Leitartikel
„Gesucht: Mutige Bürgermeister“
Gesucht: Mutige Bürgermeister
Gesucht: Mutige Bürgermeister
Zweisprachige Ortsschilder: Gelten die von Dänemark ratifizierten Minderheitenrechte nur bedingt, weil die nordschleswigschen Kommunen sich danach nicht richten wollen? Die deutsche Minderheit schöpft ein wenig Hoffnung, dass es vielleicht doch noch ein Geburtstagsgeschenk gibt, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.
Da sind sie wieder, die zweisprachigen Ortsschilder in Nordschleswig. Beziehungsweise, da sind sie eben nicht. In ganz Europa gibt es in Minderheitengebieten zweisprachige Ortsschilder – nur in Dänemark und in Litauen nicht. Doch nun kritisiert ein Expertenkomitee des Europarates, dass Dänemark – und damit sind die vier nordschleswigschen Kommunen gemeint – in der Schilder-Geschichte keinen Schritt weitergekommen ist.
Dänemark hat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten ratifiziert. Darin geht es unter anderem um zweisprachige Ortsschilder. Diese sind seit vielen Jahren ein Wunsch der deutschen Minderheit, doch bisher haben die Kommunen abgeblockt. Auch die Kritik des Europarates scheint keinen Eindruck auf die Bürgermeister in Nordschleswig zu machen.
„Die vertrauensvolle und demokratische Zusammenarbeit mit der Minderheit reicht viel tiefer als ein Symbol“, sagt der Apenrader Bürgermeister Thomas Andresen (Venstre).
Aber Symbole können eben auch etwas Gutes sein. Ein Zeichen nach außen, das zeigt, dass man hier in der Grenzregion stolz auf seine Minderheit ist. Die Schleswig-Holsteiner machen es uns vor (obwohl auch dort in einigen Orten Nachholbedarf besteht) – und überhaupt haben fast alle Länder in Europa zweisprachige Ortsschilder.
Dabei möchte gerade das deutsch-dänische Grenzland eine Vorreiterrolle in Europa spielen. Wir sind ein Vorzeigemodell – doch zeigen wollen wir es nicht. Ein Schild ändert an dem Erreichten nichts, scheinen die Kommunalpolitiker zu denken. Doch ich wäre als Deutsch-Nordschleswiger stolz wie Oskar und viele Dänen in der Mehrheit sicherlich auch, wenn sich unser Landesteil endlich trauen würde, zur Zweisprachigkeit und den Minderheiten zu stehen. Auch nach außen hin. Je mehr die Kommunen sich sträuben, umso größer wird der Wunsch aus der gesamten Minderheit, durch die zweisprachigen Ortsschilder öffentliche Anerkennung zu erhalten.
Nicht nachzuvollziehen ist, dass Dänemark als Staat immer wieder darauf verweist, dass man zwar die Minderheitenrechte ratifiziert habe, doch die technische Umsetzung der zweisprachigen Ortsschilder liege in der Verantwortung der Kommunen. Bedeutet das, dass die Minderheitenrechte nur zum Teil gültig sind und Dänemark keine internationalen Absprachen vereinbaren kann, wenn Teile davon kommunale Anliegen sind? Gilt das dann auch für Menschenrechte?
Allein Tonderns Bürgermeister Henrik Frandsen (Venstre) hat seine Tür einen Spalt offen gelassen: 100 Jahre „Genforening" und 100 Jahre deutsche Minderheit im Jahre 2020 seien ein guter Anlass, das noch mal zu diskutieren, so Frandsen.
Das wäre zumindest ein erster Schritt, die Ortsschilder auf die Tagesordnung zu setzen. Wer weiß, vielleicht bekommt die deutsche Minderheit dann wirklich noch ein Geburtstagsgeschenk zum 100. Schön wäre es – und schön mutig.