Die Woche am Alsensund

Ich weiß es doch auch nicht

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Ich weiß es doch auch nicht

Sonderburg/Sønderborg
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Eine neue Woche am Alsensund mit Kolumnistin Sara Eskildsen Foto: Karin Riggelsen

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In dieser Woche am Alsensund versuchte sich Kolumnistin Sara Eskildsen angesichts ihrer schimmelnden Ligusterhecke und einer Glückswoche an der Förde-Schule darin, das Positive im Negativen zu sehen.

Eine der interessanten Seiten meines Berufes ist es, immer wieder mit der eigenen Unwissenheit konfrontiert zu werden. So lernte ich bei einem Vortrag des Sozialdienstes in dieser Woche am Alsensund, dass man auf den Faröer Inseln geschlachtete Tiere einfach so monatelang an die frische Luft hängt.

Man hinterlässt Fleisch oder Fisch zum Trocknen in einem Holzschuppen, durch den der salzige Wind bläst und die feuchte Kälte kriecht, und erhält das angeblich köstliche Gammelfleisch der Wikinger.

Ich erwäge ernsthaft, diese Methode der Fermentierung auf Mjels Mark auszuprobieren, wo die salzige Gischt der Düwiger Bucht alles zum Rosten bringt, was nicht regelmäßig mit Schmieröl eingesprüht wird.

Frischluft-Pökelung auf Mjels Mark

Mit der Frischluft-Pökelung hätte die Medaille eine rostfreie Seite und bei den hohen Strompreisen – abhängen statt anbraten – ist dieser Herstellungsprozess allemal einen Versuch wert.

Dafür müsste ich jedoch erst mal einen frischen Fisch fangen, was mir in den vergangenen fünf Jahren trotz diverser Stunden im Angelboot kein einziges Mal gelungen ist. Das Einzige, was an meinem Angelhaken abhängt, sind halbierte Quallen und Seetang.

Bei einem Interview mit Mats vom Charterboot-Verleih in Mummark erfuhr ich, dass im Kleinen Belt durchaus noch Fische schwimmen – und ich mein Glück eher im Osten und weniger im Westen der Insel Alsen versuchen sollte.

Im Alsensund ist der Meeresboden angeblich so abgestorben wie der ein oder andere Stamm meiner Ligusterhecke, die ähnlich des Färöer Pökelfleischs in der nasskalten Salzluft vor sich hin schimmelt.

Dazugelernt habe ich in dieser Woche, als ich mit einer Lehrerin von der Förde-Schule über die Frage sprach, wie man mit Kindern über Glück reden kann.

Was sind Glücksmomente, und wo findet man sie? Meine Ligusterhecke würde antworten: „An diesem Standort nicht.“

Ein Dach über dem Kopf, auch wenn es voller Algen ist

Lehrerin Nele jedoch lenkte den Blick auf die positiven, auf die kleinen Dinge im Alltag. Darauf, wie dankbar wir über Familie und Freunde sein können. Wie schön es ist, eine Lesestunde einzulegen, ein warmes Bad zu nehmen oder der Gischt am Strand beim Sprühen zuzusehen.

Mein Wissen wuchs erneut, und ich lernte aufs Neue: Nicht nur angesichts der fürchterlichen Auswirkungen der Erdbeben in der Türkei wimmelt es bei uns nur so vor Glücksmomenten. Wärme, Essen, ein unversehrter Körper.

Ein Dach über dem Kopf, auch wenn es voller Algen ist und mit Haus-Möwen, die mir dauernd in die Regenrinne scheißen.

Sich glücklich schätzen mit dem, was man hat – das ist ohne Frage einer der wichtigsten Schlüssel zum Glück.

Wenn uns der Gegenwind um die Ohren pfeift oder ein Sturm aufzieht, können wir uns entweder darüber ärgern, dass es kalt ist und die Hecke schimmelt. Oder dankbar dafür sein, dass wir eine Pudelmütze aus der Tasche fischen können und am Leben sind.

Sara Eskildsen, Kolumnistin

Wissen hilft nicht nur der Journalistin beim Schreiben ihrer Artikel, so viel steht fest.

Wissen, was man hat, führt zu Dankbarkeit. Wissen, was man will, zur Umsetzung seiner Ziele.

Wissen, wann es Zeit ist für eine Pause, schützt vor dem Ausbrennen.

Wissen, dass man im Winter immer einen gewissen Vorrat an Sprinklerwasser im Auto mit sich führen sollte, führt dazu, dass man nicht wie ich neulich hinter einer braunen Frontscheibe sitzend durch den Schneesturm fährt. Und verzweifelt den letzten Rest Limonade aus dem geöffneten Fenster von oben auf die quietschenden Scheibenwischer gießt, um für eine Minute freie Sicht zu haben.

Manchmal hat man eben auch mehr Glück als Verstand, am besten ist aber beides auf einmal.

Wer wohl zum allerersten Mal Kaffee getrunken hat?

Zumal es genug Dinge gibt, die wir nicht wissen. Weshalb die Menschen in jeder Generation wieder neue Kriege führen, anstatt in Frieden zu leben. Warum Tauben gurren und Lerchen singen. Wer der allererste Mensch war, der auf die Idee kam, eine Kaffeebohne zu rösten, zu mahlen und mit heißem Wasser aufzugießen. Warum die blauen Tüten von Ikea jahrelang halten. Wann wir einen Weg zum letzten Mal entlangfahren oder einen Menschen zum letzten Mal sprechen.

Zum Glück habe ich zusammen mit den Kindern der Förde-Schule in dieser Woche gelernt: Wir können nicht immer alles haben, schon gar nicht unter Kontrolle.

Doch wenn uns der Gegenwind um die Ohren pfeift oder ein Sturm aufzieht, können wir uns entweder darüber ärgern, dass es kalt ist und die Hecke schimmelt. Oder dankbar dafür sein, dass wir eine Pudelmütze aus der Tasche fischen können und am Leben sind.

Die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach hat das mal ganz großartig auf den Punkt gebracht: „Nicht, was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.“

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