Kommentar
„Tonderner-Marsch-Initiative: Ein Sechser im Lotto für Hoyer und Tondern“
Tonderner-Marsch-Initiative: Ein Sechser im Lotto
Tonderner-Marsch-Initiative: Ein Sechser im Lotto
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Das nahende Ende des Millionenprojekts wird am Sonnabend groß gefeiert. Mit beträchtlichen Zuwendungen haben Stiftungen in den beiden Orten beachtliche Spuren hinterlassen, meint Brigitta Lassen, Journalistin in der Tonderner Lokalredaktion.
Natürlich hat es in den vergangenen sieben Jahren Entbehrungen, Irritationen und divergierende Meinungen (über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten) zum Millionenprojekt Tonderner-Marsch-Initiative gegeben.
So ähnelte Hoyer (Højer) im Zuge der umfassenden Ortssanierung einer Baustelle, und aus der für zunächst auf fünf Jahre konzipierten Projektphase wurden sieben Jahre.
Die Straßen in Hoyer wurden aufgebrochen, um unter anderem eine neue Kanalisation zu legen. Die alten Gassen im historischen Teil des Ortes wurden wie früher wieder gepflastert.
In Hoyer hat die Marsch-Initiative viele erfreuliche Spuren hinterlassen. Man kann sich freuen und sagen: Und wir Steuerzahlende haben (fast) keinen Pfenning dazubezahlt. Das Gesamtprojekt sollte ursprünglich etwa 250 Millionen Kronen kosten. Es wurden mehr als 50 Millionen mehr.
Die Bevölkerung wurde in Arbeitsgruppen vor dem Startschuss in das Projekt einbezogen, vermisste aber unterwegs teilweise doch mehr Mitspracherecht und Informationen.
Alter Stolz ist zurückgekehrt
Für Hanne Sönnichsen, Gewerbetreibende in Hoyer, die sich am Prozess beteiligt hat, ist es am allerwichtigsten, dass der Ort seinen alten Stolz zurückgewonnen habe und Hoyer schöner geworden sei. Es sei notwendig gewesen, dass Auswärtige mit anderen Augen auf die Stadt geblickt haben. „Wir haben wohl ein bisschen Trübsal geblasen. Es bereitete Probleme, ungenutzte Möglichkeiten zu erkennen“, sagt sie in einem Interview im Jahresmagazin von Realdania.
Abriss des Ortes
Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei), Bürgermeister und Vorsitzender des Lenkungsausschusses für die Marsch-Initiative, freut sich über erzielten Ergebnisse. „Bevor das Projekt gestartet wurde, hieß es im Ort, man könne diesen bis auf die Kirche und die Mühle abreißen. Neben einer rückläufigen Bevölkerungszahl gab es keinen privaten Investor, der wagte, hier sein Geld anzulegen. Schwer war es auch, Kredite für den Kauf eines Hauses zu bekommen“, erklärt Popp im Jahresmagazin der Stiftung. Nun sei eine Wende eingetreten, was unter anderem der Tonderner-Marsch-Initiative zu verdanken sei. Der Optimismus sei zurückgekehrt.
Tief in die Taschen griffen mehrere Stiftungen – unter anderem Realdania, der A. P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond til Almene Formaal, und Nordea. Nicht nur das äußere Umfeld hat eine gewaltige Aufwertung erfahren. Auch die historischen Gebäude konnten mit guten Zuschüssen aufgemöbelt und die Baumasse in ihren früheren Zustand zurückversetzt werden.
Wer Hoyer vor dem Startschuss der Tonderner-Marsch-Initiative mit dem Jetztzustand vergleicht, kommt nicht umhin, das Ergebnis als sehr gelungen zu bezeichnen.
Zwei Jahre verspätet
Auch wenn das Ende des Gesamtprojekts fast sieben Jahre auf sich warten ließ, lohnte sich das Warten. Am Sonnabend, 23. September, soll der Einlauf ins Ziel auf dem neu gestalteten Markt in Hoyer gefeiert werden.
Ohne die Tonderner-Marsch-Initiative wäre der Ort zusehends verfallen, denn er sei vorher heruntergekommen gewesen, eine Aussage der Rentnerin Karin Thimsen aus Hoyer im April dieses Jahres zum „Nordschleswiger“. Der Ort habe einem Ruinendorf geähnelt.
„Wir haben so viel in Hoyer bekommen, über das wir uns freuen können“, lobte sie das Großprojekt.
Mit dem Einsatz wurden mehrere Ziele verfolgt. Schutz vor Überschwemmungen im Zuge der erwartet höheren Niederschlagsmengen, die Trennung von Regenwasser und von den Kanalisationsabwässern.
Dem Ort sollte ein kräftiger Boost gegeben und die historische Baumasse durch den Højer Byfond gerettet werden. Ein weiteres Ziel ist, den Tourismus und den Zuzug von Menschen und Betrieben anzukurbeln.
Hoyer und Umgebung haben an Attraktivität dazugewonnen. Beitragen sollen dazu unter anderem der 54 Kilometer lange Wanderweg Marskstien durch die Tonderner Marsch, die umgebauten Ausstellungen in der komplett renovierten und ausgebauten Mühle, die Marschen-Ausstellung im Schöpfwerk in Legan (Lægan) oder ein Aussichtsturm auf der Wiedauschleuse.
Auswärtigen Gästen, aber auch Einheimischen, sollen von diesen Positionen die ungewöhnliche Natur der Marsch, das Gezeitensystem und die Geschichte der Kulturlandschaft nähergebracht werden.
Die Ergebnisse lassen sich nicht von heute auf morgen ablesen. Aber was der Bevölkerung in Hoyer widerfahren ist, kann als nichts anderes als einen Hauptgewinn bezeichnet werden.
Auch für Tondern (Tønder) war die Initiative Tonderner Marsch ein Glücksfall. Dort ging es ebenfalls um die Verschönerung des historischen Ortskerns und der Parks sowie um Klimaschutz. Entsprechend wird am Sonnabend eine Busfahrt zum früher langweilig anmutenden Parkplatz an der Schiffbrücke unternommen, der sich in einen attraktiven Treffpunkt verwandelt hat. Gleiches gilt für die städtischen Parkanlagen.
Eine deutliche Aufwertung hat auch die Veranstaltung Smag på Marsken erfahren, bei der in Hoyer nordschleswigsche Spezialitäten aus dem Westküstenraum präsentiert, verkostet und gekauft werden können. Ab 10 Uhr werden die Herstellerinnen und Hersteller am Sonnabend ihre Produkte ausstellen.
Insgesamt bleibt nur zu sagen: Die Kommune hätte sich diese großen Projekte nie in diesem Umfang leisten können. Was im Frühsommer 2016 mit einer Pressekonferenz vor dem früheren Bürgermeisteramt in Hoyer begann, war ein Sechser im Lotto.
Hoyer und Tondern haben auf eine Aufwertung erfahren, die mit kommunalem Geld nicht zu bezahlen ist.