Leitartikel

„Aus traurigen Tatsachen und Wahrheiten lernen“

Aus traurigen Tatsachen und Wahrheiten lernen

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Apenrade/Aabenraa
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„Nordschleswiger“-Redakteur Volker Heesch weist in seinem Leitartikel auf neue Einblicke in die Geschichte der deutschen Nordschleswiger mithilfe von Erkenntnissen im Buch des Historikers Peter Hopp über den früheren Folketingsabgeordneten der deutschen Nordschleswiger, Johannes Schmidt-Wodder, hin.

Vor einigen Tagen ist das Buch von Peter Hopp, „Johannes Schmidt-Wodder(1869-1959)“ erschienen. Es ist ein beeindruckendes Werk, das neues Licht auf die Geschichte der deutschen Minderheit insgesamt, aber auch auf die Jahrzehnte vor und nach dem Ersten Weltkrieg in Nordschleswig und die Zeit des demokratischen Neubeginns der Minderheit nach der Besetzung Dänemarks und der juristischen Aufarbeitung von Nazi-Untaten und der Kollaboration wirft.

Peter Hopp hat nach jahrzehntelanger Auswertung und Aufspürung von Dokumenten den „Mythos Schmidt-Wodder vom Thron gestoßen“, wie der Vorsitzende der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Prof. Thomas Steensen, bei der Vorstellung des Buches erklärte.

Diese Aussage stützt sich auf die Erkenntnisse der Forschungen Peter Hopps, dass mit Schmidt-Wodder eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Nordschleswiger vor allem nach der neuen Grenzziehung 1920 ab 1933 im Zuge der Nazifizierung weiter Teile und Institutionen der deutschen Bevölkerung Nordschleswigs zwar aus der Führung der Minderheit verdrängt worden ist. Dieser Umstand ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass Schmidt-Wodder mit seiner deutsch-völkischen, antidemokratischen Linie, die er nicht erst ab 1933, sondern selbst noch nach 1945, teilweise mit „germanisch-rassistischen und auch antisemitischen Merkmalen“ garnierte, beispielsweise sozialdemokratisch orientierte deutsche Nordschleswiger aus der Minderheit „vertrieb“ und aus heutiger Sicht langfristig die Minderheit in ihrer angestammten Heimat Nordschleswig geschwächt hat.

Das gilt ganz besonders für Schmidt-Wodders „Durchhalteartikel“ 1944/1945 in der braunen „Nordschleswigschen Zeitung“ kurz vor dem überfälligen Untergang der Nazi-Herrschaft, mit denen er junge deutsche Nordschleswiger zum freiwilligen Einsatz in der Waffen-SS getrieben hat, mit tödlichen Konsequenzen für die Kriegsfreiwilligen und deren „Gegner“ auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs.

Peter Hopp berichtet in seinem Buch auch über den Einsatz Schmidt-Wodders zugunsten von dänischen Mitbürgern, die, wie die Grenzgendarmen, in deutsche Konzentrationslager verschleppt worden sind. Es wird deutlich, dass der unermüdliche Verfasser von Briefen, Artikeln und Büchern erstaunliche Kontakte zu konservativen und sozialdemokratischen Politikern in Dänemark pflegte, während er als „Janus-Kopf“ zugleich in deutschen Kreisen für eine Grenzrevision trommelte, die ja über die Köpfe der deutschen Nordschleswiger hinweg nicht nur von der von Schmidt-Wodder verachteten Weimarer Republik, sondern auch von Hitler spätestens beim Einmarsch am 9. April 1940 von der Tagesordnung genommen worden war.

Schmidt-Wodder, der zuletzt noch als Zeuge einer laut Fakten widerlegten deutsch-dänischen Verständigung über eine „friedliche“ Besetzung in Rostock kurz vor der Invasion am 9. April 1945 Schlagzeilen machte, wurde in der Nachkriegszeit in der deutschen Minderheit vor allem unter Hinweis auf sein Engagement im „Friedensverein“ in der Schlussphase der deutschen Herrschaft vor 1920 gerühmt. Dabei wurden allerdings im Rahmen der Tendenz in der Minderheit, sich selbst nach der schweren politisch-moralischen Pleite 1945 vor allem in einer Opferrolle zu sehen, eigene Verfehlungen und auch heute erschütternde Seiten im umfangreichen Wirken Schmidt-Wodders unter den Teppich gekehrt.

Aktuelle neue Veröffentlichungen in Schleswig-Holstein zeigen, dass dort Altnazis nach dem Zweiten Weltkrieg in Politik, Justiz und Polizei Karriere machen konnten. Besonders bedrückend ist dabei, dass es oft Schreibtischtäter waren, die eine neue Chance bekamen, während Kriegsfreiwillige aus der deutschen Minderheit in Nordschleswig diese Möglichkeit nicht bekamen, weil sie ihr „Engagement“ mit dem Leben bezahlen mussten. Dazu empfiehlt sich ein Besuch im Deutschen Museum Nordschleswig in Sonderburg mit der neuen Ausstellung mit Fotos der gefallenen Freiwilligen. 

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