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„Darf man noch Ecco-Schuhe kaufen?“
Darf man noch Ecco-Schuhe kaufen?
Darf man noch Ecco-Schuhe kaufen?
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Die Frage, ob man Ecco-Schuhe kaufen darf, ist natürlich falsch gestellt. Es ist uns selbst überlassen, welche Schuhe wir kaufen. Aber Ecco-Schuhe wären nicht meine Wahl.
Nach zwei Jahren hat der Schuhkonzern von der nordschleswigschen Westküste erstmals sein Schweigen gebrochen und in einer vielsagenden Pressemitteilung zu begründen versucht, warum er sich weiterhin weigert, Russland zu verlassen. Ein Land, das derzeit komplett auf Kriegswirtschaft umgestellt wird. Ein Land, in dem weiter produziert und gute Geschäfte gemacht werden.
Der Krieg gegen die Ukraine hat seit dem Einmarsch Russlands 2022 katastrophale Folgen für die Zivilbevölkerung: Tausende Zivilisten wurden getötet, viele Tausende verletzt, ziviles Eigentum und Infrastruktur zerstört. Die russischen Streitkräfte haben eine Reihe von Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht begangen, darunter wahllose Bombardierungen und Granatenangriffe auf zivile Gebiete, die Wohnhäuser, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen trafen. Einige dieser Angriffe werden als Kriegsverbrechen untersucht. In den von ihnen besetzten Gebieten haben russische oder mit Russland verbundene Streitkräfte offensichtliche Kriegsverbrechen begangen, darunter Folter, Massenexekutionen, sexuelle Gewalt, Verschwindenlassen und Plünderung von Kulturgütern.
Dennoch geht es dem nordschleswigschen Konzern finanziell blendend. Die Rendite lässt die Eigentümerfamilie im beschaulichen Nordschleswig frohlocken. Dass das Ansehen der Familie stark leidet, ist wohl ein einkalkulierter Kollateralschaden.
Natürlich hatte Regierungschefin Mette Frederiksen recht, als sie Ecco vor Monaten öffentlich kritisierte, auch das Königshaus rümpfte die Nase. Im Juli gab das Königshaus bekannt, dass Ecco nicht mehr als königlicher Hoflieferant geführt wird. Auch mehrere Einzelhändler, darunter die Kaufhauskette Magasin, hatten beschlossen, die Zusammenarbeit mit Ecco zu beenden.
Mit den jüngsten Äußerungen des Folketingsabgeordneten Jan E. Jørgensen bekam die Kritik eine neue Schärfe: Der liberale Politiker rief zu einem kompletten Boykott der Schuhfirma Ecco auf. Er tut dies in einem Beitrag im sozialen Netzwerk LinkedIn, wo er schreibt:
„Kauft nichts von ihnen.
Verkaufe nichts an sie.
Arbeite nicht für sie.
Verkaufe nicht ihre Produkte.
ECCO verdient Geld in Russland, zahlt Steuern an die russische Kriegsmaschinerie und trägt dazu bei, den Russen zu zeigen, dass sich nicht alle westlichen Unternehmen von ihnen abgewandt haben.“
In den Medien sorgte vor allem ein Vergleich des Abgeordneten für Aufsehen. Die Mitarbeitenden des Schuhkonzerns Ecco seien wie Kollaborateure während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg.
Diese Formulierung ist natürlich unangemessen und Jørgensen hat sich dafür entschuldigt. Ecco hat dies zum Anlass genommen, eine erste offizielle Stellungnahme zu veröffentlichen. Es ist ein bemerkenswertes Dokument und der Versuch einer Täter-Opfer-Umkehr. Die Pressestelle von Ecco hofft wohl, durch die rhetorische Entgleisung Jørgensens Sympathiepunkte für die moralisch verwerfliche Positionierung in Russland sammeln zu können:
„Die Kritik an Ecco erreichte ein inakzeptables Niveau, als ein dänischer Parlamentsabgeordneter die Mitarbeiter von Ecco direkt mit groben, unangenehmen und unzutreffenden Anschuldigungen angriff, die nicht zuletzt in Nordschleswig einen besonderen Klang haben“.
Ecco erklärt weiter, dass das Unternehmen aus Rücksicht auf seine 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Familien in Russland beschlossen habe, seine Aktivitäten auf dem russischen Markt aufrechtzuerhalten. Sonst stünden sie auf der Straße.
Eine interessante Argumentation. Wenn also die armen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Russland nicht wären, dann würde man sich natürlich zurückziehen, weil man objektiv weiß, dass man einen kriegsverbrecherischen Staat unterstützt, der den gesamten Westen bedroht.
Man könnte wenigstens so ehrlich sein und sagen, dass es um Geld geht. Nein, die Entscheidung von Bredebro bleibt ein Schandfleck für die dänische Wirtschaft.
Dass es auch anders geht, zeigen zwei dänische Riesen: Carlsberg stoppte zunächst Neuinvestitionen und Exporte nach Russland, entschied sich dann aber, sein gesamtes Russlandgeschäft zu verkaufen und das Land zu verlassen. Maersk beschloss, seine Aktivitäten in Russland zu überprüfen und zog sich später ganz aus dem Land zurück.