Folkemøde
Der grönländische Professor, der ein Columbusei gegen den Klimawandel entdeckt hat
Der Professor, der ein Columbusei gegen den Klimawandel entdeckt hat
Professor hat ein Columbusei gegen Klimawandel entdeckt
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Die Eiskappe in Grönland erzeugt Milliarden von Tonnen an sehr feinem Sand, der Gletschermehl genannt wird. Das Material kann als wertvoller Dünger in den Tropen verwendet werden und gleichzeitig der Atmosphäre große Mengen an CO₂ entziehen.
Wenn die grönländischen Gletscher über die Felsen gleiten, zerreiben sie diese zu feinstem Sand. Die Flüsse, die von der Eiskappe Richtung Meer strömen, bekommen durch dieses Gletschermehl eine typische grau-grüne Farbe. Es wird in großen Deltas oder im seichten Wasser abgelagert.
Geologieprofessor Minik Rosing hat das Material, das in schier unerschöpflichen Mengen in Grönland herumliegt, genauer studiert. Dabei hat er wichtige Erkenntnisse gewonnen.
„Das Gletschermehl kann zwei sehr wichtige Dinge leisten. Es kann CO₂ aus der Luft aufnehmen und damit den Klimawandel bremsen. Außerdem kann es Pflanzen düngen, sodass sie kräftiger wachsen und wir größere und bessere Ernteerträge bekommen“, sagt er dem „Nordschleswiger“.
Zwei mit einem Schlag
Er hat soeben beim Folkemøde einen Vortrag über das Gletschermehl gehalten und er spricht mit einem gewissen Gewicht, denn Rosing zählt auch international zu den führenden Geologen, ist mehrfach ausgezeichnet worden.
„Es kann also dazu beitragen, zwei globale Krisen gleichzeitig zu lösen: Die eine ist die Klimakrise und die andere die Nahrungsmittelversorgung, die ja insbesondere in den Tropen und Subtropen ein großes Problem ist“, sagt er.
Er ist auf das Gletschermehl gestoßen, weil es ihn nervte, dass sein Heimatland immer nur als Vorzeigeobjekt für die Folgen des Klimawandels hergenommen wird. Er wollte, dass Grönland nicht nur als Opfer dasteht, sondern Teil der Lösung wird.
Blühende Felder in Ghana
Als Geologe wusste er, dass Gestein beim Verwittern Mineralien freisetzt, die für das Wachstum von Pflanzen notwendig sind. Gleichzeitig wird der Atmosphäre durch die Verwitterung CO₂ entzogen (siehe Faktenbox). Je größer die Oberfläche des Gesteins, umso schneller und umfassender ist die Verwitterung, und das feine Gletschermehl hat eine immense Oberfläche.
So die Theorie. Doch beim Versuch, sie in Praxis umzusetzen, stieß Rosing auf Widerstände. Ein Experte in Pflanzenanbau in den Tropen erklärte, es würde nicht funktionieren. Dennoch gelang es dem Geologen in Ghana ein Versuchsprojekt auf die Beine zu stellen.
„Bereits wenige Wochen nachdem wir das Gletschermehl auf die Felder gestreut hatten, kam ein Anruf aus Ghana: Die Pflanzen wachsen wie verrückt“, so Rosing.
Mindert den Treibhauseffekt
Der Düngungseffekt hielt sich zwei bis drei Jahre und ist auf ausgelaugten tropischen und subtropischen Böden am deutlichsten. Doch auch auf fetter fünischer Humuserde konnte Rosing ihn nachweisen. In Ghana war der Maisertrag in den drei Jahren um 30 Prozent gestiegen.
„Wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass es funktioniert“, stellt Rosing selbstsicher fest.
Gleichzeitig hat die Verwitterung des Gletschermehls der Atmosphäre bedeutende Mengen CO₂ entzogen. Rosing schätzt ein, dass es hochgerechnet bis zu 1 Milliarde Tonnen werden können. Das entspricht dem Ausstoß von fast 140 Millionen Menschen in westlichen Ländern.
„Die Methode kann in großer Maßstab angewandt werden, daher kann sie einen deutlichen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten.“
Investoren gesucht
Doch mit dem großen Maßstab hapert es bislang. Keine Unternehmen zeigten Interesse an dem Gletschermehl-Dünger. Daher hat Rosing gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen sein eigenes gegründet. Derzeit laufen in Grönland die Genehmigungsverfahren zum Abbau.
„Binnen maximal fünf Jahren können wir das Gletschermehl als Dünger einsetzen, und es befindet sich deutlich mehr in Grönland, als wir jemals verbrauchen können“, sagt Minik Rosing.
Einige Investoren könnte er jedoch noch brauchen.