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„Jährlich wird ihrer gedacht: Weltromatag“
Jährlich wird ihrer gedacht: Weltromatag
Jährlich wird ihrer gedacht: Weltromatag
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Noch immer sind Roma Diskriminierungen ausgesetzt. In seiner Kolumne setzt sich Jan Diedrichsen diese Woche mit dem Schicksal dieser Volksgruppe auseinander und beleuchtet die Fakten.
Jedes Jahr am 8. April wird der Internationale Tag der Roma begangen. Auch dieses Jahr wurde in vielen Reden auf das Schicksal dieser Gruppe hingewiesen. Die Europäische Union lädt zu Konferenzen ein, Regierungsvertreter unterstreichen die Bedeutung der Menschenrechte und die Gefahren des Antiziganismus. Menschenrechtsorganisationen erinnern an die unhaltbaren Lebensbedingungen. Es beschleicht einen das Gefühl, dass es sich um ein „routinemäßiges Erinnern und Mahnen“ handelt.
Auch ich könnte den Artikel von vor einem Jahr hier ohne große Änderungen noch einmal veröffentlichen. Es hat sich kaum etwas geändert. Viele von uns plagt sicherlich weiter ein latentes schlechtes Gewissen, dass wir in Europa „Dritte-Welt-Inseln“ tolerieren, in denen verarmte und teilweise sogar hungernde Menschen leben, die massiv unter Diskriminierung und Gewalterfahrungen leiden. Aber es gibt aktuell so viele bedrohliche Entwicklungen. Viele Menschen in Europa empfinden selbst ein existenzielles Gefühl der Angst, was die Zukunft bringen mag. Da bleibt wenig Zeit für das Schicksal der Roma, mit geschätzten 10–12 Millionen Menschen die größte ethnische Minderheit in Europa.
Immer wieder wurde versucht, ihre Kultur zu unterdrücken, sie auszugrenzen, totzuschweigen oder zu vertreiben. Im 15. Jahrhundert wurden die Roma in Ungarn und Rumänien versklavt, 500 Jahre später wurden sie von Nazi-Deutschland gezielt ausgerottet. Schätzungen zufolge starben während des Holocaust über die Hälfte der Roma-Bevölkerung in Europa.
Die Diskriminierung der Sinti, Roma und Fahrenden ist in den europäischen Gesellschaften tief verwurzelt. Wir haben es versäumt, den Antiziganismus, eine spezifische Form des Rassismus, der sich gegen die Roma richtet, angemessen zu bekämpfen. Dadurch wurde die Ausgrenzung der Roma aus der Mehrheitsgesellschaft bis heute aufrechterhalten. Trotz Antidiskriminierungsgesetzen sind die Roma nach wie vor Vorurteilen, Hassverbrechen, Segregation in Schulen und eingeschränktem Zugang zu hochwertiger Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum ausgesetzt. Etwa 80 Prozent der Roma leben unterhalb der Armutsgrenze, viele von ihnen in abgelegenen Slums.
Ein Bericht aus dem Jahr 2022 zeigt die weitverbreitete Verletzung der Grundrechte der Roma in westeuropäischen Ländern auf – es ist ein Trugschluss zu glauben, dass sich das „Roma-Problem“ auf den Osten unseres Kontinentes beschränkt. Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) befragte fast 4.700 Angehörige der Gemeinschaft der Roma und Fahrenden in sechs westeuropäischen Ländern. Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) fühlte sich im vergangenen Jahr in mindestens einem Lebensbereich diskriminiert. Dies steht im Einklang mit dem in früheren Erhebungen festgestellten weitverbreiteten Antiziganismus, wonach sich fast die Hälfte der EU-Bürger (45 Prozent) unwohl fühlt, wenn Roma ihre Nachbarn sind. 44 Prozent wurden im vergangenen Jahr aus Hass belästigt, 7 Prozent wurden tätlich angegriffen, aber die Mehrheit hat weder die Belästigungen (93 Prozent) noch die tätlichen Angriffe (88 Prozent) gemeldet. In Schweden gab jeder fünfte Roma an, im vergangenen Monat mindestens einmal hungrig zu Bett gegangen zu sein.
Auch im Gesundheitsbereich sind die Ergebnisse alarmierend. Die Lebenserwartung in den untersuchten westeuropäischen Ländern liegt 10 Jahre unter der Gesamtbevölkerung. Etwa jeder Zehnte gab an, im vergangenen Jahr beim Zugang zur Gesundheitsversorgung direkt diskriminiert worden zu sein, obwohl die EU-Nichtdiskriminierungsvorschriften auch für die Gesundheitsversorgung gelten.
Roma-Kinder leiden häufig unter schulischer Segregation, und viele von ihnen werden in Roma-Schulen oder Klassen unterrichtet. Dies führt zu einem niedrigeren Bildungsniveau – nur 18 Prozent der Kinder erreichen eine höhere Schulbildung, während im EU-Durchschnitt 63 Prozent weder eine Schule besuchen noch eine Berufsausbildung absolvieren.
An Analysen des Desasters mangelt es nicht: Insgesamt sind die Roma in Europa aufgrund der weitverbreiteten und tief verwurzelten Diskriminierung mit einem schockierenden Ausmaß an Not und Marginalisierung konfrontiert. Ich befürchte jedoch, dass wir auch im kommenden Jahr auf diesen „europäischen Skandal“ blicken werden – ratlos, was wir außer Konferenzen, Pressemitteilungen und warmen Worten tun sollten.
Fakten:
Die Begriffe „Roma“, „Sinti“ und „Fahrende“ bezeichnen verschiedene Gruppen innerhalb der großen Minderheit der Sinti und Roma in Europa:
• Roma: Die Roma sind die größte Gruppe innerhalb der Sinti und Roma. Sie leben hauptsächlich in Ost- und Südosteuropa und haben ihre Wurzeln im Nordwesten Indiens. Der Begriff „Roma“ wird oft als Sammelbegriff für die gesamte Minderheit verwendet.
• Sinti: Die Sinti sind eine Teilgruppe, die seit dem 15. Jahrhundert vor allem in Deutschland und den angrenzenden Ländern lebt. Sie haben zum Teil eine eigene Kultur und einen eigenen Dialekt des Romanes entwickelt.
• Fahrende/Traveler: Fahrende ist eine Bezeichnung für Gruppen, die einen nomadischen oder halbnomadischen Lebensstil pflegen. Traveler gibt es in verschiedenen Ländern, z. B. in Irland und Großbritannien. Manchmal werden sie auch als Reisende bezeichnet.
Alle drei Gruppen – Roma, Sinti und Fahrende – haben eine gemeinsame Herkunft aus Indien und sprechen Varianten des Romanes. Im Laufe der Geschichte haben sie sich jedoch aufgrund unterschiedlicher Migrationswege und Lebensbedingungen in den jeweiligen Ländern kulturell und sprachlich differenziert. Die Selbstbezeichnungen „Roma“ und „Sinti“ wurden von den Minderheiten selbst eingeführt, um sich von der diskriminierenden Bezeichnung „Zigeuner“ abzugrenzen.