Medienanalyse
Mehrheit in Dänemark ist nicht nachrichtenmüde
Mehrheit in Dänemark ist nicht nachrichtenmüde
Mehrheit in Dänemark ist nicht nachrichtenmüde
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Die Menschen in Dänemark sind anders als in anderen Ländern nicht sonderlich von Nachrichtenmüdigkeit betroffen und sehen die öffentlich-rechtlichen Informationsangebote als wichtigen Teil der Gesellschaft an. Sorgen gibt es bei personalisierten Nachrichten und Künstlicher Intelligenz, wie die neueste Analyse der Universität Roskilde zeigt.
Die Bürgerinnen und Bürger in Dänemark sind weniger nachrichtenmüde als Menschen in anderen Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt der jährliche Bericht „Danskernes brug af nyhedsmedier 2023“. Dieser zeigt positive Anzeichen für die Nutzung von und die Einstellung zu Nachrichten durch die dänische Bevölkerung. Die Analyse wurde von den Forschern Kim Christian Schrøder, Mark Blach-Ørsten und Mads Kæmsgaard Eberholst von der Universität Roskilde (RUC) veröffentlicht.
Die Studie misst die Entwicklungen in der dänischen Medienlandschaft, sowohl in Bezug auf Medienplattformen und Trends als auch hinsichtlich der Nutzung von Nachrichten und Medien durch die Bürgerinnen und Bürger.
Dänemark besser als Deutschland und die USA
Die neuen Zahlen zeigen, dass Dänemark bei der „Nachrichtenmüdigkeit“ oder „Nachrichtenvermeidung“ im Vergleich zu anderen Ländern, mit denen es oft verglichen wird, das Land mit der geringsten Quote ist. Die Zahl der Menschen, die „oft oder manchmal Nachrichten meiden“, liegt bei 19 Prozent, während es beispielsweise in Deutschland 32 Prozent, im Vereinigten Königreich und in den USA 41 bzw. 38 Prozent sind. Dänemark liegt auch unter den nordischen Ländern Finnland (21), Schweden (22) und Norwegen (23).
Dabei meiden Frauen (23 Prozent) häufiger Nachrichten als Männer (14 Prozent). Laut Mads Brandstrup, CEO von Danske Medier, ist dies trotz großer Herausforderungen und Konflikte in der Welt eine gute Nachricht. „Wenn in der öffentlichen Debatte Zahlen über die Nachrichtenvermeidung der Däninnen und Dänen genannt werden, ist es oft sehr schwarz-weiß. Die neue Studie zeigt, dass Dänemark im Vergleich zu anderen Ländern das Land ist, in dem sich die wenigsten Menschen aktiv von Nachrichten abmelden.“
Menschen vermeiden Nachrichten über Kriege
Gleichzeitig sei es wichtig, sich daran zu erinnern, dass man, nur weil man sich von einigen Nachrichten abmeldet, sich auch aktiv für andere entscheiden kann. „Wir wissen zum Beispiel, dass viele Menschen Nachrichten über Kriege meiden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Menschen nicht aktiv nach anderen Nachrichten über Politik, Kultur oder spezielle Interessengebiete suchen. Wir wissen auch, dass 85 Prozent der Menschen täglich mit Nachrichten in Berührung kommen“, betont Mads Brandstrup.
Das zeigen auch die Zahlen. 2023 ist das am meisten gemiedene Nachrichtenthema die Ukraine (51 Prozent). Danach folgen abgeschlagen Sport (26 Prozent) und Klima (25 Prozent).
Wir wissen zum Beispiel, dass viele Menschen Nachrichten über Kriege meiden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Menschen nicht aktiv nach anderen Nachrichten über Politik, Kultur oder spezielle Interessengebiete suchen.
Mads Brandstrup
Öffentlich-Rechtliche wichtig
74 Prozent der Befragten sagen, dass die öffentlich-rechtlichen Nachrichtenmedien für die Gesellschaft wichtig sind. In Finnland sind es 79 Prozent, in Norwegen 72 Prozent und in Schweden 68 Prozent.
Altersmäßig sind die 18- bis 24-Jährigen am wenigsten der Meinung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Gesellschaft wichtig ist, während vor allem die Altersgruppen 55 bis 64 und 65+ antworten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Gesellschaft sehr oder ziemlich wichtig ist.
Interessant ist auch, dass 80 Prozent der Befragten, die angeben, „sehr an Politik interessiert“ zu sein, meinen, dass der öffentliche Rundfunk eine wichtige Rolle in der Gesellschaft spielt, während dies nur auf 38 Prozent der Befragten zutrifft, die angeben, kein Interesse an Politik zu haben.
Die Altersgruppen 35 bis 65+ Jahre sind die häufigsten Nutzer der Online-Nachrichtenseiten regionaler/lokaler Tageszeitungen.
Gesunde Demokratie
Der Bericht von RUC konzentriert sich auch auf die Einstellung der Menschen im Land gegenüber personalisierten Nachrichten. Hier zeigen die Zahlen, dass etwas mehr als die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger (57 Prozent) die Befürchtung äußert, dass sie durch personalisierte Nachrichten herausfordernde Meinungen verpassen könnten. Am wenigsten besorgt ist die jüngste Altersgruppe (18 bis 24 Jahre) – hier sind 44 Prozent besorgt, wichtige Informationen zu verpassen.
Mads Brandstrup hält dies für ein gutes Zeichen. Es zeige, dass die dänischen Mediennutzenden „neugierig und kritisch gegenüber der Welt um sie herum sind und auch gegenüber digitalen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir Nachrichten erhalten“.
Sorge um Künstliche Intelligenz
Aus demokratischer Sicht zeigten diese Zahlen, dass die Menschen informiert sind und einen kritischen Blick auf Nachrichteninhalte haben. „Sie zeigen uns, dass die Däninnen und Dänen über Echokammern besorgt sind, wenn die Personalisierung von Nachrichten bedeutet, dass man andere Nachrichten verpasst. Auf diese Weise bringen sie zum Ausdruck, dass sie umfassend informiert sein wollen und auch Meinungen lesen, sehen oder hören wollen, die nicht mit ihren eigenen übereinstimmen, um ihr Weltbild zu hinterfragen“, sagt Mads Brandstrup.
Medien müssten der Personalisierung von Nachrichten mehr Aufmerksamkeit schenken, ist Brandstrup überzeugt. „Angesichts der rasanten digitalen Entwicklung, bei der Künstliche Intelligenz nun auch im Journalismus eine größere Rolle spielt, müssen die Medien auf Transparenz gegenüber ihren Nutzerinnen und Nutzern achten.“
Der ganze Bericht ist hier nachzulesen.