Leitartikel
„Ein Prosit auf die Flexicurity, Herr Hækkerup!“
Ein Prosit auf die Flexicurity, Herr Hækkerup!
Ein Prosit auf die Flexicurity, Herr Hækkerup!
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Das politische Vermächtnis des nun ehemaligen Justizministers Nick Hækkerup verleitet unseren dem Alkohol sonst nur zu feierlichen Anlässen zugeneigten stellvertretenden Chefredakteur Cornelius von Tiedemann dazu, gleich dreimal zu prosten. Hoch die Tassen!
Dass Dänemarks Justizminister Nick Hækkerup zurückgetreten ist, hat so manche verwundert. Schließlich war er gerade gar nicht unter Beschuss.
Doch als Erfolgsgeschichte kann seine Amtszeit als Justizminister nur verkaufen, wem vor lauter Spin schon ganz schwindelig ist.
Dass er nun das Angebot auf einen sicherlich interessanten Posten an der Spitze des dänischen Brauereiverbandes nutzt, regt zu Spekulationen an, an denen wir uns an dieser Stelle nicht beteiligen wollen. Wir gehen schlicht davon aus, dass Hækkerups Kompetenzen gut zu der Jobbeschreibung gepasst haben.
Die Tatsache, dass solche Wechsel überhaupt möglich sind, ist da schon ein interessanterer Punkt.
Denn in kaum einer anderen westlichen Demokratie sind Wechsel zwischen Politik, Wirtschaft und Lobbyverbänden so ohne Weiteres möglich wie in Dänemark. Das Königreich ist eben das Land des flexiblen Arbeitsmarktes. Flexicurity – sie gilt auch für Spitzenpolitiker.
Noch aus dem Ministerauto heraus kritisierte Hækkerup denn auch am Tag seines Abschiedes ganz durch die Hintertür (sowohl rhetorisch als auch situativ gesprochen) indirekt die Regierung, zu der er gerade noch gehörte. Und zwar dafür, es Jugendlichen schwerer machen zu wollen, an Alkohol zu kommen.
Na dann: Prost!
Hækkerup, er war einer der großen Namen in der sozialdemokratischen Minderheitsregierung. Nicht nur, weil er aus einer wahren politischen Dynastie stammt. Nein, auch weil er stets eine unbestimmte Seriosität ausstrahlte, ganz wie einer der Anzug-Minister vom alten Schlag.
Inhaltlich verlief seine Amtszeit hingegen weniger bemerkenswert. Sollte er eigene politische Ziele gehabt haben, wir werden davon in absehbarer Zukunft ebenso wenig erfahren wie in seiner Zeit als Minister unter Mette Frederiksen.
Er tat, was er tun sollte, könnte der Titel seiner Ministerjahre sein.
Und so sorgte er dafür, dass Dänemark seine Bürgerinnen und Bürger und diejenigen, die sich im Lande aufhalten, gegen geltendes EU-Recht weiter digital überwacht. Und er sprach dazu die weisen Worte: „Mit Überwachung steigt die Freiheit.“
Da fällt einem dann auch nichts mehr zu ein. Außer: Prost!
Hækkerup wehrte sich im Namen der Regierung auch lange dagegen, den Kindern dänischer Mütter aus Gefangenenlagern in Syrien zu helfen. Und dann ist da noch der ebenso laufende wie verwirrende Fall mit dem militärischen Nachrichtendienst FE und Ex-Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen.
Als eine seiner letzten Taten als Minister landete Hækkerup dann immerhin einen Vertrag mit dem Kosovo darüber, dass Dänemark Menschen, die straffällig geworden sind und abgeschoben werden sollen, in das junge Balkanland exportiert. Im Austausch für Klima-Know-how. Stichwort: grüne Sozialdemokratie. Welch Vermächtnis!
Das Einzige, was Dänemark nach Hækkerups Rücktritt zu befürchten hat, ist, dass sein Nachfolger diese Politik lückenlos fortführen wird.
Denn Ministerinnen und Minister sind im System Frederiksen austauschbar. Das von ihr eigens geschaffene „politische Sekretariat“ im Staatsministerium hat schließlich immer recht. Und der neue Justizminister Mattias Tesfaye ist einer seiner eifrigsten Jünger.
Hækkerup hingegen kann nun wieder befreit durchatmen und das zur Last gewordene Parteibuch einmotten.
Dazu geraten haben will ihm sein Amtsvorvorgänger Søren Pind. Der ist allerdings nicht in die Getränkeindustrie gewechselt. Sondern in die Rüstungsindustrie.
Prost!