Integration
Alaa Shakers Kraftakt: Von Damaskus nach Hadersleben
Alaa Shakers Kraftakt: Von Damaskus nach Hadersleben
Alaa Shakers Kraftakt: Von Damaskus nach Hadersleben
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2016 kam Alaa Shaker von Damaskus nach Hadersleben. Sieben Jahre später ist die junge Syrerin auch gedanklich längst in ihrer Wahlheimat angekommen. Die 31-Jährige ist politisch und ehrenamtlich aktiv, Mutter zweier Kinder, alleinerziehend und Bodybuilderin. In ihrer Freizeit lernt sie auch noch Deutsch. Warum? – „Weil es wie Musik klingt.“
Leise rieselt der Schnee in dem Wohnviertel vor den Toren der Domstadt. Dort wohnt Alaa Shaker gemeinsam mit ihren beiden Kindern in einer lichten Wohnung mit kleinem Garten.
Sie fühlt sich wohl dort, auch wenn sich die dreiköpfige Familie mit Umzugsplänen trägt: „Wir möchten näher an das Stadtzentrum ziehen.“
Ihre zwölfjährige Tochter, erzählt Alaa Shaker, besucht dort die Schule. Bei Winterwetter mit Schneebergen wie an diesem Tag wird der Schulweg zu einer Rutschpartie.
In der Stadt liegt auch das Fitnessstudio, in dem Alaa Shaker ihrer Leidenschaft fürs Bodybuilding nachgeht.
Von Damaskus nach Hadersleben
Vor gut sieben Jahren kam sie durch eine Familienzusammenführung von Syrien nach Dänemark.
An der Universität in Damaskus hat die heute 31-Jährige englische Literatur studiert. In Hadersleben angekommen, absolvierte sie eine Lehrerausbildung am UC Syd in den Fächern Geschichte, Gesellschaftskunde und Englisch.
Ihren Abschluss hat sie im vergangenen Sommer gemacht. Obwohl der vorgebliche Lehrkräftemangel an dänischen Volksschulen als Begründung für so manches Ungemach im Schulwesen herhalten muss: Bislang ist es der jungen Frau nicht gelungen, eine Stelle als Lehrerin zu ergattern. – Woran liegt das?
„Vielleicht ist es meine Fächerkombination, vielleicht mein fremdländisch klingender Name. Keine Ahnung“, sagt sie achselzuckend.
Mit Herz bei der Sache
Zurzeit arbeitet Alaa Shaker in dem Sprachzentrum „Linguista Education“ in Brøns. Dort hilft sie als Lehrerin Geflüchteten im Auftrag der Kommune Tondern (Tønder), sprachlich in Dänemark Fuß zu fassen: „Ich unterrichte dort Dänisch, Sozialkunde und Ökonomie.“
Es ist eine Arbeit, die ihr am Herzen liegt.
„Viele Menschen dort warten drei, vier Jahre auf ihren Asylbescheid. Diese Warterei ist zermürbend. Warum betrachtet man Einwandererfamilien hierzulande nicht als Ressource?“
Einstieg in die Lokalpolitik
Die strenge Einwanderungspolitik Dänemarks motivierte Alaa Shaker, sich für die Politik vor Ort zu interessieren. „Ich möchte mich politisch engagieren und nicht tatenlos zusehen“, sagt sie.
Bei der jüngsten Kommunalwahl erhielt Shaker circa 100 persönliche Stimmen.
Sie wolle ethnischen Minderheiten in Hadersleben, und davon gibt es viele, eine Stimme geben, die in der Lokalpolitik auch gehört wird. Dabei hat Alaa Shaker erfahren müssen, dass es gar nicht so einfach ist, Menschen mit Einwanderungshintergrund zu erreichen.
Zwischen den Stühlen
„Von eigenen Leuten werde ich nicht selten als Außenseiterin wahrgenommen. Ich entspreche nicht ihren Vorstellungen davon, wie sich eine Frau aus meinem Kulturkreis zu verhalten hat“, sagt sie.
Die dänische Gesellschaft habe sie zwar gut aufgenommen, dennoch könne sie sich des Gefühls nicht erwehren, auch hier irgendwie nicht richtig dazuzugehören. Alaa Shaker spricht mehrere Sprachen. Zurzeit lernt sie Deutsch: „Ich liebe diese Sprache. Sie klingt wie Musik.“
Die junge Frau hat einen dänischen Berufsabschluss, sie hat binnen sieben Jahren Dänisch gelernt. Sie hat alles richtig gemacht – und sitzt dennoch zwischen zwei Stühlen. Entmutigen lässt sie sich dadurch nicht: „Ich mache mein Ding – das, was ich für richtig halte.“
Weihnachten feiern, zum Beispiel. „Es ist so gemütlich. Weihnachten haben wir früher auch zu Hause in Damaskus gefeiert.“
Weihnachten, das Fest der Familie, weckt schmerzliche Erinnerungen: „Meine Familie habe ich seit 2016 nicht gesehen. Ich vermisse sie sehr“, gesteht die junge Frau.
Keine Reisen nach Syrien
Eine Reise nach Syrien kommt für Alaa Shaker, die ihre Stimme gegen das Assad-Regime erhoben hat, nicht infrage – aus Angst, eine Rückreise könnte ihr verwehrt bleiben: „Ich wage es nicht.“
In zwei Jahren sind in ihrer Wahlheimat Kommunalwahlen. Wird sie wieder kandidieren?
„Ich denke schon“, sagt Alaa Shaker: „Es gibt noch viel zu tun.“