Ausbildung

Neuer Rektor: Als Crocodile Dundee durch Tondern gehen

Neuer Rektor: Als Crocodile Dundee durch Tondern gehen

Neuer Rektor: Als Crocodile Dundee durch Tondern gehen

Tondern/Tønder
Zuletzt aktualisiert um:
Karl Jørgen Møller auf der weißen Brücke im Park, die im Sommer anlässlich des Königinbesuchs neu angestrichen wurde. Foto: Brigitta Lassen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Karl Jørgen Møller wuchs in der dänischen Minderheit und mit der deutschen Minderheit auf. In Dänemark sei er der Deutsche, in Südschleswig der Däne gewesen, erzählt der 58-Jährige. Er würde als Chef des Tonderner Gymnasiums gerne die Zusammenarbeit mit dem Niebüller Gymnasium wieder aufnehmen.

Seine Eltern kamen ursprünglich aus dem nördlichen Jütland (Himmerland). Doch aus beruflichen Gründen führte es den heute 58-jährigen Karl Jørgen Møller mit seinen Eltern und seinen Geschwistern nach Südschleswig. Seit August ist Karl Jørgen Møller Rektor des Tonderner Gymnasiums. 

In Bramstedtlund südlich des nordschleswigschen Pepersmark (Pebersmark) übernahm sein Vater die Leitung der kleinen dänischen Schule. Die Mutter nahm sich der vier Kinder an, packte aber auch im Schulbetrieb als Aushilfe mit an. So wurde die Familie Møller ein Teil der dänischen Minderheit. Diese Verbindung riss nie ab. Auch nicht nach dem frühen Tod des Vaters, der 1965 als 36-Jähriger einem Krebsleiden erlag.

Über Tondern nach Rennberg

Die Mutter zog mit den vier kleinen Kindern nach Tondern. Die Familie fand ein neues Zuhause im Wohnblock am Nørremarksvej. Nach einigen Jahren bot ihr die dänische Minderheit eine Stelle als Hauswirtschafterin in der Jugendherberge Sydslesvighjemmet in Rennberg (Rendbjerg) bei Ekensund (Egernsund) an der Flensburger Förde an.

In Rennberg wuchsen die vier Møller-Kinder auf. „Obwohl ich immer der Deutsche in Dänemark und der Däne in Deutschland war, habe ich nirgendwo Anfeindungen erlebt. Wir spielten Fußball mit allen, egal ob wir deutscher oder dänischer Gesinnung waren. Das spielte überhaupt keine Rolle“, erzählt der 58-jährige, der sich als Kind des deutsch-dänischen Grenzlandes auffasst.

Der Rektor an seinem Schreibtisch. Den blau-weißen Ball warf er früher Schülerinnen und Schülern im Unterricht zu, wenn er ihnen das Wort erteilte. Fürs Unterrichten ist heute keine Zeit mehr. Foto: Brigitta Lassen

Er machte sein Abitur am Sonderburger Gymnasium, bevor er sein Studium als Gymnasiallehrer antrat. In seinem Sønderjysk hört man einen deutlichen Ostküsten-Akzent heraus.

Das Gymnasium in Tondern übernehmen zu dürfen, freut ihn über alle Maßen. „Ich habe hier meinen Traumjob gefunden, obwohl ich auch sehr gute Jahre an der Apenrader Staatsschule (Gymnasium, d. Red.) erlebt habe“, so der Studienrat, der früher Dänisch und Deutsch unterrichtete. In Apenrade (Aabenraa) war er Chef der naturwissenschaftlichen Abteilung.

Die Offenheit der Menschen im Westen gefällt mir besonders.

Karl Jørgen Møller

„Die Offenheit der Menschen im Westen gefällt mir besonders. Diese Eigenschaft habe ich auch bei unseren Schülerinnen und Schülern entdeckt, die stets freundlich und aufgeschlossen grüßen. Und meine Kollegen, von denen die wenigsten aus Nordschleswig kommen, haben sich diese Art auch angeeignet“, strahlt Møller.

Dabei erinnert er sich an ein besonderes Aha-Erlebnis vor seinem Dienstantritt. Da er nach den Sommerferien 2022 Rektor des Gymnasiums wurde, fuhr er Anfang August nach Tondern. Er musste sich auch einen Schlüssel für seinen neuen Arbeitsplatz holen.

Erlebnis auf der Brücke

„Ich unternahm einen Spaziergang im Park, der das Gymnasium umgibt. Ich sah zwei Zimmerleute, als sie die weiße Brücke strichen, was mich wunderte. Die beiden Handwerker lachten und meinten: Die Königin kommt doch bald, da muss alles fertig sein. Da können wir dann auch schon mal Malerarbeiten übernehmen, antworteten sie mir.“

„Es entwickelte sich ein lustiges, ganz zwangloses Gespräch mit den beiden. Ich kannte sie nicht, und sie mich nicht. Sie boten mir auch gleich ihre Hilfe an, wenn ich ein Haus in Tondern kaufen würde oder wenn es renoviert werden sollte“, erzählt Karl Jørgen Møller begeistert.

Im Fitnessstudio überrascht

Ein weiteres positives Beispiel sei der Besuch des Fitnessstudios in Tondern gewesen. Normalerweise trainiert er in Hadersleben (Haderslev), wo er mit seiner Frau noch lebt. „An langen Arbeitstagen gehe ich in das Tonderner Studio. Als ich das erste Mal dort war, wurde ich gleich gefragt, ob ich neu war. In Hadersleben redet man nicht miteinander.“

Karl Jørgen Møller und sein Stellvertreter Espen Reedtz (r.) Foto: Brigitta Lassen

„Jetzt fühle ich mich wie Crocodile Dundee auf dem Broadway und grüße alle, denen ich begegne.“ Wer diese Bemerkung nicht vesteht: Als der Buschmann Crocodile Dundee im gleichnamigen Film nach New York kam, grüßte er alle Menschen.

Dass für ihn und sein Gymnasium viel Arbeit bevorsteht, weiß Karl Jørgen Møller. Wie andere Schulen sind sie von fallenden Schülerzahlen aufgrund kleinerer Jahrgänge herausgefordert. So sei die Schülerzahl des Gymnasiums in den vergangenen Jahren von mehr als 700 auf 450 gesunken.

In den zwei kommenden Jahren sähen die Zahlen für die Kommune Tondern noch stabil aus. „Dann wird es aber ungemütlich“, erklärt er.

Popp-Zitat: Alle an die Pumpen

„Das wird eine Herausforderung, aber das mag ich. Voraussetzung ist, dass man den Stier an den Hörnern packt. Ich muss Bürgermeister Jørgen Popp Petersen zitieren: Da müssen alle an die Pumpen.“

Schülerzahlen in den 9. bis 10. Klassen

in der Kommune Tondern

2016: 857

2017: 834

2018: 821

2019: 765

2020: 698

2021: 666

Bei sinkenden Kinderzahlen könne ein Wettkampf um Schülerinnen und Schüler kaum vermieden werden. „Ich baue aber mehr auf Zusammenarbeit und möchte keinem die Schüler wegnehmen. Auch nicht dem deutschen Gymnasium in Apenrade. Mit dessen Rektor Jens Mittag habe ich eine sehr gute Zusammenarbeit gehabt, als ich noch an der Staatsschule war. Die Schulen müssen ein breit gefächertes Angebot machen und nicht die Angebote der anderen kopieren. Dadurch entsteht keine Breite“, berichtet der Vater von zwei erwachsenen Kindern. Aber es könne ein gewisser Konkurrenzkampf wohl kaum verhindert werden, „denn wenn der Trog leer ist, beißen sich die Schweine“, versichert Møller.

Das Tonderner Gymnasium ist ein imposanter Gebäudekomplex. Es wurde als deutsche Realschule gebaut. 1920 wurde dort das dänische Gymnasium eingerichtet. Es ist in den vergangenen Jahren mehrfach ausgebaut worden. Vor zwei Jahren wurde das 100-jährige Bestehen gefeiert (Archivfoto). Foto: Brigitta Lassen

Es erfordere Format, sich nicht die Schüler abzuwerben und in der Konkurrenzsituation zu bestehen sowie ein hohes Maß an ethischer Kompetenz. Umso erfreulicher sei in diesem Zusammenhang die gute Zusammenarbeit mit der Kommune, die er so nicht von seinem früheren Arbeitsplatz in Apenrade kannte.

In Tondern sehe er gute Möglichkeiten, trotz sinkender Schülerzahlen Boden aufgrund der Grenznähe gutzumachen. Das Tonderner Gymnasium besuchen auch Jugendliche der deutschen und der dänischen Minderheit. Auch die Zuwanderung aus Deutschland und der Ukraine biete neue Möglichkeiten. Ein Trumpf sei auch, dass das Fach Deutsch auf höchstem Niveau angeboten wird, das besonders von den Jugendlichen der beiden Minderheiten gewählt wird. „Mit unseren deutschen Schülerinnen und Schülern und denen der Minderheiten stehen wir im Fach Deutsch sehr stark da.“ 

Wiederbelebung der Zusammenarbeit mit der Friedrich-Paulsen-Schule

Feuer und Flamme sei er auch für eine Wiederbelebung der Beziehungen zur Friedrich-Paulsen-Schule in Niebüll, sofern der Schulvorstand seine Genehmigung gibt.

Mit dieser Ausbildungsstätte war man im Jahr 2003 eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingegangen und hatte die Europaklasse angeboten, in der der Unterricht wechselweise in Niebüll und Tondern stattfand. Die Schülerschaft sollte sich zu 50 Prozent von südlich und nördlich der Grenze zusammensetzen. Von deutscher Seite war das Interesse für das dreijährige Pilotprojekt stets groß, was aber nicht für die dänische Seite galt. Daher wurde die Gemeinschaftsklasse wieder eingemottet und nie wieder angeboten. 

Karl Jørgen Møller hat sich einen Arbeitsplatz in schöner Umgebung ausgesucht. Foto: Brigitta Lassen

 

„Die Voraussetzungen haben sich geändert, unter anderem wegen des Zuzugs von Familien aus Deutschland und der Ukraine. Wer bei uns als Deutscher oder Ukrainer ohne vorherige Dänisch-Kenntnisse sein Abitur machen will, ist herausgefordert. Dies erfordert Ehrgeiz. Die Jugendlichen müssen sich richtig reinknien. Gute Beispiele haben wir an unserem Gymnasium aber auch dafür.“

 

Mehr lesen