Leitartikel
„MitID – der diskriminierende Irrsinn dänischer Behörden“
MitID – der diskriminierende Irrsinn dänischer Behörden
MitID – der diskriminierende Irrsinn dänischer Behörden
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Dass nun auch nicht dänische Personen MitID digital einrichten können, war überfällig. Eine weitere unschlüssige Voraussetzung, die nur für Personen gilt, die einen ausländischen Pass besitzen, setzt der Diskriminierung die Krone auf, erklärt unsere Autorin Marle Liebelt.
Mit der Diskriminierung ist es manchmal gar nicht so kompliziert: Gesellschaftliche Strukturen machen Minderheiten oder marginalisierten Bevölkerungsgruppen das Leben schwer.
Meist gibt es nicht nur eine Regelung, die zur Diskriminierung beiträgt. Diskriminierende Strukturen haben Werkzeuge – MitID zum Beispiel.
Da Strukturen jedoch häufig fest verwurzelt sind, kann es schon mal dauern, bis sie aufgebrochen werden, um Gruppen nicht mehr zu benachteiligen. Manchmal werden aber auch neue Strukturen geschaffen, hinter denen sich jede Logik der eigenen Vorstellungskraft entzieht – MitID zum Beispiel.
Harro Hallmann, Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen, formulierte es gegenüber unserer Redaktion völlig zutreffend: „Es ist mir ein Rätsel, warum man ein System gewählt hat, das für so viele Menschen im Land nicht praktikabel ist.“ Auch er spricht von Diskriminierung.
Umstände für rund 500.000 Menschen
Denn die Umstellung auf MitID gleicht in vielerlei Hinsicht einer Posse – wenn man kein dänischer Staatsbürger oder keine dänische Staatsbürgerin ist. Das trifft immerhin auf rund eine halbe Million Menschen in diesem doch eher kleinen Land zu. Plus diejenigen, die nicht hier wohnen, aber zum Arbeiten ins Land pendeln.
Während die dänische Mehrheitsgesellschaft – sofern digital gut bewandert und ausgestattet – einfach den Pass zückt und MitID am Handy einrichten kann, mussten die nicht dänischen Personen in diesem Land bis vor ein paar Tagen den Weg zum Bürgerservice antreten.
Dass das ungünstig ist, hat die Digitalisierungsbehörde inzwischen auch gemerkt, und ihr fiel ein: Moderne Ausweisdokumente verfügen über einen Chip, der, gemäß internationalem Standard, der Identitätsprüfung von Ausweisdokumenten dient. Doch das scheint nicht von Beginn an mitgedacht worden zu sein.
Von einem Fauxpas zum nächsten
Seit dem 12. Januar sollten Menschen, die MitID benötigen, aber keinen dänischen Pass haben, diese endlich digital einrichten können. Nach dem 12. Januar fiel auf: Deutschland nutzt in Reisepässen den Ländercode „D“ und nicht „DEU“. Also wurde wieder herumgeschraubt, und nun funktioniert es auch mit dem deutschen Reisepass und Personalausweis, sofern dieser nach dem 2. August 2021 ausgestellt wurde.
Schön und gut. Aber das wirft die Aufmerksamkeit nun auf eine andere umständliche Regelung, die nur für Personen mit ausländischem Pass gilt: Wer MitID trotzdem persönlich beim Bürgerservice einrichten lassen muss, ist weiterhin auf einen Zeugen oder eine Zeugin angewiesen.
Ausweisdokumente anderer Länder nicht ausreichend
Sich mit dem offiziellen Ausweisdokument eines anderen Staates auszuweisen, scheint nicht auszureichen. Das geht vielleicht für Aktivitäten, wie dem Eintritt in die Disco, dem Kauf von Alkohol, der Einreise ins Land, der Eröffnung eines Bankkontos oder um weiß Gott was zu beantragen.
Nicht aber, um die notwendige MitID-App auf dem Handy auch nutzen zu können. Dafür muss weiterhin eine x-beliebige Person während der Öffnungszeiten mit zum Bürgerservice kommen. Wer das ist, ist fast egal – es könnte eine Person sein, die einem gerade auf der Straße begegnet ist. Hauptsache sie besitzt selbst schon MitID und sagt: „Ja, das ist die Person, die du auf dem Ausweis siehst.“
Zugegeben: Identitätsdiebstahl vorzubeugen ist wichtig, vor allem wenn es um ein Werkzeug wie MitID geht. Doch die umständliche Zeugenregelung ist nicht schlüssig – das zeigt die digitale Verifizierung ausländischer Pässe, die nun endlich mitgedacht wurde, aber längst nicht für alle funktioniert.
Wie kann es sein, dass eine App in der Lage ist, die Echtheit der Identifikation zu bestätigen, dies bei Behörden wie dem Bürgerservice, aber nicht möglich ist?