Ausbildung
Deutsche und dänische Jugendliche: Tonderns Architektur interessant oder langweilig?
Tonderns Architektur: Interessant oder langweilig?
Tonderns Architektur: Interessant oder langweilig?
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Zwei Klassen der Kurt-Tucholsky-Schule in Flensburg und der Berufsschule EUC Syd in Sonderburg beschäftigten sich gemeinsam mit den Themen städtische Kultur und Architektur sowie Aussehen ihrer Wunschstadt. „Der Nordschleswiger“ sprach mit zwei Teilnehmenden mit ganz unterschiedlichen Meinungen bei ihrem Besuch in Tondern.
„Wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann wäre ein Besuch in einer größeren und moderneren Stadt als Tondern interessanter gewesen.“ Das stellt Samed Duljevic fest, der mit seinen Klassenkameradinnen und -kameraden von der berufsbildenden Schule EUC-Syd in Sonderburg (Sønderborg) in die Wiedaustadt gekommen ist.
Die Einrichtung nimmt mit ihrer Partnerschule, der Kurt-Tucholsky-Schule in Flensburg (Flensborg), an einem Projekt der Region Sønderjylland-Schleswig zum Thema „Eine Reise durch die Architektur und die Kulturgeschichte der Grenzregion“ teil.
Gemeinsam lernen sich die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten nicht nur gegenseitig kennen, sondern erfahren auch etwas über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der deutschen und dänischen Architektur.
Erst Flensburg, dann Tondern
Die Jugendlichen begaben sich gemeinsam auf eine Stadtwanderung zunächst in Flensburg und am Donnerstag auch in Tondern und gingen in gemischten Arbeitsgruppen an das Thema heran. Eine abschließende Präsentation der Ergebnisse fand im Tonderner Wasserturm statt.
Verständigungsprobleme hat Samid Duljevic nicht. Er beherrscht beide Sprachen, da er zehn Jahre die deutsche Schule in Sonderburg besucht hat.
Bei der Stadtführung in Tondern übersetzt er schon mal für seine Klassenkameraden, die sich mit den Gleichaltrigen aus Flensburg auf Englisch unterhalten. Denn diese wiederum verstehen kein Dänisch.
„Doch, ich hätte schon lieber eine modernere und größere Stadt besucht. Dort gibt es auch mehr Möglichkeiten für moderne Architektur“, meint Samid Duljevic. So haben vielleicht auch einige seiner Mitschülerinnen und Mitschüler gedacht, als sie vom Besuch in Tondern hörten. Die Teilnehmerzahl von Sonderburger Seite wurde um 50 Prozent auf neun Personen dezimiert.
Ganz anders bewertet Ellie Ivanov von der Kurt-Tucholsky-Schule den Besuch in Tondern. „Ich finde, es ist sehr interessant. Die großen Städte sehen doch alle gleich aus. Hier gibt es viele alte Gebäude, und ich interessiere mich generell für Geschichte“, erzählt die 17-jährige Schülerin. Gäbe es nicht die alten Häuser, würde die Geschichte einfach wegradiert, meint sie.
Klassen dezimiert
Den fehlenden Schülerinnen und Schülern aus Sonderburg würden keine Fehltage angerechnet. Die Teilnahme sei freiwillig, da der Unterricht vorbei ist und sich die Klasse auf ihre HTX-Prüfungen (Technisches Abitur) vorbereitet, erklärt EUC-Syd-Geschichtslehrer Gerd Diercksen, der Tondern als ehemaliger Lehrer der örtlichen Handelsschule gut kennt. Der Besuch in Flensburg habe seinen Schülern sehr gefallen, erzählt Diercksen.
„Für meine Schülerinnen und Schüler ist heute ein Unterrichtstag“, sagt Lisanne Jensen, Kunstlehrerin der Kurt-Tucholsky-Schule und Lehrkraft des Gymnasiums, die mit einer elften Klasse nach Tondern gekommen ist, von der aber auch sechs Mädchen und Jungen fehlen.
„Die Jugendlichen haben in gemischten Gruppen eine Großstadt nach ihren Vorstellungen skizziert und Hausfassaden entworfen. Nachhaltigkeit, viel Grün, soziales Miteinander waren Themen, auf die die Jugendlichen bei ihrer Arbeit unter anderem Wert gelegt haben“, berichtet Lisanne Jensen.
Die Schulklassen werden sich abschließend in eine sogenannte Re-Design-Werkstatt zur Überarbeitung der angefertigten Skizzen auf der Grundlage ihrer Stadtführungen treffen. Auch wird den Schülerinnen und Schülern die Aufgabe zur Neugestaltung von Gebäuden mit alten und modernen Elementen oder von Straßenzügen gestellt. Sie sollen Ideen entwickeln, wie man mit Elementen der deutschen und dänischen Architektur Häuser bauen kann.
Die Mitarbeiterin des Regionskontors in Pattburg (Padborg), Annika Carstensen, berichtet, dass diese grenzüberschreitenden Schultreffen seit September 2022 ausgerichtet werden. „Es ist die fünfte Runde. Es ist schwierig, Schulen zu finden, die teilnehmen wollen. Dafür bleibt keine Zeit, da an den Schulen immer so viel los ist“, bedauert sie.
Auf den Spuren von Hans J. Wegner
Als Stadtführer und Projektbegleiter der Region Sønderjylland-Schleswig diente der Südschleswiger Henrik Vestergaard aus Harrislee (Harreslev), der im fliegenden Wechsel auf Deutsch und auf Dänisch sprach. Er erzählte von der Geschichte der Stadt, erklärte die Baustile der historischen Häuser und führte die jungen Gäste zum Kaakmann.
Der Scharfrichter stand ursprünglich als abschreckendes Beispiel auf dem Markt, um die Bürgerinnen und Bürger an Recht und Ordnung zu erinnern. Der erhöhte Pranger wurde als „Kaak" bezeichnet. Der städtische Büttel trägt die Uniform eines Profos, eines Militärbeamten, der für die Strafverfolgung zuständig war.
Bei der Figur auf dem kleinen Markt handelt es sich um eine Nachbildung. Das Original aus dem Jahr 1699 befindet sich im örtlichen kulturhistorischen Museum.
Bewusste Entscheidung für Tondern
Ein Ziel war auch der Platz auf der neu gestalteten Schiffbrücke mit der geplanten Hafenanlage. Im Wasserturm konnten sich die Jugendlichen die Möbel des weltbekannten Designers Hans J. Wegner anschauen, der aus Tondern stammt.
„Wir haben uns bewusst für Tondern entschieden, da sonst alles in Sonderburg oder Apenrade stattfindet“, sagt Vestergaard.
Sechs Minuten hatte er den Schülerinnen und Schülern auch für einen Besuch in der Alten Apotheke eingeräumt. Auch die Jungen gehen in das historische Gebäude, wo das ganze Jahr hindurch Weihnachtsstimmung herrscht. „Sie haben selbst den Wunsch geäußert, in die Alte Apotheke gehen zu dürfen“, lacht er.
Während der kurzen Pausen in einem komprimierten Programm blieb Zeit, sich auf dem Markt einen richtigen dänischen Hotdog zu gönnen oder beim Bäcker Wegzehrung zu kaufen. So schlecht kann der Besuch dann doch nicht gewesen sein.