radikale Venstre haben als Reaktion auf den Bericht der Mink-Kommission gefordert, Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) soll spätestens zur Eröffnung des Folketings am 4. Oktober die Wahl ausschreiben. Tut sie dies nicht, will die Partei einen Misstrauensantrag stellen. Da die bürgerliche Opposition dafür stimmen würde, hätte ein solcher Antrag eine Mehrheit.

Auch nachdem die Sabotageakte an den Gasleitungen in der Ostsee entdeckt worden sind, halten die Radikalen an der Androhung eines Misstrauensantrages fest. Daher ergeben sich grundsätzlich vier Varianten für die Ereignisse der kommenden Woche. Ungewiss bleibt, wann der Wahltermin ist. Eine Frist von drei bis vier Wochen ist zwar üblich, aber in keiner Weise zwingend.

Derzeit scheint am wahrscheinlichsten, dass Frederiksen die Wahl am Mittwoch ausschreiben wird.

1. Die Eröffnungsrede

Bei der Eröffnung des Folketings gibt es nur zwei Tagesordnungspunkte. Zunächst wird der Vorsitz, das Präsidium, des Folketings gewählt. Danach hält die Staatsministerin, im Beisein des Königshaus, ihre Eröffnungsrede.

Normalerweise hat der Eröffnungstag etwas von der ausgelassenen Stimmung eines ersten Schultages. Das wird dieses Jahr nicht so sein. Auch die Rede von Mette Frederiksen wird anders sein als sonst.

Üblicherweise geht es in ihr um die zentralen Vorhaben der Regierung für das kommende Jahr. Diesmal ist anzunehmen, dass sie in hohem Maß den Charakter einer Wahlkampfrede haben wird. Mette Frederiksen könnte die Rede nutzen, um die Wahl auszuschreiben.

2. Der freie Tag

Die Radikalen haben in ihrem Ultimatum zwar den 4. Oktober genannt, da der Tag nach der Eröffnungsrede jedoch ein sitzungsfreier Tag ist, gibt das de facto der Regierungschefin einen extra Tag.

Es könnte durchaus für sie attraktiv sein, die Eröffnungsrede wirken und die öffentliche Diskussion über sie einen Tag lang laufen zu lassen. Daher ist der Mittwoch der wahrscheinlichste Tag für die Wahlausschreibung – außer Frederiksen lässt es darauf ankommen und zwingt die Radikalen, den Misstrauensantrag zu stellen.

Im Prinzip kann sie auch noch am Donnerstag vor Beginn der Eröffnungsdebatte die Wahl ausschreiben. 

3. Misstrauensantrag und Wahlausschreibung

Eine Motivation, den Misstrauensantrag zu erzwingen, könnte sein, die Radikalen als verantwortungslos darzustellen. Nach der Sabotage in der Ostsee könnte die Versuchung dazu größer geworden sein.

Dann müsste die sozialliberale Unterstützerpartei während der Debatte über die Eröffnungsrede der Staatsministerin am Donnerstag den Antrag einbringen. Erhält ein Misstrauensantrag gegen eine Ministerin oder einen Minister eine Mehrheit, muss die Person zurücktreten.

Gilt er jedoch der Staatsministerin, muss die gesamte Regierung zurücktreten, oder sie muss Neuwahlen ausschreiben. Frederiksen könnte also als Reaktion auf das Votum die Wahlen ausschreiben.

Es gibt keine präzise Frist, zu welchem Termin die Wahlen abgehalten werden müssen. Dazu weiter unten noch mehr.

4. Misstrauensantrag und Regierungsumbildung

Wie erwähnt, könnte Frederiksen auch entscheiden, dass die Regierung zurücktritt. Dann würden Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung, die sogenannte „Dronningerunde“, eingeleitet. Der Name kommt daher, dass die Königin nach Vorschlag der Parteien eine Verhandlungsleiterin oder einen Verhandlungsleiter ernennt.

Diese Variante erscheint sehr unwahrscheinlich, denn die Frage ist, was die Regierungschefin damit erreichen wollte. Eine neue Mehrheit für sie zeichnet sich nicht ab.

Dass ich sie nicht ganz ausschließen möchte, liegt daran, dass Frederiksen es als taktisches Manöver versuchen könnte, um nicht nur die Radikalen, sondern auch die Regierungsanwärter von Venstre und den Konservativen als verantwortungslos darzustellen.

Am Ende würde es wohl dennoch mit einer Wahl enden.

Wahltermin

Es gibt keine präzisen Bestimmungen dazu, wie schnell oder langsam nach der Ausschreibung die Wahl stattfinden muss. Üblicherweise werden drei Wochen als die kürzeste Frist genannt, doch das liegt daran, dass andere Fristen (zum Beispiel zur Anmeldung von Kandidatenlisten) ansonsten nicht eingehalten werden können.

Der wahrscheinlichste Wahltermin liegt somit zwischen dem 25. Oktober und dem 22. (eher 15.) November.

Walter Turnowsky, Korrespondent in Kopenhagen

Die drei Wochen sind daher in Dänemark die üblichste Frist, bisweilen sind es auch vier Wochen.

Es gibt jedoch keine Bestimmung, die besagt, dass die Frist nicht auch deutlich länger sein kann. Laut „TV2 Nord“ schreibt die Leitung des Folketings jedoch in einem Dokument, dass die Wahl innerhalb einer „angemessenen Frist“ stattfinden muss.

Das hängt damit zusammen, dass die parlamentarische Arbeit zum Erliegen kommt und die Regierung zu einer geschäftsführenden Regierung wird. Zwar ist auch das nicht in Regeln oder Gesetzen festgeschrieben, doch ist es Einverständnis unter den Parteien.

Die Staatsministerin darf daher, laut dem Dokument, die Wahl nicht so lange hinauszögern, dass eine Verabschiedung des Haushaltes vor dem 1. Januar nicht mehr möglich ist.

Soll genug Zeit für die Bildung einer neuen Regierung und die Beratung des Haushaltes bleiben, kann sie also nicht allzu weit in den November hineingehen.

Der wahrscheinlichste Wahltermin liegt somit zwischen dem 25. Oktober und dem 22. (eher 15.) November.

Mein Vorbehalt ist, dass irgendetwas geschieht, das bisher niemand vorhergesehen hat – was man selbstverständlich nicht ausschließen sollte.

Der Artikel ist am 4. Oktober um 10.35 Uhr aktualisiert worden.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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