Die Woche am Alsensund
„Möwensuppe und die Frage nach dem Glück“
Möwensuppe und die Frage nach dem Glück
Möwensuppe und die Frage nach dem Glück
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Am Montag kam Kolumnistin Sara Eskildsen am Rande einer Ausstellung völlig unvorbereitet mit der Frage in Berührung, wo es eigentlich langgeht, zum Glück. Da kann man ja mal drüber nachdenken, findet sie.
In dieser Woche am Alsensund stand ich am Montagnachmittag plötzlich vor der Frage, was Glück ist. Ich hatte mich mit zwei Künstlerinnen in der Scheune der Landwirtschaftsschule verabredet, dort findet seit Jahren im Sommer eine deutsch-dänische Kunstausstellung statt.
Ganz nach dem Sprichwort „In eine leere Scheune kommt keine Maus“ statten die Teilnehmer den Schuppen mit ihren Werken aus – vom Tontopf bis zum Gemälde ist so nahezu alles dabei. Kunst statt Kuhfutter, und statt der Schadnager kommen Leseratten und Kauffreudige, die ihre Mäuse in Kunst investieren wollen.
Was heißt das eigentlich: Glücklich sein?
Normalerweise stelle ich im Interview die Fragen. Doch die Glücksinstallation der Künstlerinnen wollte es anders. „Was bedeutet Glück für dich? Und was heißt das eigentlich: Glücklich sein?“ Die Fragen hingen in der Luft an der Wand, ohne dass ich sie stellen musste.
Zum Glück – ja welcher Weg führt denn eigentlich zum Glück?
„Da habe ich echt Glück gehabt“ – diesen Ausdruck verwenden wir gerade nach Situationen, in denen das Unglück ziemlich nahe war. Glück als Abwesenheit von Unglück – diese Definition fand sich flugs auch in der „Glücks-Broschüre“, die mir die Künstlerin in die Hand drückte.
„Glück ist Grießsuppe, eine Schlafstelle und keine Schmerzen haben“, so das abgedruckte Zitat von Theodor Fontane. In Sachen Pragmatismus nur noch übertroffen von Freuds Aussage, dass die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, in der Schöpfung nicht vorgesehen ist.
Wann sie denn glücklich sei, gab ich die Frage zurück an die Schöpferin der Glücksausstellung. „Wenn ich morgens aufwache und voller Vorfreude auf den Tag bin.“
Ob Möwenbraten schmeckt?
Diese Momente kenne ich. Unglücklicherweise fallen sie oft auf einen Sonnabendmorgen, wenn ich gegen 5.50 Uhr von streitenden Möwen auf meinem Dach geweckt werde. Dann gehe ich weit vor Weckerklingeln nach unten, braue mir den ersten Kaffee des Tages und google nach handlichen Luftgewehren. Ob Möwenbraten schmeckt? Vielleicht besser als Frikassee.
Man kann Glück haben, ohne glücklich zu sein. Man kann sich glücklich schätzen, obwohl man ein Unglück erlebt hat.
Sara Eskildsen, Kolumnistin
Doch zurück zu den wichtigen Fragen des Lebens. Was ist Glück? Die Künstlerinnen wollen mit gespiegelten „Glücks“-Worten zeigen, wie flüchtig Glück ist. Wie unerwartet es sein kann und wie unberechenbar es ist. Man kann Glück haben, ohne glücklich zu sein. Man kann sich glücklich schätzen, obwohl man ein Unglück erlebt hat.
Die kleine Schwester vom Glück sind dann wohl die Glücksmomente. Augenblicke, in denen Erleichterung und Freude aufsprudeln. Wenn man Glück im Unglück hat und der schnöde Alltag plötzlich zum wertvollsten Schatz der ganzen Welt wird. Bevor das Glücksgefühl wieder verschwindet, der Alltag einfach nur schnöde ist und man nur noch die Möwenkacke auf dem Dach sieht, anstatt das Meer vor der Haustür.
Das ist in Nordschleswig glücklicherweise nie weiter entfernt, als eine Möwe fliegen kann. Und zum Glück kann man sich immer wieder neu Gedanken darüber machen, was einen eigentlich glücklich macht. Dankbar sein für jeden Tag, an dem man zusammen mit seinen Lieblingsmenschen, gesund und am Leben ist.
Was Glück für mich bedeutet, will ich immer wieder neu herausfinden. Vielleicht ist Glück am Ende tatsächlich eher simpel und weniger bombastisch. Oder um es mit Fontane zu sagen. Glück ist Möwensuppe, eine ungestörte Schlafstelle und keine Schmerzen haben.